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09. Everybody Was Kung Fu Fighting (Carl Douglas)

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Es mochte gegen halb vier Uhr sein, als ihn dumpfe Geräusche unter seinem Fenster aufhorchen ließen. Als er nach draußen sah, bemerkte er eine Art Flutlicht, das die Wiese vor dem Haus erleuchtete. Er öffnete das Fenster und sah Dr. von Stackelmann, der in einem Kreis von Wächtern stand. Ein Wächter nach dem anderen trat aus dem Kreis zum Schulleiter, um zu kämpfen. Es sah wie Karate aus. Hartes, schnelles Karate, Vollkontakt. Offensichtlich hatte sich die Truppe zum Training getroffen und einer nach dem anderen wurden sie vom Boss verprügelt. Siegfried zweifelte daran, dass dieses Training ein Teil ihrer normalen Tätigkeit war. Eher vermutete er, dass von Stackelmann das Personal dafür zur Rechenschaft zog, dass sie gestern Abend solche Schwierigkeiten mit Stabheuschrecke gehabt hatten.

Von Stackelmann war leicht außer Atem. Seine Frisur war durcheinander geraten und sein Pullover war am Ärmel leicht eingerissen. Ansonsten hatte ihm keiner der Sicherheitsleute etwas anhaben können. Siegfried überlegte, was er als Wachmann getan hätte: Dem Chef eine auf die Zwölf geben, damit er merkte, wie stark man war, oder lieber Prügel einstecken, um sich nicht unbeliebt zu machen. Als der nächste Kampf begann, merkte er, dass er mit seinen Überlegungen wohl ziemlich daneben lag.

Von Stackelmanns Gegner war etwa doppelt so breit und sicher dreißig Pfund schwerer als der Schulleiter. Seine Schläge kamen schnell und wuchtig, dabei gut gezielt und ohne die Deckung zu vernachlässigen. Aber von Stackelmann schien bei diesem Kampf dem Gegner immer einen Schritt voraus zu sein. Er wich geschmeidig aus, duckte sich lieber als einen Schlag zu blocken, setzte jeden seiner eigenen Schläge mit einer kleinen Täuschung an. Stackelmann traf den Wächter nicht hart, aber er traf oft, ohne selbst getroffen zu werden. Sein Gegner verlor dadurch immer mehr die Balance und seine Deckung geriet zunehmend außer Form. Mit einem Tritt an die Kinnspitze brachte von Stackelmann seinen Gegner nach etwa einer Minute Kampfdauer zur Strecke.

Den nächsten drei Sicherheitsleuten ging es nicht besser. Als der letzte von ihnen ausgeknockt war, rieb sich der Schulleiter gedankenverloren die Knöchel der Finger. Er winkte dem Chefbutler, der seinem Boss einen wärmenden Mantel um die Schultern legte. „Drei Leute von einem Autodieb bewusstlos geschlagen, Jenkins. Was ist, wenn wir jemand anderen zu Besuch bekommen? Machen Sie die Truppe fit. Waldläufe, Kraftraum, Kampftraining, bis sie kotzen müssen.“ Dann bemerkte er Siegfried, der noch immer am offenen Fenster stand. „Hallo Siegfried. Schon auf den Beinen? Hast du Lust auf eine Stunde Nahkampftraining? Keine Angst, bei dir bin ich vorsichtig. Schließlich hast du ja einen gewissen Wert für mich.“ „OK. Ich komme runter“, rief Siegfried. Weil er nicht wusste, was er zum Nahkampftraining tragen sollte, schlüpfte er in seine normalen Klamotten. Hanes, Levis, Nike, das passte zum Galadiner und zur Karatestunde. Ihm war mulmig zumute. Schließlich hatte von Stackelmann eben ein Dutzend Leute K. O. geschlagen, die wie erfahrene Kämpfer aussahen. Was würde von ihm übrig bleiben, wenn von Stackelmann mit ihm fertig war? Alles was er hatte, war von Stackelmanns Wort, dass Siegfried „einen gewissen Wert“ hätte. Also nahm Siegfried seinen Mut zusammen und ging hinunter. Schließlich war er ja hier, um zu lernen. „Hast du schon mal gekämpft?“ wollte der Schulleiter wissen, als Siegfried vor ihm stand. „Tut mir Leid, aber von Karate habe ich keine Ahnung“, gab Siegfried zu. „Du hast meine Frage nicht beantwortet. Ich wollte wissen, ob du schon mal gekämpft hast“, wiederholte von Stackelmann. „Ich bin auf eine öffentliche Schule gegangen, Sir. Da muss man manchmal kämpfen.“ „Und hast du gewonnen?“ „Nein, Sir. Es war nur ein einziger Kampf und den habe ich verloren.“ Siegfried dachte erstmals seit seiner Entführung wieder an die Schlägerei mit Ron Bruckner.

Von Stackelmann hob erstaunt die Braue. „Na dann lass uns trotzdem mal anfangen“, meinte er, ohne weiter in Siegfrieds Schulabenteuer zu dringen.

Doktor von Stackelmann war ein wunderbarer Lehrer. Er zeigte Siegfried zunächst den korrekten Stand, dann zwei Techniken zum Abblocken von Schlägen. Als nächstes folgten zwei Techniken für den Fauststoß. Die Grundkenntnisse kombinierte er zur ersten Schong, einem Kampf gegen einen imaginären Gegner. Nach von Stackelmanns Anweisungen wechselten Fauststöße und Blocks in immer schnellerer Folge. Sein Lehrer bemerkte jede kleine Nachlässigkeit und korrigierte mit knappen Kommandos. Unablässig trieb er Siegfried an, wenn dem Jungen die Arme schwer zu werden drohten. Von Stackelmann war zugleich aufmunternd und unnachgiebig. Und er verzichtete darauf, seinen neuen Schüler lehrreich niederzuschlagen, wie man es aus schlechten Karatefilmen kennt. Nach wenigen Minuten war Siegfrieds T-Shirt durchgeschwitzt, die Levis hatten sich ebenfalls mit Schweiß vollgesaugt. Seine Schenkel brannten, als hätte er eine Stunde in der Hocke verbracht und die Arme fühlten sich an, als müsste er mit ihnen einen Plasmafernseher vor dem Körper halten. Nach einer gefühlten Ewigkeit beendete Doktor von Stackelmann die erste Lektion. „Das genügt vorerst. Wenn die Muskeln ermüden, dann kann man auch keine saubere Technik mehr lernen. Schließlich sollst du mit Nahkampf deinen Gegner verletzen und nicht dich selbst. Außerdem ist jetzt Frühstückszeit.“

Siegfried Der Roman

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