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I. Verhältniß der Schrift über das Greisenalter zu den übrigen philosophischen Schriften Cicero's. – Dialogische Form. – Ort und Zeit. – Zweck
Оглавление1. Cicero's Abhandlung über das Greisenalter und die über die Freundschaft, die drei Bücher von den Pflichten, die zwei Bücher von dem Ruhme, von denen nur wenige Bruchstücke übrig geblieben sind, und die sechs Paradoxa sind, wie wir in der Einleitung zu den drei Büchern von dem Wesen der Götter (S. 4) gesehen haben, als Ergänzungswerke seiner moralischen Schriften zu betrachten.
2. Wie in fast allen seinen philosophischen Schriften, hat Cicero auch in der Abhandlung über das Greisenalter und in der über die Freundschaft die dialogische Form der Rede angewendet. Wir unterscheiden zwei Arten der dialogischen Komposition, nämlich die Sokratische, welche in Fragen und Antworten besteht, wie sie am Schönsten in den Platonischen Schriften entwickelt ist, und die Aristotelische, welche darin besteht, daß zuerst Einer der Anwesenden einen zusammenhängenden Vortrag über eine aufgeworfene Frage hält, sodann ein Anderer dagegen auftritt und gleichfalls einen zusammenhängenden Vortrag hält, indem er entweder bloß die Gegengründe anführt, oder zugleich auch seine Ansichten über denselben Gegenstand entwickelt 2. Dieser Aristotelischen Methode hat sich Cicero in fast allen philosophischen Schriften bedient, und auch in den beiden genannten Abhandlungen findet sie sich im Allgemeinen; doch bewegt sich in ihnen der Dialog freier und ahmt mehr die vertrauliche Unterhaltungsweise nach, wie sie sich in den Unterredungen fein gebildeter Männer zeigt.
3. Der Ort, wo Cicero das Gespräch über das Greisenalter halten läßt, ist das Haus des Cato (1, 3) und die Zeit, in die er das Gespräch setzt, ist das Jahr vor Cato's Tode (Lälius 3, 11 a. E.), 150 v. Chr., wo Titus Quinctius Flamininus und Acilius Balbus Consuln waren (5, 14). Cato stand damals im vierundachzigsten Jahre (10, 32). Die Zeit der Abfassung des Gespräches liegt zwischen der Herausgabe der drei Bücher von dem Wesen der Götter und der Herausgabe der zwei Bücher von der Weissagung 3. Es ist also das Jahr 44 v. Chr., und zwar nach Cäsar's Ermordung (15. März 44), und das dreiundsechzigste Lebensjahr Cicero's.
4. Cicero hat seine Abhandlung über das Greisenalter seinem innigsten Freunde Titus Pomponius Atticus, der drei Jahre älter war, gewidmet und wollte durch dieselbe die diesem und ihm gemeinsame Last des schon drückenden oder wenigstens herannahenden Alters seinem Freunde und sich selbst erleichtern (1, 2), zugleich aber auch Andere belehren, welchen Weg sie im Leben einzuschlagen hätten, um sich eines glücklichen und zufriedenen Alters theilhaftig zu machen.
5. Daß Cicero mit Lust und Liebe diese Abhandlung ausgearbeitet habe, bezeugt jede Seite derselben, und er selbst erklärt (1, 2), die Abfassung dieser Schrift sei ihm so angenehm gewesen, daß sie ihm nicht nur alle Beschwerlichkeiten des Alters abgestreift, sondern das Alter sogar milde und angenehm gemacht habe.