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Freitag, 16:44

Den halben Tag musste Marie tatenlos in dem heruntergekommenen Wohnwagen, eines von Yusufs Verstecken, ausharren. Vergeblich versuchte sie, die finsteren Gedanken aus ihrem Kopf zu bekommen. Sie hatte keine Ahnung davon, was Yusuf nachdem, was sie sich geleistet hatte, mit ihr anstellen würde. In diesem Moment betrat Yusuf den Wohnwagen und kam auf sie zu. Marie zuckte zusammen.

“Wovor hast Du Angst? Du wusstest worauf du dich eingelassen hast, als Du an jenem Tag mit mir kamst und dein altes Leben hinter dir gelassen hast. Ich versprach dir, dass du nie so weit gehen musst wie die anderen Mädchen. Und ich habe mein Versprechen nie gebrochen. Du bist so etwas wie eine Tochter für mich, Marie. Also wovor hast Du Angst?“ Yusuf erwartete keine Antwort auf seine Frage. Marie saß vor ihm auf dem schmalen Bett und fröstelte. Yusuf hatte sich auf einem Klappstuhl gesetzt, Maries Beine zwischen seinen Knien eingeklemmt. Vor der Tür stand Burak und sorgte dafür, dass sie ungestört blieben. “Irgendetwas muss dich erschreckt haben, dass du mir offensichtlich nicht mehr traust.“ Marie sah Yusuf an. Er war einen Kopf größer als sie, deshalb musste sie zu ihm aufblicken. In seinem Blick erkannte sie eine Mischung aus Enttäuschung und väterlicher Strenge.

Seine Stimme war zu einem vertraulichen Flüstern geworden. “Du muss mir glauben, dass ich dir das nie antun werde. Du musst es vergessen. Es ist nie passiert.“ Er unterstrich den letzten Satz mit einer entsprechenden Bewegung Handbewegung. Marie wollte etwas erwidern, aber Yusuf legte seinen Finger auf ihre Lippen. “Pscht!“

Für ihn war damit das Thema beendet. Und er erwartete von Marie, dass sie nie wieder darüber sprach. Marie wusste nicht genau, was er dann mit ihr anstellen würde. Sie hatte ihn nie gewalttätig erlebt. Bis auf das eine Mal. Von dem sie sich immer noch einzureden versuchte, dass sie es sich nur eingebildet hatte. Sie konnte, sie wollte sich einfach nicht vorstellen, dass dieser Mann, der in der Zeit in der sie sich jetzt kannten, wie eine Vaterfigur für sie geworden war, zu so etwas in der Lage war.

“Heute Abend brauche ich dich für einen Escort Auftrag.”

Marie war so in Gedanken, dass sie eine lange Sekunde brauchte um zu begreifen, dass Yusuf etwas zu ihr gesagt hatte. Doch sie vermied es nachzufragen. Yusuf sah sie wohlwollend an und hatte ihre Unaufmerksamkeit gar nicht bemerkt.

„Tamara wird dich begleiten. Zuerst Abendessen und dann noch gemütliches Beisammensein.“ Yusuf musste lachen. „Halt was die Herren sich darunter vorstellen.“

Marie erschrak.

Doch Yusuf beruhigte sie augenblicklich. „Du hast mein Wort. Du solltest mir wirklich wieder vertrauen. Ich beschütze dich schon, doch du solltest mir wirklich wieder vertrauen.“ Echte Enttäuschung, dass sie überhaupt an ihm gezweifelt hatte, aber auch eine unmissverständliche Warnung klang in seinen Worten mit.

Er stand auf und wandte sich der Tür des Wohnwagens zu. „Du bleibst bis heute Abend hier. Doch für den Auftrag heute Abend brauchst du eine andere Frisur und ein anderes Outfit. Burak besorgt das Kleid. Und Emma wird sich um deine Frisur kümmern.“

Yusuf öffnete die Tür und verließ den Wohnwagen. Marie atmete tief ein und aus. Erleichterung durchströmte sie. Vielleicht wurde alles gut. Aber was war mit Titus?

„Na mein Täubchen.“ Marie blieb keine Zeit weiter über Titus nachzudenken, denn in diesem Moment schob sich eine, so kam es Marie zumindest vor, uralte Frau ins Innere des Wohnwagens. Sie trug alte, zerschlissene Kleidung und roch, als ob sie sich schon tage… vielleicht sogar wochenlang nicht mehr gewaschen hatte. Marie rümpfte angeekelt die Nase und starrte die Alte verwundert an.

„Yusuf meint ich soll dir ne neue Frisur verpassen. Wat feierliches! Dann wolln wer mal sehn!“

Die Alte trat so dicht an Marie, dass die mit ihrem Gesicht beinahe den vor Dreck starrenden Pullover der Alten berührte. Diese griff mit ihren Fingern in Maries Haare und wuschelte darin herum. Marie zog widerwillig ihren Kopf zurück. „Die langen schneid ich ab und färb sie schwarz, mach dir ne schicke Kurzhaarfrisur. Ja, dat wird’s sein.“ Die Alte trat einen Schritt zurück und sah Marie direkt an. „Vertrau der alten Emma.“

Marie sah sie misstrauisch an, doch blieb ihr eine andere Wahl? Es schien ihr, als ob sie zu vielen Leuten einfach so vertrauen musste.

Das Mädchen im Regen

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