Читать книгу Soziale Arbeit in der Suchthilfe - Marion Laging - Страница 27
2.4.2 Lebensbewältigung
ОглавлениеAuch in der von Lothar Böhnisch entwickelten sozialpädagogischen Theorie der Lebensbewältigung wird Suchtentwicklung in den Kontext des Bewältigungsverhaltens gestellt, aber mit dem deutlichen Unterschied, dass Böhnisch das Konstrukt »Bewältigungsverhalten« anders ausdeutet als im Kontext der Entwicklungspsychologie und der Lebensweltorientierung, wie oben beschrieben. Böhnisch betrachtet Bewältigungsverhalten innerhalb von drei Dimensionen:
1. die psychodynamische Dimension, die das Erleben und die Verarbeitungsprozesse des Individuums beschreibt,
2. die sozio-dynamische/interaktive Dimension, die Bewältigungskulturen von Familien, Schule, Arbeitswelt etc. aufgreift, und
3. die gesellschaftliche Dimension, in denen Bewältigung in den Kontext der sozialpolitischen Lebenslagen gestellt wird (Böhnisch 2016: 11f).
Das Bewältigungsverhalten des Individuums setzt nach Lothar Böhnisch in kritischen Lebenskonstellationen ein, wenn die bisherigen eigenen Ressourcen der Problemlösung nicht ausreichen oder versagen und damit die psycho-soziale Handlungsfähigkeit des Menschen bedroht oder beeinträchtigt ist (Böhnisch 2016: 20). Eine Beeinträchtigung oder gar ein Zusammenbruch der psycho-sozialen Handlungsfähigkeit wird von Menschen als eine existenziell wirksame Beeinträchtigung erlebt, auf die – auch unwillkürlich – reagiert wird. Selbstwert, Anerkennung und Selbstwirksamkeit sind betroffen und müssen – um jeden Preis – wiederhergestellt werden. Wenn dies nicht mit einem sozial konformen Verhalten erreichbar ist, dann werden auch abweichende Verhaltensformen entwickelt. Antisoziales, destruktives Verhalten ist dementsprechend Bewältigungsverhalten – eine Antwort auf die Hilflosigkeit des Selbst, letztendlich ein Hilferuf. Wird Hilflosigkeit nicht direkt bearbeitet, z. B. durch Thematisierung, kommt es zu Abspaltungsprozessen und Kompensation (Böhnisch 2016: 21).