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ОглавлениеTeil 2 Welthandelsrecht › II. Theorie des Außenhandels und der Handelspolitik › 1. Klassische Theorie der komparativen Kostenvorteile
1. Klassische Theorie der komparativen Kostenvorteile
„The theory by David Ricardo, who uses the example of England producing cloth and Portugal producing wine, (…) is the basis for the idea of the benefits of open trade. By producing goods and services in which it has a comparative advantage – and importing others – a country manages to create more value than it would otherwise do. In ideal conditions, trade allows countries to specialize in products that they produce best and import others, and everyone stands to gain. As a consequence, the economies of all countries grow”.
Pascal Lamy, ehem. WTO-Generaldirektor [1]
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Wie das Zitat aus einer Rede von WTO-Generaldirektor Pascal Lamy zeigt, liegen den herrschenden politischen Vorstellungen von den internationalen Handelsbeziehungen theoretische Überlegungen zu Grunde, die von David Ricardo Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelt wurden. Ricardo – ebenso wie vor ihm bereits Adam Smith – wandte sich gegen den in seiner Zeit vorherrschenden Merkantilismus, nach dem ein Land seinen Reichtum dadurch mehrt, dass es möglichst viele Güter exportiert und möglichst wenig Güter importiert.[2] Smith und Ricardo wiesen dagegen auf die wohlfahrtssteigernde Wirkung der internationalen Arbeitsteilung hin.
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Diese Wirkung ist besonders offensichtlich, wenn Produkte gehandelt werden, die in einem Land günstiger produziert werden können als in einem anderen Land. So können tropische Früchte z.B. günstiger in tropischen Ländern als in Ländern mit kälterem Klima produziert werden. Tropische Länder haben einen absoluten Kostenvorteil für die Produktion dieser Güter. Nach der Theorie der absoluten Kostenvorteile ist es sinnvoll, wenn sich Länder auf die Produktion solcher Güter spezialisieren, die sie – absolut gesehen – günstiger produzieren können als andere Länder.
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David Ricardo erweiterte diese Überlegungen zur Theorie der komparativen Kostenvorteile.[3] Danach ist für den Handel zwischen zwei Ländern nicht der Unterschied zwischen den absoluten Produktionskosten der Güter in den jeweiligen Ländern maßgeblich, sondern der Unterschied zwischen den relativen Produktionskosten der verschiedenen Güter innerhalb eines Landes. Kann ein Land ein bestimmtes Gut günstiger produzieren als ein anderes Gut, besitzt es für ersteres einen komparativen Kostenvorteil. Anders als bei der Theorie der absoluten Kostenvorteile werden also nicht die Produktionskosten in verschiedenen Ländern verglichen, sondern das Verhältnis der Produktionskosten verschiedener Güter in einem Land. Handel findet nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile zwischen Ländern mit unterschiedlichen komparativen Kostenvorteilen statt.
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Die Theorie geht davon aus, dass ein Land durch internationalen Handel die Menge der ihm zur Verfügung stehenden Güter gegenüber einer Situation, in der alle Güter im Inland produziert werden (Autarkie), erhöhen kann, wenn es sich auf die Produktion der Güter konzentriert, für die ein komparativer Kostenvorteil besteht, und andere Güter auf dem Weltmarkt eintauscht. Die Teilnahme am Handel erhöht so das Volkseinkommen. Nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile ist es auch dann für ein Land lohnend, am Handel teilzunehmen, wenn es für alle benötigten Produkte einen absoluten Kostenvorteil besitzt, d.h. alle Produkte absolut gesehen günstiger produziert als der potenzielle Handelspartner. Umgekehrt folgert die Theorie, dass auch ein Land, das im Vergleich zu anderen Ländern über keinen absoluten Kostenvorteil verfügt, sinnvoll am internationalen Handel teilnehmen kann.
Die Theorie der komparativen Kostenvorteile lässt sich in Anlehnung an Ricardo mit folgendem Beispiel erläutern: Es werden zwei Länder (England und Portugal), zwei Güter (Tuch und Wein) und ein variabler Produktionsfaktor (Arbeit) unterstellt. Folgende Produktionskosten bestehen für die Güter in den beiden Ländern: In Portugal werden für die Produktion von einer Einheit Wein 10 Arbeitseinheiten (AE) und für eine Einheit Tuch 20 AE benötigt. In England werden für eine Einheit Wein 30 AE und eine Einheit Tuch 40 AE benötigt. In Portugal kann also sowohl Wein als auch Tuch billiger herstellt werden als in England. Portugal besitzt für beide Produkte einen absoluten Kostenvorteil.
Drückt man die Kosten der jeweiligen Güter in Opportunitätskosten aus, d.h. in den Kosten, die erforderlich sind, um das jeweils andere Produkt herzustellen, lässt sich rechnerisch zeigen, dass in Portugal Tuch vergleichsweise teurer produziert wird als Wein, während England vergleichsweise mehr Tuch als Portugal produzieren kann. Portugal hat somit einen komparativen Kostenvorteil für Wein; England dagegen für Tuch. Spezialisieren sich beide Länder auf die Herstellung des Produktes, das sie relativ gesehen günstiger produzieren können und exportieren dieses, stehen ihnen insgesamt mehr Güter zur Verfügung, als wenn sie alle Güter allein herstellen würden.
Merke:
Nach der Theorie der komparativen Kostenvorteile erhöht die Teilnahme am internationalen Handel die in einem Land zur Verfügung stehende Gütermenge, wenn sich das Land auf die Produktion der Güter spezialisiert, für die ein komparativer Kostenvorteil besteht und diese exportiert.
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Als Politikempfehlung wird aus der Theorie der komparativen Kostenvorteile abgeleitet, dass sich die Länder auf Produkte mit komparativem Kostenvorteil spezialisieren sollen und dass sich alle Länder am internationalen Handel ohne Einschränkungen beteiligen sollen. Handelsschranken, insbesondere wenn sie inländische Produkte vor Produkten schützen, die günstiger importiert werden könnten, gelten als ineffizient. Insofern wird aus der Theorie der komparativen Kostenvorteile die Forderung nach Handelsliberalisierung, d.h. dem Abbau von Handelsschranken abgeleitet. Idealerweise sollten die Länder eine Politik des Freihandels, d.h. des Verzichts auf sämtliche Handelsschranken, verfolgen.
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Diese Politikempfehlungen gelten auch für ein Land, dessen Handelspartner an Handelsschranken festhalten. Der Abbau dieser Schranken führt nämlich in jedem Fall zu einer Erhöhung der Konsummöglichkeiten. Daher ist es für ein Land grundsätzlich sinnvoll, den Handel zu liberalisieren, unabhängig davon, wie sich die anderen Länder verhalten (unilaterale Handelsliberalisierung).