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KAULMANNS RECHERCHE

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Dr. Wilhelm Kaulmann pustet vorsichtig eine Fluse von seinem Jackett. Minutenlang schon wippt er nervös mit den Schuhspitzen herum und rudert unkoordiniert mit den Armen. »Dieser Lakin bringt uns Ärger, ich rieche das auf 100 Kilometern Entfernung«, nuschelt er leise vor sich hin. Er nimmt dabei kaum seinen Büroleiter Frank Blomberg wahr. Der hat soeben recht geräuschlos das Büro des Chefs betreten, um einige Unterschriften und weitere Anweisungen zu beschaffen.

»Bringen Sie doch mal in Erfahrung, ob Stadtrat von Lakin zu jenen Witzbolden gehört, die sich seit den 1990er Jahren mit Cross-Border-Leasing-Geschäften selbst das Fell über die Ohren gezogen haben. Checken Sie alles durch. Bad Schlirnaus Kanalisation, Klärwerk, Straßenbahnen, Betriebsbahnhof ... und so weiter. Prüfen Sie gegebenenfalls die Laufzeiten dieser Geschäfte – wenn es sie denn tatsächlich gibt – und klären Sie, ob sich ab 2004 etwas verändert hat. Damals hat der amerikanische Kongress derartige Deals ja als Scheinverträge eingestuft und gleichzeitig beschlossen, Transaktionen dieser Art steuerlich nicht mehr zu begünstigen.«

Kaulmann schnäuzt sich umständlich die Nase und prustet noch ein wenig, bevor er seinen Büroleiter weiter aufklärt. »Das war schon damals der Beginn einer Kette von Sachverhalten, die auch vielen Kommunen, welche sich an solchen Geschäften beteiligen, geradezu exorbitante Probleme bringen. Viele amerikanische Investoren wollen seither aus den Verträgen aussteigen – koste es, was es wolle. Und die Amerikaner sind nicht zimperlich, wenn sie sich erstmal etwas in den Kopf gesetzt haben. Das dürfte auch Ihnen als Politikwissenschaftler nicht entgangen sein, Blomberg. Oder?«

Der Angesprochene nickt Zustimmung signalisierend, obwohl er im Moment noch nicht ganz begriffen hat, was Kaulmann eigentlich meint. Er will sich später im Internet genauer kundig machen und konzentriert sich zunächst auf die Aufgaben, die ihm der Chef stellt.

»Listen Sie auch die Investitionssummen der Amerikaner und die Leasinggebühren auf, die Bad Schlirnau berappen musste oder möglicherweise noch immer zahlt«, führt Kaulmann weiter aus. Hektisch gestikuliert er dabei Kreise in die Luft, als könne er seinen Anweisungen damit drastisch Nachdruck verleihen.

Blomberg schreibt emsig mit. Schließlich will er nicht Fehler, sondern Karriere machen. Dafür ist er zu allem bereit, sogar zu permanent unbezahlten Überstunden. »Selbstverständlich, Dr. Kaulmann«, pariert er daher unverzüglich im Bewusstsein, als Büroleiter des Ministerpräsidenten einen unerhört wichtigen Job ausführen zu dürfen.

»Ach ja ..., Blomberg, stellen Sie auch fest, wohin die liquiden Mittel geflossen sind, falls de facto Unternehmensteile der Daseinsvorsorge in die USA verkauft wurden. Sämtliche Nachforschungen finden natürlich streng vertraulich statt – so, wie der gesamte Vorgang unter uns bleibt. Haben Sie das verstanden? Alles streng vertraulich!«

Blomberg bestätigt mit einem klaren und lauten »Jawohl, Herr Ministerpräsident!« und verschwindet dienstbeflissen und genau so lautlos durch die Tür, wie er zuvor hineingehuscht war.

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