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Akute schizophrene Erkrankungen (Ersterkrankungen und Rezidive, die sich ambulant gut behandeln lassen – was tun?)

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Akute schizophrene Erkrankungen, Ersterkrankungen oder Rezidive, verlangen von uns dreierlei Massnahmen:

1.die Einleitung einer antipsychotisch-neuroleptischen Medikation.

2.die Entlastung am Arbeitsplatz und in der Familie durch Vermittlung einer Tagesstruktur für den Patienten.

3.Besprechung der fassbaren psychosozialen Konflikte in der Familie und der übrigen Umwelt.

Die psychiatrische Klinik vermag im allgemeinen diese Aufgaben zu erfüllen. Wird aber, aus welchen Gründen auch immer, von einer Hospitalisierung Abstand genommen, so haben ambulante Behandlungsmöglichkeiten diese Leistung zu erbringen. Bei akuten psychotischen Krisen sollte eine unter Umständen tägliche Sprechstunde die Funktion der Arztvisite im Krankenhaus übernehmen, um die Wahl und die Dosierung des Psychopharmakons vorzunehmen und kurzfristig sich ändernden Verhältnissen anzupassen. Bereits diese engmaschige Betreuung gewährleistet eine gewisse Entlastung des Milieus, bei welchem zudem durch geeignete Aufklärung Geduld und Verständnis für den langwierigen Verlauf geweckt werden kann. Die Toleranz der Angehörigen und die Tragbarkeit des erkrankten Patienten in seiner Umgebung können meistens dann entscheidend erhöht werden, wenn in einem ergotherapeutischen Atelier, einem Tageszentrum oder in einer Tagesklinik die Möglichkeit einer Betreuung für mindestens einige Stunden pro Tag eingerichtet wird. Eine schizophrene Erkrankung ist nicht selten auch Ausdruck eines schwelenden oder sich zuspitzenden Familienkonfliktes oder wird zumindest durch einen solchen verstärkt. Ein Familieninterview mit den am psychodynamischen Geschehen Beteiligten vermag manchmal in eindrücklicher Weise dem Krankheitsverlauf eine günstige Wendung zu geben. Gefördert durch familiendynamische Theorien der letzten Jahre, teils antipsychiatrischer Observanz, liegt die Schuldfrage oft in der Luft und lastet auf den Angehörigen, welche ihre pathogenen Verhaltensweisen etwa überfürsorglicher, versteckt-aggressiver oder manipulativer Art verstärken. Direkte Entlastung und Befreiung der Angehörigen von Schuldgefühlen, die dank der Autorität und des hohen Prestiges des konsultierten Arztes oder Therapeuten oft mit geringem, wenn auch zu wiederholendem Aufwand erreicht werden können, sind besonders geeignet, die Atmosphäre zu entspannen und für die Gesundung des Patienten den nötigen Freiraum zu schaffen. Die Einsicht in eigenes krankheitsbegünstigendes Verhalten kann, wegen der einsichtshemmenden Schuldgefühle und Kränkbarkeiten, in der Regel nur in kleinen Schritten, in einem mitunter langwierigen therapeutischen Prozess vermittelt werden. Die Themen einer solchen spezialisierten familientherapeutischen Intensivbehandlung lassen sich mit den Stichworten umreissen: Wahrhabenwollen der Krankheit, Familienprestige, Krankheit des Patienten als neurotisches Interesse seiner Angehörigen, und werden je nach Bereitschaft und Eignung der Betroffenen systematisch oder occasionistisch behandelt.

Psychiatrie in Bewegung

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