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a) Souveräne Gleichheit
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Grundlage des gegenwärtigen Völkerrechts ist die souveräne Gleichheit aller Staaten (Art. 2 Abs. 1 UN-Charta). Hieraus ergibt sich zunächst das Recht der Staaten, ihre inneren Angelegenheiten ohne Einmischung von außen zu gestalten und damit der Grundsatz der Nichteinmischung in die inneren Angelegenheiten. Die staatliche Souveränität wird heute jedoch durch international geltende Menschenrechte eingeschränkt. Insbesondere Menschenrechtsverletzungen sind keine innere Angelegenheit der Staaten mehr.
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Die staatliche Souveränität äußert sich auch in der Territorial- und Personalhoheit der Staaten, d.h. in dem Recht, Sachverhalte auf dem eigenen Territorium bzw. das Verhalten der eigenen Staatsangehörigen zu regeln. Unter bestimmten Umständen dürfen die Staaten auch Hoheitsakte erlassen, die über die Territorial- und Personalhoheit hinausgehen (extraterritoriale Wirkung). So ist z.B. im internationalen Kartellrecht anerkannt, dass Kartellbehörden wettbewerbswidriges Verhalten ausländischer Unternehmen im Ausland überprüfen dürfen, wenn sich das Verhalten auf den Wettbewerb auf dem inländischen Markt bzw. im Fall der EU auf dem europäischen Binnenmarkt auswirkt.[1]
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Aus der souveränen Gleichheit der Staaten folgt auch der Grundsatz der Staatenimmunität.[2] Dazu zählt das Recht eines Staates, sich nicht der Gerichtsbarkeit eines anderen Staates unterordnen zu müssen, d.h. ein Staat kann nicht gegen seinen Willen vor fremden Gerichten verklagt werden oder Vollstreckungsmaßnahmen hinnehmen zu müssen (par in parem non habet jurisdictionem). Nach gegenwärtigen Völkergewohnheitsrecht gilt die Immunität im Erkenntnisverfahren jedoch nur für hoheitliche Akte (acta iure imperii). Handelt der Staat wirtschaftlich (acta iure gestiones), z.B. bei der Beschaffung von Gütern und Leistungen, kann er sich nicht auf seine Immunität berufen. Im Vollstreckungsverfahren werden solche Vermögensgegenstände von der Staatenimmunität erfasst, die hoheitlichen Zwecken, insbesondere dem diplomatischen Verkehr und den Außenbeziehungen dienen (wie z.B. Botschaften).
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In wirtschaftlicher Hinsicht drückt sich die staatliche Souveränität vor allem in der wirtschaftlichen Souveränität aus. Dieser Grundsatz und weitere Prinzipien wurden in der Charta der wirtschaftlichen Rechte und Pflichten der Staaten vom 12.12.1974 von der UN-Generalversammlung ausformuliert. Die wirtschaftliche Souveränität umfasst das Recht, das nationale Wirtschaftssystem frei zu bestimmen. Das allgemeine Völkerrecht enthält keine Vorgaben darüber, ob eine Wirtschaft markt- oder planwirtschaftlichen Prinzipien folgen soll. Außerdem hat jeder Staat das souveräne Recht zur Ausbeutung der natürlichen Rohstoffe auf dem eigenen Territorium. Dazu gehört auch das Recht zur Enteignung und Verstaatlichung, das aber durch Entschädigungsverpflichtungen faktisch erheblich eingeschränkt wird.[3]