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ОглавлениеTeil 1 Grundlagen › III. Theorie der internationalen Wirtschaftsbeziehungen › 2. Internationale Politische Ökonomie
2. Internationale Politische Ökonomie
Literatur:
Bieling, Internationale Politische Ökonomie: Eine Einführung, 2. Aufl. 2011, Schirm, Internationale Politische Ökonomie, 3. Aufl., 2013; Scherrer, Internationale Politische Ökonomie als Systemkritik, in: Hellmann/Wolf/Zürn (Hrsg.), Die neuen Internationalen Beziehungen, 2003, 465.
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Die Internationale Politische Ökonomie (IPÖ) untersucht die Wechselwirkungen von Politik und Wirtschaft im internationalen Kontext. Dabei geht es einerseits um die Auswirkungen nationaler Politik auf die internationale Wirtschaft – insofern bestehen Berührungspunkte zur Theorie und politischen Ökonomie der Handelspolitik – und andererseits um die Auswirkungen internationaler Wirtschaftsstrukturen auf die nationale Politik. Die zentrale Frage der IPÖ lautet: „Wie beeinflussen sich das nationalstaatliche Gemeinwohlinteresse der Politik und das transnationale Eigennutzinteresse der Ökonomie“?[1] Mit dieser Frage wird zugleich der grundlegende Unterschied zwischen der am Gemeinwohlinteresse orientierten und hauptsächlich auf Ebene des Nationalstaats agierenden Politik und der an Gewinnmaximierung orientierten und oft global ausgerichteten Wirtschaft deutlich.
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Traditionellerweise werden in der IPÖ drei große Schulen unterschieden: Nationalismus bzw. Realismus, Liberalismus und Marxismus. Diese drei Schulen beruhen auf grundsätzlich unterschiedlichen Prämissen und Methoden und kommen insofern auch zu unterschiedlichen Antworten auf die zentrale Frage der IPÖ. In neueren Beiträgen verliert die Unterteilung in diese Schulen an Bedeutung. Stattdessen ist erkannt worden, dass jede Schule wichtige Beiträge liefern kann, dass aber auch jeder Ansatz Kritik ausgesetzt ist.
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Im Mittelpunkt der IPÖ steht die Analyse von Institutionen und Interessen, von Macht und Strukturen. Diese Betrachtungen können wichtige rechtstatsächliche Erkenntnisse über Bedeutung und Funktion wirtschaftsvölkerrechtlicher Regeln liefern. Dies gilt z.B. für folgende Untersuchungsgegenstände der IPÖ:
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– | Bedeutung einzelner Staaten bzw. Handelsblöcke für das internationale Handelssystem Das Welthandelssystem wird durch wenige Staaten bzw. Handelsblöcke geprägt. Während in der unmittelbaren Nachkriegszeit die politische und wirtschaftliche Hegemonie der USA dazu führte, dass das Welthandelssystem in weiten Teilen auf US-amerikanischen Vorstellungen beruhte, sind heute Kooperationen und Konflikte zwischen den großen Handelsblöcken USA, EU und Japan prägend. In den letzten Jahren ist die Bedeutung der sog. BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) erheblich gewachsen. Die Mehrheit der Entwicklungsländer kann dieser Vormachtstellung wenig entgegensetzen. Vor diesem Hintergrund kann gefragt werden, inwieweit der völkerrechtliche Grundsatz der Gleichheit der Staaten der Realität des internationalen Wirtschaftssystems entspricht. |
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– | Rolle der internationalen Finanzinstitutionen für die wirtschaftliche Entwicklung der Entwicklungsländer Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank sind für zahlreiche Entwicklungsländer nicht nur wichtige Finanzgeber, sondern beeinflussen durch ihre verschiedenen Programme und Politikempfehlungen auch die Wirtschaftspolitik in diesen Ländern.[2] Zwar bleiben die Länder gemäß dem Grundsatz der wirtschaftlichen Souveränität[3] aus völkerrechtlicher Sicht unabhängig bei der Gestaltung ihrer Politik. Durch den Einfluss der internationalen Finanzinstitutionen wird die tatsächliche Souveränität aber u.U. deutlicher und subtiler eingeschränkt als durch formelle völkerrechtliche Regelungen. Damit stellt sich die Frage, in welchem Umfang der Grundsatz der nationalen Souveränität in diesem Fällen noch als Erklärungsmuster der Realität geeignet ist. |
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– | Einfluss multinationaler Unternehmen auf nationale und internationale Politik Multinationale Unternehmen, die sich im Ausland niederlassen, üben einen erheblichen Einfluss auf die jeweiligen politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen aus. Darüber hinaus beeinflussen sie das internationale Handels- und Finanzsystem deutlich. Diese tatsächlichen Möglichkeiten multinationaler Unternehmen werden von ihrer völkerrechtlichen Stellung nicht hinreichend erfasst. Damit stellt sich die Frage, ob die Ablehnung der Völkerrechtssubjektivität internationaler Unternehmen noch angemessen ist. |
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Ebenfalls von besonderer Bedeutung für das Wirtschaftsvölkerrecht sind die jüngsten Ansätze der IPÖ, die sich mit den Herausforderungen und der Steuerung der Prozesse der Globalisierung befassen. Globalisierung wird als der wachsende Anteil grenzüberschreitender wirtschaftlicher Aktivitäten an der Gesamtwirtschaftstätigkeit verstanden. Entscheidende Ursachen für dieses Phänomen sind technologische Innovationen und gesunkene Transportkosten. Über den genauen Umfang und die Ursachen der Globalisierung besteht in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften keine Einigkeit. Unumstritten ist nur, dass die nationalstaatlichen Steuerungsmodelle und -instrumente angesichts der Verflechtung der Volkswirtschaften, der Mobilität von Produktion und Produktionsfaktoren zunehmend an die Grenzen ihrer Effektivität geraten.
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Insofern entsteht die Notwendigkeit, die internationalen Wirtschaftsbeziehungen auch auf internationaler Ebene zu steuern. Da auf globaler Ebene keine staatsähnlichen Gebilde entstehen, geschieht diese Steuerung in einem Netz aus unterschiedlichen Institutionen und mit Regeln unterschiedlicher Rechtsqualität, die auf verschiedenen Ebenen und in verschiedenen Kontexten das Verhalten der Akteure bestimmen. Dieses Phänomen kann als Global Economic Governance bezeichnet werden. Kurz wird Global Economic Governance als „multilaterale, regelgestützte Steuerung der Weltwirtschaft“[4] bezeichnet. Die Wahl des Begriffs governance zeigt dabei, dass es nicht um förmliches Regieren (government), sondern um das Steuern bestimmter Sachverhalte mit unterschiedlichen Methoden geht.
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Global Economic Governance betrifft nicht nur Staaten, sondern auch andere Akteure wie internationale Organisationen, nicht-staatliche Gruppen und internationale Zusammenschlüsse aller Art (z.B. die Gruppe der G8-Staaten). Die Regeln der Global Economic Governance sind teilweise formelle Rechtsregeln und teilweise unverbindliche Standards und Kodizes, die auch von den Akteuren selbst entwickelt werden.
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Vertreter der kritischen Internationalen Politischen Ökonomie[5] sehen den normativen Gehalt der Global Economic Governance als problematisch an, da damit unterstellt werde, dass die Globalisierungsprobleme allein durch neue Formen des Managements gelöst werden könnten. Globalisierung könne jedoch nicht als bloßes Steuerungsproblem begriffen werden. Vielmehr bestehe das Problem der Globalisierung auch darin, dass neoliberale Politikmodelle verfestigt werden und ungerechte Verteilungsstrukturen vertieft würden. Des Weiteren sei die demokratische Legitimation zahlreicher Institutionen der Global Economic Governance unzureichend.
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Die Lösung der durch die Globalisierung hervorgerufenen oder verschärften Probleme besteht nach Ansicht von kritischen Autoren nicht in der Entwicklung und Verbesserung neuer Steuerungsinstrumente, sondern vor allem in einer grundsätzlichen Neugestaltung der internationalen Wirtschaftsbeziehungen. Aufgabe einer kritischen Auseinandersetzung mit dem gegenwärtigen globalen Wirtschaftsmodell sei die Formulierung von Alternativen für eine demokratisch legimitierte, sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Gestaltung der Weltwirtschaft.
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Dieser kurze Abriss des neuen Untersuchungsfeldes Global Economic Governance macht zweierlei deutlich:
– | Erstens, die Fragen und Phänomene, die unter dem Stichwort „Global Economic Governance“ untersucht werden, berühren zentrale Aspekte des Wirtschaftsvölkerrechts. Insofern besteht ein enger theoretischer und praktischer Zusammenhang zwischen dem Wirtschaftsvölkerrecht und Global Economic Governance. |
– | Zweitens, die traditionellen Methoden und Instrumente des Wirtschaftsvölkerrechts erfassen allenfalls Teilaspekte der Global Economic Governance. Die rechtswissenschaftliche Durchdringung dieses neuen Phänomens steht noch am Anfang. |
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Die Überprüfung und ggf. notwendige Modifizierung traditioneller Verständnisse anhand neuer Realitäten ist jedoch dringend geboten, wenn die Rechtswissenschaft dem Anspruch gerecht werden soll, auf aktuelle Fragen adäquate Antworten zu suchen und für die Bewertung aktueller Sachverhalte angemessene Methoden bereit zu halten. Dieser Anspruch soll jedenfalls die Darstellung und Diskussion des Wirtschaftsvölkerrechts auf den kommenden Seiten leiten. Damit soll das geltende Wirtschaftsvölkerrecht zugleich in den Kontext der sozialen, wirtschaftlichen und politischen Realitäten der internationalen Wirtschaftsbeziehungen eingebettet werden.