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Teil 1 GrundlagenIII. Theorie der internationalen Wirtschaftsbeziehungen › 1. Außenwirtschaftstheorie

1. Außenwirtschaftstheorie

Literatur:

Rose/Sauernheimer, Theorie der Außenwirtschaft, 14. Aufl., 2006; Krugman/Obstfeld/Melitz, Internationale Wirtschaft – Theorie und Politik der Außenwirtschaft, 11. Aufl., 2019; Dieckheuer, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 5. Aufl., 2001; Koch, Internationale Wirtschaftsbeziehungen, 3. Aufl., 2006.

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Die wirtschaftswissenschaftliche Theorie der internationalen Wirtschaftsbeziehungen (Außenwirtschaftstheorie) befasst sich zum einen mit dem internationalen Handel (Außenhandelstheorie und Theorie der Handelspolitik) und zum anderen mit den internationalen Finanzen (Währungs- und Wechselkurssysteme).[1] Die Außenhandelstheorie untersucht die Ursachen des internationalen Handels, Umfang, Richtung und Struktur der Handelsströme sowie die Auswirkungen des internationalen Handels auf eine Volkswirtschaft. Die Theorie der Handelspolitik fragt, welche wirtschaftlichen Auswirkungen die verschiedenen handelspolitischen Instrumente haben. Aus den jeweiligen empirischen Erkenntnissen leiten diese Theorien auch Werturteile über bestimmte politische Entscheidungen und Handlungsempfehlungen für die Politik ab. Die Theorie der Währungs- und Wechselkurssysteme untersucht die Voraussetzungen und Auswirkungen der verschiedenen Währungs- und Wechselkurspolitiken.

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Die beiden Hauptschwerpunkte der Außenwirtschaftstheorie (internationaler Handel und internationale Finanzen) lassen sich vereinfacht jeweils einem Teilgebiet des Wirtschaftsvölkerrechts zuordnen, nämlich dem Welthandelsrecht auf der einen Seite und dem internationalen Währungs- und Finanzrecht auf der anderen Seite. Aufgrund der Sachnähe der wirtschaftswissenschaftlichen Aussagen zu den jeweiligen Rechtsfragen werden diese Ansätze daher in den Kapiteln zu den genannten Teilgebieten vorgestellt. Dabei müssen sich die Darstellungen auf knappe und kurze Einführungen und Überblicke beschränken. Für eine weitergehende und vertiefte Befassung mit diesen Theorien sind die zitierten oder andere einschlägige volkswirtschaftliche Lehrbücher heranzuziehen.

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Bereits an dieser Stelle ist allerdings auf zwei allgemeine Probleme des Rückgriffs auf wirtschaftswissenschaftliche Theorien in der rechtlichen Analyse hinzuweisen: Erstens ist grundsätzlich sorgfältig zwischen der empirischen und der normativen Dimension wirtschaftswissenschaftlicher Theorien zu differenzieren. Eine wirtschaftswissenschaftliche Theorie kann einerseits Aussagen darüber treffen, wie der Umfang und die Struktur internationaler Handels- und Finanzströme zu erklären sind oder wie sich bestimmte wirtschaftspolitische Entscheidungen auf das Volkseinkommen auswirken. Aus den jeweiligen empirischen Analysen, die z.T. auf abstrakten und komplexen Modellen beruhen, werden andererseits auch normative Aussagen über bestimmte politische Entscheidungen getroffen, die jedoch vor dem Hintergrund der tatsächlichen politischen und ökonomischen Bedingungen zu beurteilen sind. Für die sinnvolle Nutzung wirtschaftswissenschaftlicher Theorien im Rahmen der Erörterung von Rechtsfragen muss zwischen einem empirisch belegbaren Befund und einer normativ zu hinterfragenden Politikempfehlung unterschieden werden.

Beispiel:

Die Theorie der Handelspolitik kann mathematisch nachweisen, dass ein Zoll ein weniger effizientes Instrument zum Schutz der einheimischen Industrie ist als die gezielte Subventionierung dieser Industrie. Daraus wird die normative Aussage abgeleitet, dass Zölle abzubauen sind. Tatsächlich stellen Zölle für viele Entwicklungsländer eine wesentliche Einnahmequelle des Staats dar, da die wirtschaftliche Basis für ein allgemeines Steuerwesen fehlt. Subventionen sind zudem Instrumente, die aus finanziellen Gründen von vielen Staaten nicht eingesetzt werden können.

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Zum zweiten ist zu beachten, dass die normativen Aussagen der Außenwirtschaftstheorie regelmäßig davon ausgehen, dass es für ein Land grundsätzlich sinnvoll und wünschenswert ist, die Menge der für den Konsum zur Verfügung stehenden Güter zu erhöhen. Diese Annahme beruht auf der Prämisse der klassischen Wohlfahrtsökonomie, nach der die Erhöhung der Konsummöglichkeiten, d.h. entweder die Reduzierung des Preises oder die Ausdehnung des Angebots, stets wohlfahrtssteigernd ist. Ökologische und soziale Konsequenzen bzw. deren normative Bewertungen werden aus dieser Annahme (zunächst) ausgenommen.

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Die sog. konservative Wohlfahrtsfunktion weist dagegen darauf hin, dass eine Gesellschaft Einkommenssteigerungen z.B. durch die Reduktion von Preisen, einen relativ geringen Wohlfahrtsgewinn beimessen kann, während sie Einkommensverlusten einen relativ hohen Wohlfahrtsverlust zuschreibt. Die Gesellschaft hat dann ein größeres Interesse an der Einkommensbewahrung für alle Gruppen als an der Einkommenssteigerung einiger weniger. Sie versucht deshalb, Einkommensverluste für einzelne gesellschaftliche Gruppen möglichst zu vermeiden. Um dies zu erreichen ist die Gesellschaft auch bereit, auf eine mögliche Erweiterung der Konsummöglichkeiten zu verzichten.

Beispiel:

Eine Maßnahme, die dazu führt, dass statt 5000 t importierte Äpfel jährlich 1000 t einheimische Äpfel auf dem Markt eines Lands zur Verfügung stehen, reduziert nach den Prämissen der klassischen Wohlfahrtsökonomie die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt. Nach der konservativen Wohlfahrtsfunktion würde es die gesamtgesellschaftliche Wohlfahrt dagegen steigern, wenn auf diese Weise die einheimischen Apfelbauern nicht vom Markt verdrängt und weiterhin ein Einkommen erzielen würden.

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