Читать книгу Marie und ihre Abenteuer - Marion Kinzig - Страница 7
ОглавлениеHASAPFOTE
Wenn oim was ans Herz gwachsa isch, no will mr 's net verliera.
Unser Haus, also des von meine Esslinger Großeltern, hot drei Schtockwerk.
Und deshalb wohna im Haus drei Parteia. Unta, im Hochparterr, do wohna mei Oma und mei Opa. Drüber, im erschta Schtock, do wohna mir. Und ganz oba, im Dachgschoß, do wohna zwoi sehr alte Leutla: d'Frau Kurz und ihr Mann. Die sin wirklich schtoialt, ebbes um die 90.
Mei Oma isch immer bissle ängschtlich: "Do könnt ja mol was passiera. Und wenn mr 's no net glei mitkriagt, no liega die zwoi Alte do oba und wer woiß wie lang." Wenn d'Oma so schwätzt, no graust 's mi immer bissle. Dabei sin die zwoi alte Leutla doch ganz rüschtig. I geh gern nauf zu denne zwoi. I kriag immer was zu trinka oder a Schtückle Kucha und no sitza mir zsamma. D'Frau Kurz verzählt no von de Vögel und de Bäum und von de Pflanza. Sie hot nämlich viele verschiedene Naturkundebücher, die se no aufschlägt, und mir deen gern zsamma die Bilder von de Vögel und de Pflanza agucka. Mit de Vögel kennt sich d'Frau Kurz am beschta aus, sie kennt elle Sorta. Sie verzählt immer was zu jeder Vogelart. Des isch ihr Hobby, hot se mir erklärt. Und von einige Vögel ko se sogar nachmacha, wie die pfeifa. Des isch voll goldig, I mog des. Ihr Mann, dr Herr Kurz, der sieht und hört nemme gut. Der sitzt halt immer dabei, in seim alta Sessel, und lächelt so nett vor sich no.
Meiner Oma isch des net so recht, wenn I do naufgeh. Weil mr ko doch net oifach so bei de Mieter sitza. Aber sie muss ja net immer elles mitkriaga. I klingel net, I klopf immer bei dr Familie Kurz. Des hört mr nämlich net bis ganz nunter zur Oma.
Unser Haus hot au an Hinterhof. Do sin zwoi Garaga und direkt neba dr oina Garage hot mei Oma ihren Gemüsegarta. Vor ihrem Gärtle hemmer a klitzekloine Rasafläche. Do sitza mir bei scheenem Wetter gern auf de Campingschtühl. In ihrem Gemüsegarta baut mei Oma die weltbeschte Tomata o. I derf beim Ernta helfa und a paar von de kloine Tomätla derf I glei aufveschpra. Und was die zwoi Garaga betrifft: Die oine isch für mein Opa und sei' scheena Opel Kadett. Die isch schmal und 's passt grad so sei' Autole nei. Daneba hot mei Vadder mit meim Opa a zwoite, neue Garage baut. Die isch doppelt so breit und 's hot ziemlich viel Diskussiona deswega geba. Weil nämlich mei Oma an Teil von ihrem Gemüsegarta hot dafür opfra müssa. Des verschteh I gut, dass ihr des net gfalla hot. Auf jeda Fall hot mei Vadder sei' große Garage kriagt. Er hot aber zusaga müssa, dass des Feuerholz, des vorher an dr Wand von meim Opa seiner Garage aufgschtapelt war, no bei ihm in dr Garage drenna glagert wird. Aus dem Grund isch des a voll luschtige Garage worda. Hinta, am Ende, isch des gschpaltene Holz in zwoi Reiha sauber aufgschichtet. Und zusätzlich hot die Garage so a Art Dachgschoß, weil rechts und links und hinta, also in ra U-Form, an zwoita Boda eizoga isch, wo au Holz drauf lagert und mr mit ma Leiterle naufklettra ko. Am Boda von dera Garage hot mei Vadder außerdem a Grube ausghoba und no wieder mit Bretter abdeckt. Die Grube, die hot er, damit er am Auto von unta rumwerkla ko. An de Auto rumbaschtla, des dut er nämlich gern. Er repariert au gega Tauschgschäftla d'Autos von seine Freund. Des Autorepariera hot er beim Bund glernt, hot mir mei Mama verzählt. Aber mei Papa macht des nur nebaher. Er isch Kaufmann, in so ma Sanitärhandel, hier in Esslinga.
In dera Garage von meim Papa, do isch aber net nur unser Feuerholz gschtapelt, sondern do schteht natürlich au unser Auto drin. An alter DKW, von meim Vadder schee hergrichtet. Und weil d'Garage so enorm breit isch, war sogar no Platz für ebbes ganz anders.
A paar Wocha vor Oschtern hot ihm oiner von seine Freund, als Gegaleischtung für a Bremsareparatur, zwoi Hasa abota. Mei Mutter hot do dazu bloß da Kopf gschüttelt. Aber mei Opa hot glei mitdoa und an Hasaschtall baschtelt. Mei Opa isch im Handwerklicha ganz und gar patent. In Nullkommanix isch der Hasaschtall dagschtanda. Und kurz drauf hatta mir zwoi goldige Häsla.
I han des famos gfunda und glei mein Vadder gfragt, ob mir die net au schpringa lassa könnta. Natürlich nur in dr Garage drenna.
"Do hosch recht Mädle, des wär gar net schlecht, no hen se bissle Auslauf."
"Und 's Auto mittladrin?", hot mei Mutter gfragt.
"Ha, des schtell I halt no auf'd Schtroß."
Mei Mutter hot do dazu bloß gmoint, dass mir elle mitnander bissle übergschnappt seia. "Oh Wolfgang, du bisch so an Kaschper! Do bausch erscht so a große Garage für ’s Auto und jetzt machsch an überdimensionala Hasaschtall draus."
Ganz orecht hot se ja net ghet, mei Mutter. Aber mei Vadder hot oifach glacht und I han denkt: I halt mi raus, weil mir gfällt der 'überdimensionale Hasaschtall'.
I han so a Freud ghet mit de Häsla. Dem oina sei' Fell war braun und dem andera seins war grau, mit weiße Pfötla. I han des so möga, mit denne zwoi zu schmusa und mit ihre Ohra zu schpiela. Des Braune isch richtig gern auf meim Schoß gsessa und I glaub, des hot sich sehr gfreut, wenn I mit seim Fell rumgwuschelt han. Sie hen oin großa Schtall zsamma ghet, weil Häsla kuschla gern mitnander. Mei Vadder hot gsagt, 's wära boide Männla, daher dät 's koi Gefahr von Fortpflanzung geba. Wieso Gefahr, han I denkt, so a paar weitere kloine Häsla wära doch schee.
Dass der Hasazoo freilich gar net zu meim Vergnüga gedacht war, des isch mir erscht am letzschda Samschtag klar worda.
Do bin I mittags von ra Freundin zrückkomma und wollt no gschwind in dr Garage nach meine Häsla gucka, bevor I nauf zum Essa geh. Aber mei Brauns, des I so besonders liebgwonna han, des war nemme do. I bin wie dr Teufel nauf zu meiner Mutter grannt und han ihr sofort verzählt, dass des beschtimmt abghaua isch oder klaut worda sei. Mei Mutter isch bissle blass worda. Und no hot se mi in da Arm gnomma.
"Mädle, jetzt musch mir gut zuhöra. Und I woiß, dass dir des net gfalla wird, was I dir jetzt verzähl. Des Häsle lebt leider nemme. Dr Papa hot 's zum Schlachta brocht. Weil des war dr Grund, warum er den Tausch überhaupt gmacht hot. Weil er zu Oschtern Hasabrata essa will."
I han 's zuerscht gar net glauba wolla. Aber an meiner Mutter ihrem Gsicht han I gseha, dass des koi Aprilscherz war. Und no han I gschria wie am Schpieß. I bin nunter zur Oma grannt, mei Mutter isch mir hinterher, und I han mi an dr Oma ihren Küchatisch gsetzt und heula müssa. I han gheult vor Schmerz und Wut und mein Vadder elles Mögliche ghoißa: koine scheene Wörter.
"I han mir 's scho denkt,", hot mei Oma zu meiner Mama gsagt, "Dass dr Wolfgang dem Mädle net glei offenbart hot, was er mit de Häsla vorhot, des hot net gutgeha könna." Sie hot sich neba mi gsetzt und versucht mi zu tröschta, aber I han gheult und gheult. Mei Mama hot sich au neba mi gsetzt und war ebafalls ratlos.
Ogfähr a halbe Schtund schpäter, I war in dr Zwischazeit scho ganz k.o. vom viela Heula, isch mei Vadder zrückkomma. Er hot des Häsle wieder mitbrocht. Sauber verpackt in Zeitungspapier. Als Hasabrata. Mei Opa hot ihn abpasst und glei reigrufa. Er hot mi a bissle schuldbewusst aguckt und sich dazugsetzt. Do simmer no gsessa. Elle mitnander. Wie an Schluck Wasser in dr Kurv, an dr Oma ihrem Küchatisch. An langa Moment war Schtille. Und schließlich hot mei Vadder aus seiner Tasch no a weiteres Zeitungspapier zoga, a ganz verknuddeltes. "Des isch für di", hot er gsagt. Und no hot er mir die, mit trockenem Blut versaute, Papierrolle über da Tisch greicht. I han mi zwar geekelt, aber neugierig war I scho. Und deswega han I des Papier aufgrollt. Schockschwerenot: Do war die Pfote vom meim brauna Häsle drin. Mei Mutter hot da Kopf gschüttelt und gsagt: "Noi! Liebe Güte, Wolfgang, was isch denn des Furchtbares?"
Aber I han denkt: Des war amol mei liebes Häsle, des Pfötle. Und no han I wieder weina müssa. Am Ende vom Ellabogaglenk war des Pfötle ganz zsammagschnurzelt. Abgsengt, wie mir mei Mutter schpäter erklärt hot. Ja, des war elles, was von meim Häsle für mi übrigblieba war. Denn dass I von dem Floisch nix essa wollt, des war sonnaklar.
"Mit dir red I nemme", han I zu meim Vadder gsagt und bin mit meim Hasapfötle in mei Zimmer naufganga. Mei Mutter isch kurz drauf nachkomma und hot mi nomol druckt und mir verschprocha, dass dem zwoita Häsle nix passiert.
Zu Oschtern hot 's den Brata geba. Mi hot 's graust und I han natürlich koin Bissa von dem Hasafloisch gessa. I bin immer no beleidigt mit meim Vadder. Und I werd au net so schnell wieder mit ihm schwätza. Des han I mir fescht vorgnomma. I han ghört, wie ihn mei Mutter gschumpfa hot, dass er doch die Versöhnung sucha soll.
I wart 's oifach ab. I han Zeit. Dr Winnetou isch au immer schtandhaft, wenn 's do was zum Händla gibt, mit denne 'Weiße'.
Des Pfötle han I am a Schnürle über mei Bett ghängt. Mei Oma hot gsagt, ihr dät 's do eiskalt da Rücka nunterlaufa. Aber I lieb des Pfötle und I werd 's net hergeba. Niemals!