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BLOMBERG DECKT AUF

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Seit Wochen schon arbeitet Blomberg auf Hochtouren in Sachen Stadtrat von Lakin. Konzentriert kämpft er sich durch beträchtliche Aktenberge. Dazu hat er sich in seinem modern ausgestatteten Büro tief vergraben. Nur die Nasenspitze des neugierigen und sehr ehrgeizigen Mitarbeiters des Ministerpräsidenten lugt noch zwischen dem Wust an aufgetürmten Unterlagen hervor. Als äußerst strebsamer Mitarbeiter im Regierungsstab sieht sich der junge Büroleiter bereits weit oben auf den Sprossen der Karriereleiter. Als hinge sein Leben davon ab, mit welchen Erfolgsmeldungen er in Kürze überraschen und von seinen brillanten Befähigungen überzeugen kann, wirft er sich knietief in die Angelegenheit der möglichen Machenschaften des Schlirnauer Stadtrats.

Raum und Zeit scheinen sich aufzulösen, während er emsig die Akten wälzt und akribischen Online-Recherchen seine gesamte Aufmerksamkeit schenkt.

»Aha!« und »so, so ...«, murmelt er, nur durch ein gelegentliches »Ist ja nicht zu fassen!« ergänzt. Selten legt er eine kleine Zwangspause ein. Dann benötigt sein Erstaunen darüber, wessen er gewahr zu werden scheint, einen Moment der Muße. Zum einen, um sich wieder zu sammeln und zu beruhigen. Zum anderen aber, um das ihm bisher verwehrte Gefühl des Erfolgs auszukosten. Nichts und niemand können ihn jetzt noch von seinem eigentlichen Ziel abhalten. Das nämlich gipfelt in dem Bedürfnis, sich als absolut unentbehrlich zu erweisen. Der Fall Lakin bietet ihm dazu die einmalige Chance, da ist sich Blomberg sicher. So tippt er fleißig die just gewonnen Erkenntnisse in die eigens erstellte Datei Lakin.doc hinein. Gut fühlt es sich an, diese berauschende Emotion der Anerkennung, die er in seiner Fantasie schon hautnah spürt und eine wohlige Gänsehaut hinterlässt. Bald wird ihm eine solche Anerkennung auch in der Realität zuteil werden. Selbstverliebt und genüsslich balanciert Blomberg auf seinem persönlichen Ego-Trip, und die Brisanz seiner Erkenntnisse wird ihm noch klarer. Die hat es in der Tat in sich. Davon kann sich gerne auch Dr. Wilhelm Kaulmann überzeugen. Beschwingt betritt der dynamische Ministerpräsident in diesem Moment das Büro und überhäuft Blomberg sogleich mit einer Flut an Fragen.

»Wie stehen die Aktien im Fall Lakin?« Ungeduldig und arhythmisch trommelt der Ministerpräsident mit den Fingerspitzen auf Blombergs Schreibtisch herum, als könne er das, was er sich an Antworten wünscht, erzwingen. Zusätzlich malträtiert er seinen Mitarbeiter mit einem stechend-fragenden Blick, der inhaltsleere Worte unverzüglich mit einer Entlassung quittieren würde.

»Ich stecke noch mitten in der Recherche, Herr Ministerpräsident. Bisher aber steht fest: Lakin hat für drei Jahrzehnte große Teile der Infrastruktur Bad Schlirnaus an einen amerikanischen Investor verkauft. Und zwar die Kanalisation, das Schienennetz und das städtische Wasserwerk.«

Barsch unterbricht Kaulmann Blombergs Aufzählung und stellt in scharfem Ton eine Zwischenfrage. »Hat das Schlitzohr denn nicht noch weitere Projekte verhökert? Immerhin ist Stadtrat von Lakin keiner, der sich mit Halbheiten zufrieden gibt.« Kaulmanns Blick fällt erwartungsvoll Richtung Blomberg.

»Doch, doch! Er hat auch die Grundschule und das Gymnasium an die Amerikaner verkauft und dann zurückgeleast«, antwortet dieser hastig und freut sich insgeheim, endlich derart in den Fokus des bewunderten Chefs zu rücken.

»Gut, das haben viele Kommunen so gehandhabt«, stellt Kaulmann ernüchternd und zugleich beschwichtigend fest.

Blomberg glaubt, einen bedauernden Unterton zu vernehmen, als der Chef ergänzt, dass dies allein ja auch noch nicht strafbar sei. Wie voreilig Kaulmanns Feststellung in Hinblick auf Lakins Machenschaften im Gesamten ist, beweisen die nächsten Minuten. Das, was der ansonsten so langweilige und fade Büroleiter an weiteren Erkenntnissen in diesem Fall von sich gibt, gereicht zum Stoff, aus dem viele Jahre Knast gewoben sind.

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