Читать книгу Abseits des Imperiums - Martin Cordemann - Страница 12
Von Mäusen und Menschinen
Оглавление„Hm“, beurteile Captain Lee die Situation.
„Ist das alles, was du dazu sagen möchtest?“ fragte Commander Pinogretto amüsiert. Sie war seine erste Offizierin, stand neben ihm und musterte die Szene.
„Hast du mehr zu bieten?“ fragte er zurück.
Die Frau sah sich um, dann zuckte sie mit den Schultern. „Nein, ich denke, ‚hm’ trifft die Sache ganz gut.“
Sie befanden sich im Wohnzimmer eines kleinen Bungalows auf Venedig, einem Planeten in der Rio de la Plata Provinz. Zu ihren Aufgaben in dieser Region des Imperiums gehörte es nicht nur, nahe gelegene Planetensysteme zu karthographieren, medizinische Hilfe zu leisten und bürokratische Aufgaben zu übernehmen, sondern auch die Polizeigewalt des Imperiums durchzusetzen. Vor ihnen, auf dem Teppich, lag eine Leiche und es erweckte ganz den Anschein, als hätte man die Person ermordet. Und damit fiel die Sache in ihren Aufgabenbereich.
„Sowas kommt so selten vor“, stöhnte der Captain.
„Dass Leute ermordet werden?“
„Das zum Glück auch.“ Die Verbrechensquote im Imperium war angenehm niedrig – aber eben nicht komplett verschwunden. „Dass wir uns um so was kümmern müssen.“
„Du meinst, Detektei spielen“, meinte sie schelmisch.
„Detektiv“, korrigierte er sie.
„Ganz sicher?“
„Ich hab mich auf dem Weg hierher informiert.“ Hieß: Er hatte sich alte Filme angesehen. Darüber, wie Detektive und Polizisten vorgingen, wenn sie sich mit einem Verbrechen beschäftigen mussten. Natürlich war vieles davon hinfällig, weil man mit einer Untersuchung des Raumes anhand der DNA-Spuren feststellen konnte, wer auch nur entfernt in die Nähe des Opfers gekommen war, aber hier schien das, erwartungsgemäß, natürlich ein wenig komplizierter zu sein.
„Wer ist unser Hauptverdächtiger?“
„Der Roboter!“
Weit komplizierter!
„Ist das überhaupt möglich?“
„Was? Dass es einen Roboter gibt?“
„Ja, das auch.“ Roboter hatten sich im Laufe der Zeit als nicht so erstrebenswert herausgestellt, wie man sich das in den frühen Science Fiction Tagen der Menschheit so vorgestellt hatte. Androiden, Roboter, die dem Menschen zum Verwechseln ähnlich sahen, hatten nach längerer Erprobung bewiesen, dass sie besonders für eine Sache gut waren: als Sexspielzeug! Denn Kriege wurden nicht von Soldaten geschlagen, sondern von Maschinen, und da extra Maschinen für zu bauen, die wie Soldaten aussahen, schien bei näherer Betrachtung ziemlich sinnlos zu sein. Ebenso als Arbeiter in gefährlichen Situationen oder als Spion bei außerirdischen Rassen. Die Form des Menschen war für viele Dinge hinderlich, aber man war optimistisch, schon bald neue Wege zu finden, wie Androiden dem Menschen dienlich sein und über ihr momentanes Potential hinauswachsen konnten, doch derzeit blieb den wenigen, exklusiven Androiden erstmal eine eher schlüpfrige Existenz beschieden – aber wenigstens vermied man es, ihnen Gefühle und die Möglichkeit zur Weiterentwicklung zu verleihen. Eine Reihe von Selbstmorden unter Androiden wollte man schlicht vermeiden.
Und auch im Bereich der Roboter, also Maschinen, die zwar die körperliche Gestalt von Menschen nachempfanden, aber durch ihre metallene Erscheinung eindeutig keine waren, hatte es nur wenig Nachfrage gegeben und so blieben die Roboter, die es gab, einer kleinen Zahl von Exzentrikern vorbehalten, wie zum Beispiel Hyronimus Maus, der gerade in diesem Moment das Zimmer betrat.
„Ich meinte, dass ein Roboter einen Menschen umbringen kann“, murmelte Lee, doch der eintretende Maus winkte direkt ab.
„Sowas dürfen Sie nicht sagen!“ widersprach er.
„Sie meinen, es ist völlig unmöglich?“
„Ich meine das Wort ‚Roboter’“, korrigierte der Mann.
„Bitte?“
„Das Wort ‚Roboter’ wird hier ungern gehört. Der Schöpfer dieses wunderbaren Gerätes hat von ihm gerne als ‚Mannschine’ gesprochen, eine menschliche Maschine.“
„Vielleicht können wir den dann mal fragen, ob er es für möglich hält, ob eine seiner Mannschinen einen Menschen umbringen könnte.“
„Ich fürchte, das wird schwierig sein.“
„Warum?“
„Weil er dort auf dem Fußboden liegt.“
Maus deutete auf die Leiche.
„Sie meinen…“
„Er war der Schöpfer dieser wundervollen Mannschine“, bestätigte der Mann, der einen geheimnisvollen Bademantel oder etwas ähnliches trug.
„Oh“, warf der Captain ein. „Ich schätze, das wird eine Befragung schwierig machen.“
„Ach, er war nie besonders hilfreich“, winkte Maus ab. „Außer seiner Schöpfung hat er nicht viel zustande gebracht. Obwohl er einen Plan gehabt hat, was er als nächstes tun wollte.“
„Und das wäre?“
„Eine Zeitmaschine bauen.“
„Um… seinen eigenen Tod zu verhindern?“
„Nein, dafür hätte er ja erstmal wissen müssen, dass er sterben würde.“ Maus verdrehte die Augen. „Nein, er wollte in die Vergangenheit reisen, weit, weit zurück in die Zeit der Erde und dort wollte er…“
„Die Vernichtung der Erde verhindern?“
„Ach, Blödsinn, er wollte die Person ausfindig machen, die seinerzeit den Begriff Roboter erfunden hat und wollte sie dazu zwingen, ihn durch Mannschine zu ersetzen. Damit wäre sein Begriff dann der Standardbegriff für derlei Metallmänner geworden.“
„Dafür wollte er eine Zeitmaschine erfinden?“ meinte der Commander fassungslos.
„Ein bisschen übers Ziel hinaus, oder?“ lachte Maus.
„Allerdings.“ Captain Lee sah sich um. Seine Leute hatten den Raum bereits mit Sensoren untersucht. Nur vier Menschen waren hier ein und aus gegangen, der Tote eingeschlossen. Bislang deutete alles auf die Mannschine hin, was aber auch damit zusammen hing, dass keiner der Menschen das Verbrechen zugeben wollte.
Der Tathergang war offenbar folgender: Es gab eine Waffe im Haus. Man hatte diese Waffe auf das Opfer gerichtet und abgedrückt. Zum Tatzeitpunkt war offenbar nur die Mannschine im Haus gewesen, aber das konnte ja durchaus gelogen sein. Worauf Lee hoffte, und wovon er wusste, dass es das nicht geben würde, weil es das in den Filmen auch nie gab, war ein Zeuge, der die Tat beobachtet hatte.
„Gibt es zufällig jemanden, der die Tat gesehen hat?“ fragte er trotzdem.
„Aber natürlich!“ rief Maus.
„Wer?“
„Die Mannschine.“
Und damit ihr Tatverdächtiger Nummer 1.
„Sie nicht?“
„Leider nein“, schüttelte der Mann den Kopf. „Ich meine, wenn ich es gewusst hätte, natürlich wär ich dann hier geblieben.“
„Um es zu verhindern?“
„Um es aufzunehmen.“
„Aufzunehmen?“
„Im Bild festzuhalten. Wann hat man schon mal die Gelegenheit zu so was? Oh, es wäre phantastisch gewesen. Also, außer für den armen Chun. Aber für uns andere, wäre das nicht großartig gewesen? Es hätte mir Preise einbringen können!“
„Was machen Sie noch mal?“
„Ich bin Holograph.“
Pinogretto kicherte.
„Holograph!“ zischte Lee.
„Ach so.“
„Ich mache Bilder. In zwei bis fünf Dimensionen“, lächelte er, „je nachdem. Mal bewegt, mal nicht, mal zweidimensional, mal holographisch, mal alles zusammen oder nichts davon. Sollten Sie nicht auf einer Hochzeit machen, da sind die Vermählten hinterher ganz böse mit Ihnen!“ riet er freudig.
„Sie haben also keine Bilder vom Tathergang gemacht?“
„Leider nicht“, seufzte Maus und sein Bedauern wirkte echt.
„Sie wissen also nicht, was hier passiert ist?“
„Ist das denn nicht offensichtlich?“ wollte der Künstler wissen.
„Jemand hat Ihren Bekannten ermordet.“
„Etwas hat meinen Bekannten ermordet!“
„Sie meinen…“
„Die Mannschine, ja, ach, eine wunderbare Erfindung – aber tollpatschig. Und gefährlich!“ setzte er mit erhobenem Zeigefinger nach. „Wir alle kennen die Geschichten.“
„Welche?“ kicherte Pinogretto, die noch immer mit dem Begriff Holograph haderte.
„Na die von der Maschine, die sich gegen ihren Schöpfer auflehnt.“
„Ach die“, nickte sie. „Ist das nicht ein Klassiker?“
„Es ist der Klassiker in diesem Bereich der veralteten Zukunftsliteratur“, stellte Maus klar. „Ein Mensch erschafft eine Maschine. Die Maschine ist intelligent. Sie entwickelt ein Bewusstsein. Sie tötet ihren Schöpfer.“ Er zuckte die Schultern. „Ehrlich gesagt wundert mich nur eins.“
„Und das wäre?“
„Dass es nicht schon viel früher geschehen ist!“
Nachdem Hyronimus Maus in den Garten entfleucht war, einen wehenden Bademantel hinter sich her flatternd, beschäftigten sich die beiden Offiziere wieder mit der Leiche.
„Er wurde also erschossen?“ begann die Commanderin.
„Richtig“, nickte ihr Kapitän und sah sich um. Auf einer Couch lag eine Waffe, die Tatwaffe, wie ihm seine Techniker versichert hatten. Irgendjemand – oder irgendetwas – hatte sie auf das Opfer gerichtet und abgedrückt. Es konnte der Roboter oder vielmehr die Mannschine gewesen sein, aber…
„Gibt es da nicht Regeln“, wiederholte Lee seinen Gedanken von vorher. „Regeln, die es einem Roboter oder wie auch immer man das nennen will, verbieten, einen Menschen umzubringen?“
„Die gibt es in den Büchern“, bestätigte Pinogretto, „aber es gibt zu wenige Roboter im Imperium und die, die es gibt, sind alle handgefertigt.“
„Soll heißen: Es gibt also keinerlei Regeln.“
„Ganz genau. Wenn jemand seinen Robbi zu einer wandelnden Mordmaschine machen möchte, dann kann er das tun. Ist natürlich nicht gern gesehen, aber da Roboter halt keiner Massenfertigung entspringen, gibt es keine einheitlichen Programme oder Parameter.“
„Das ist sehr ärgerlich.“
„Allerdings.“
„Und noch ärgerlicher ist, dass wir die einzige Person, die uns mehr über diese Mannschine sagen könnte, nicht dazu befragen können.“
„Glaubst du, es ist was dran?“
„Woran?“
„Dass sich die Maschine gegen ihren Schöpfer aufgelehnt hat?“
Der Captain zuckte die Schultern. „Möglich. Möglich ist aber auch, dass das Gewehr da auf der Couch gelegen hat, und dann ist ein Vögelchen hereingeflattert, hat sich auf den Abzug gesetzt und das Opfer stand zufällig gerade am falschen Platz.“
„Ja“, stimmte der Commander zu, „mit der Einschränkung, dass es hier keine Vögel gibt.“
„Sonst irgendwelche Haustiere?“
Pinogretto sah auf ihren Block.
„Nicht, soviel wir wissen.“
„Und so viel wissen wir ja leider nicht.“
Captain Lee seufzte.
„Und was jetzt?“
„Sehen wir uns den Verdächtigen an.“
Die Mannschine hörte auf den Namen „Menschi“. Sie war etwa so groß wie ein mittelgroßer Mensch, bestand komplett aus Metall und hatte ein gütig wirkendes Gesicht. Es war ein Metallgesicht, das nur in seinen Grundbestandteilen einem menschlichen Gesicht nachempfunden war, fast so, als wäre es eine grobe Zeichnung eines menschlichen Gesichts. Und doch konnte man alles Wesentliche erkennen. Auch die Körperhaltung der Maschine verriet etwas. Sie schien bedrückt zu sein…
„…obwohl ich gar keine Gefühle habe“, sagte sie und unter ihren Worten schien ein tiefempfundener Seufzer mitzuschwingen. „Ich habe mich nie darüber beklagt. Dass ich keine Gefühle habe. Und heute ist der Tag. An dem ich froh darüber sein darf.“ Sie hob ihren gesenkten Kopf und sah die beiden Offiziere an. „Sie sind sicher hier. Um mich zerstören zu lassen?“ Diesmal schien kein Bedauern mitzuschwingen, auch keine Angst, es war schlicht eine sachliche Frage.
„Bevor wir irgendwelche Entscheidungen treffen, möchten wir erst einmal erfahren, was eigentlich passiert ist.“
„Herr Chun ist gestorben“, antwortete die Mannschine.
„Und wie ist er gestorben?“
„Er wurde erschossen.“
„Von wem?“
„Das weiß ich nicht.“
Die beiden Offiziere sahen sich fragend an.
„Ich dachte, du hättest ihn erschossen“, meinte der Pinogretto dann.
„Nein“, widersprach der Metallmann.
„Wirklich nicht?“
„Nein.“
„Kannst du lügen?“
„Nein.“
„Also… du hast Herrn Chun nicht erschossen?“
„Ich habe ihn nicht erschossen.“
„Hast du das Gewehr, durch das er zu Tode gekommen ist, berührt oder den Abzug bedient, vielleicht ohne es zu wollen oder zu wissen, was du da tust?“
„Nein.“
„Du hast also nicht zum Tode des Opfers beigetragen?“
„Das habe ich nicht.“
„Aber… warst du zum Tatzeitpunkt anwesend?“
„Ich war da. Als es passierte.“
„Was hast du gesehen?“
„Es war so. Herr Chun kam aus dem Schlafzimmer.“
„Hat er hier gewohnt?“
„Nein. Er hatte Sex gehabt.“
Wieder sahen sich die beiden Menschen an.
„Mit wem?“
„Zu diesem Zeitpunkt?“
„Äh… für den Anfang ja.“
„Mit Lady Maus.“
„Lady Maus… Fionulla Maus, die Frau von Hyronimus Maus?“
„Ja“, bestätigte die Maschine nur.
„Er hatte also Sex mit der Frau des Hauses?“
„Ja. Zu diesem Zeitpunkt.“
„Und zu einem anderen Zeitpunkt?“
„Mit Lady Elladottir.“
„Der Nachbarin…“
„…und damit der dritten Person, die hier Zugang hatte.“
„Das ist richtig“, kam es sachlich von der Mannschine. „Man lebt hier. Ein wenig abgelegen. Und pflegt wenig Kontakt. Mit anderen.“
„Okay“, meinte der Captain, „also Herr Chun kam aus dem Schlafzimmer, wo er gerade Sex mit der Hausherrin gehabt hatte. Hat der Hausherr davon gewusst?“
„Nein.“
„Die Nachbarin?“
„Nein.“
„War eine dieser Personen anwesend, als die Tat passierte?“
„Ich habe niemanden gesehen.“
„Und danach?“
„Lady Elladottir kam wenig später. Weil sie etwas gehört hatte.“
„Und Lady Maus?“
„Lady Maus kam etwas später. Aus dem Schlafzimmer.“
„Haben die Schüsse sie denn nicht erschreckt?“
„Sie dachte wahrscheinlich. Ich hätte wieder einmal etwas fallen gelassen.“
„Was ist mit Herrn Maus?“
„Den habe ich nicht gesehen.“
Lee lächelte Pinogretto zu. „Das hier spart uns gerade eine Menge Verhöre.“
„Findest du?“
„Ja. So wie ich das verstehe, muss man so was den Leuten sonst immer in komplizierten Verhören mühsam aus der Nase ziehen.“
„Tut das nicht weh?“ fragte der Roboter.
„Das ist…“
„Nicht wörtlich gemeint“, unterbrach Menschi. „Ich wollte nur einen Scherz machen. Menschen denken. Wir Mannschinen verstehen Dinge nicht. Wenn sie mehrfache Bedeutungen haben. Oder Wortspiele sind.“
„Und du verstehst diese Dinge?“
„Ich wurde darauf programmiert.“
„Worauf wurdest du noch programmiert?“
„Zu dienen.“
„Und schließt das Mord mit ein?“
Die Mannschine schien darüber nachdenken zu müssen. Dann sagte sie: „Ich bin darauf programmiert. Befehle auszuführen. Wenn man mir etwas sagt. Tue ich es. Im Rahmen meiner Möglichkeiten. Der sehr beschränkt ist. Aus Sicherheitsgründen. Wenn man mir befiehlt. Jemandem weh zu tun. Oder ihn zu verletzen. Werde ich automatisch abgeschaltet. Und muss von Hand wieder eingeschaltet werden.“
„Warum?“
„Weil es nicht möglich ist. Immer abzuschätzen. Ob meine Tat. Menschen gefährlich werden kann. Wenn man mir befiehlt. Auf einen Knopf zu drücken. Kann ich das nicht tun. Denn ich weiß nicht. Ob dieser Knopf nicht vielleicht. Einen Mechanismus auslöst. Der einen Menschen. Töten könnte. Ich kann nur einfache Dinge tun. Im Haushalt.“
„Hm“, meinte der Captain nachdenklich. Da schien sich jemand Gedanken gemacht zu haben. „Das bedeutet, wenn dir jemand das Gewehr dort in die Hand gedrückt hätte, hättest du es nicht bedienen können?“
„Nein.“
„Auch, wenn du nur einen Knopf drücken müsstest?“
„Nein. Ich kann nur Dinge tun. Von denen ich weiß. Was sie tun. Dadurch kann ich Menschen keinen Schaden zufüge. Bewusst oder unbewusst.“
„Können wir das testen?“
„Natürlich.“
Ein Team von Technikern würde das später untersuchen. Doch das Ergebnis unterstützte genau das, was die Mannschine gesagt hatte. Durch die Tatsache, dass man versucht hatte, alle Fehlerquellen auszuschalten, die eine Gefahr für Menschen darstellen könnten, war sie in ihrer Handlungsfähigkeit sehr beschränkt.
„Also, zurück zum Tathergang. Herr Chun kam aus dem Schlafzimmer der Dame des Hauses.“
„Ja“, bestätigte der Roboter. „Er ging hinaus auf die Terrasse. Und sah sich den Sonnenaufgang an. Dann kam er wieder herein. Ich habe gesehen. Wie sich das Gewehr erhoben hat. Dann gab es zwei Schüsse ab. Das Gewehr fiel zu Boden. Ich lief zu Herrn Chun. Er war tot. Ich habe sofort die lokalen Behörden verständigt.“
Lee biss sich auf die Lippe. Das klang… er wusste nicht, wie das klang. Niemand konnte ihm sagen, ob die Mannschine die Wahrheit sagte oder ihm etwas vorlog. Vielleicht war sie auf Lügen programmiert? Auch das sollte das Team testen, nur um sicher zu gehen.
„Das Gewehr hob sich also?“
„Ja.“
„Von allein?“
„Das weiß ich nicht.“
„Hast du denn niemanden gesehen?“
„Nein. Ja. Bitte?“
„Hast du… jemanden gesehen?“
„Nein.“
„Du hast also niemanden gesehen?“
„Ich habe niemanden gesehen.“
„Das Gewehr hob sich… und schoss.“
„Ja.“
„Aber das hast du gesehen?“
„Ja.“
Ein Lächeln erschien auf dem Gesicht des Kapitäns. Menschi, die Mannschine, war ein Zeuge. Und er hatte etwas, das ihn von den meisten anderen Zeugen unterschied: Ein untrügliches Gedächtnis! Nicht nur ein photographisches, sondern ein holographisches!
„Wir würden das gerne sehen.“
Pinogretto verstand und ein Lächeln erschien auf ihrem Gesicht.
„Ja, genau. Wenn du also Zeuge dieses Mordes warst, dann würden wir gerne sehen, was du gesehen hast.“
„Das ist leider nicht möglich“, machte ihnen der Roboter ein Strich durch die Rechnung. „Um meine Speicher nicht zu überlasten. Bin ich nicht programmiert. Visuelle Aufzeichnungen zu machen.“
„Also alles, was du gesehen hast…“
„Wird in Daten umgerechnet. Ich kann Ihnen nur berichten. Was ich gesehen habe. Ich kann es Ihnen nicht zeigen.“
Soviel also zu dieser Idee!
Während sich das Team von Technikern daran machte, herauszufinden, ob die Mannschine sie belogen hatte und zu was sie in der Lage war und zu was nicht, sprachen die beiden Offiziere mit den beiden Frauen, mit denen der Verstorbene offenbar ein Verhältnis gehabt hatte. Sie begannen mit Fionulla Maus, der Frau des Hauses.
„Sie hatten eine Affäre mit dem Opfer?“ eröffnete Captain Lee wenig subtil.
„Woher wissen Sie davon?“ kam es überrascht zurück.
„Ihre Mannschine!“
„Oh“, sie nickte, „natürlich, es hätte mich überrascht, wenn er es nicht gewusst hätte. Vielleicht hätte Chun nicht immer nackt über die Terrasse stolzieren sollen, wenn er hier war. Aber ich glaube, es müsste Menschine heißen.“
„Bitte?“
„Menschine. Ich meine, Chun hätte immer von einer Menschine gesprochen. Eine menschliche Maschine… eine Maschine für den Menschen? Ja, das ergibt eigentlich mehr Sinn, denn so menschlich ist er ja nicht.“
„Und Chun hat ihn geschaffen?“
„Ja. Beeindruckend, nicht wahr? Er hat ihn meinem Mann geschenkt. Chun wollte schon immer eine mensch…ine bauen, aber als er das dann geschafft hatte, hat er nicht gewusst, was er damit machen sollte. Also hat er sie meinem Mann geschenkt.“
„Wie nett.“
„Nicht wahr?“ Frau Maus nickte nachdenklich. „Wobei es nicht viel mehr als ein Sprechautomat ist, viel tun kann er ja nicht.“
„Wir haben davon gehört.“
„Ja, ach, Chun hatte diese alten Geschichten gelesen und da stand irgendetwas von Asimorphischen Robotergesetzen drin und er dachte, das wäre vielleicht eine ganz gute Idee, aber dann hat er schnell gemerkt, dass das ein bisschen komplizierter ist, als er sich das vorgestellt hat.“
„Warum?“
„Weil es nicht damit getan ist, einer Menschine einzugeben, dass sie nichts tun darf, was Menschen verletzten kann. Denn wenn sie dieses Kommando hat, muss sie bei jedem Schritt überlegen, ob sie nicht vielleicht stolpern könnte und dabei etwas auslöst, das einen Menschen verletzt. Wenn sie gegen ein Regal stößt oder auf jemanden drauffällt oder so, und damit war die Menschine dann sofort eingefroren. Konnte nichts mehr tun. Nichts.“ Sie hob die Schultern. „Also musste Chun diese Befehle ein bisschen verfeinern. Sehr verfeinern, weil die Menschine nur Befehlen gehorchen, aber keine Gefahren abwägen kann. Sie weiß nur, A führt zu B führt zu C, aber darüber hinaus hat sie kein Verständnis für die Wirklichkeit.“ Frau Maus seufzte. „Chun hat mir stundenlang die Ohren davon vollgeredet, vor dem Sex, nach dem Sex, während des Sex, deswegen kenn ich mich so gut damit aus. Ich war kurz davor, unsere Beziehung zu beenden. Wegen des Geredes. Sowas kann Ihnen den ganzen Spaß am Sex nehmen, wenn der Partner die ganze Zeit über seine Menschine spricht – und ich meine damit nicht seinen Penis! Jedenfalls hat er schnell festgestellt, dass Menschi, so hat er sie immer genannt, so viele Restriktionen hatte, dass er eigentlich zu nichts zu gebrauchen war. Außer zum Rasenmähen und putzen, wenn keiner da war. Nichtmal Getränke konnte er servieren, weil da die Gefahr bestand, dass er stolperte und jemanden verletzte. Hat er aber trotzdem gemacht. Kostet uns jede Menge Gläser. Da das Ding also zu nichts zu gebrauchen war, außer zum Reden, hat er es dann meinem Mann geschenkt. Tja, reden kann Menschi… was glauben Sie, von wem er das hat?“
„Wo waren Sie zum Tatzeitpunkt?“
„Im Schlafzimmer“, kam es ohne zu zögern. „Ich war noch… beschäftigt. Es war mal wieder mehr Reden als Handeln, falls Sie verstehen und ich war ein wenig… unbefriedigt.“
„Ich nehme nicht an, dass es einen Zeugen dafür gibt?“
„Ich habe Chun immer vorgeschlagen, er soll einen intelligenten Dildo entwickeln – oder einen von diesen Sexandroiden. Aber leider, leider hat er nie auf mich gehört!“ Sie lächelte. „Was glauben Sie, wäre das nicht lustig, wenn es einen intelligenten Dildo gäbe, der mit mir mitfühlt und lernt und dadurch genau weiß, was ich brauche – und wenn der Ihnen jetzt bestätigen würde, wo ich zum Tatzeitpunkt war?“ Ihr Lächeln verlor den Glanz. „Obwohl, wenn ich mir das recht überlege… Nein, lieber kein sprechender Dildo. Wenn ich mich beim Sex vollquatschen lassen will, kann ich das auch von einem Mann besorgen lassen!“
„Wissen wir jetzt mehr?“ fragte Pinogretto amüsiert, als sie durch den Garten hinüber zum Nachbarhaus schlenderten.
„Nicht unbedingt“, musste der Captain zugeben.
„Gehen wir nicht davon aus, dass es die Mannsch- oder Menschine war?“
„Eigentlich schon.“
„Aber?“
„Die Mannschine sagt, dass sie es nicht war. Und obwohl sie eigentlich, da sie ja nur eine Maschine ist, kein Recht darauf hat, dass wir allen anderen Möglichkeiten nachgehen… sollten wir das trotzdem tun. Denn immerhin gibt es noch keinen handfesten Beweis dafür, dass es die Mannschine war.“
„Ach, du willst doch nur die Sonne genießen und mit Frauen mittleren Alters palavern, die für sexuelle Aktivitäten mit anderen Männern offen sind.“
„Du sagst das so, als wäre das was Schlechtes.“
Als sie den Garten der Nachbarin betraten, lag die gerade, nur mit einer Sonnenbrille bekleidet, auf einer Sonnenliege. Sie machte keine großen Anstalten, sich zu bedecken, als die beiden Offiziere durch Rufen auf sich aufmerksam machten.
„Immer hereinspaziert“, rief sie. „Ich nehme nicht an, dass es hier was gibt, das Sie nicht schon mal gesehen haben!“
Lee räusperte sich. Pinogretto grinste. Elladottir blieb liegen.
„Geht es um den Mord?“ fragte sie.
„Ja.“
„Diese scheiß Mannschine!“ zischte sie. „Ich hab denen immer gesagt, dass dieses Ding einmal Scheiße bauen würde.“
„Sie haben nicht zufällig gesehen, wie es passiert ist, oder?“ machte der Captain seiner dünnen Hoffnung Luft – und wurde enttäuscht.
„Nein.“ Die nackte Frau richtete sich ein wenig auf. „Ich hab nur den Knall gehört.“
„War er sehr laut?“
„Ja. Und er hatte ein Echo. Ich dachte erst, dieser trottelige Roboter hat mal wieder irgendwas umgestoßen. Wissen Sie, wie oft die neue Möbel bauen mussten? Diese Maschine ist eine Strafe von… na, wie hieß er noch?“
„Gottes?“
„Nee, der andere. Ach, egal“, sie winkte ab, „jedenfalls hat dieser grobe Klotz eine Menge Sachen kaputt gemacht. So sehr ich Chun auch mochte, aber das war ein echter Fehlgriff von ihm.“
„Wie sehr war das, wenn ich fragen darf?“
Elladottir verschränkte die Arme vor der Brust, oder versuchte es zumindest, mit zweifelhaftem Erfolg. „Sie wollen wissen, ob ich ein Verhältnis mit ihm hatte?“
„Nein.“
„Nein? Warum nicht?“ kam es fast enttäuscht zurück.
„Weil wir das schon wissen. Wir wollen nur wissen, ob Sie das bestätigen.“
„Na und wie ich das bestätige!“ fuhr sie hoch. „Aber woher… Fio weiß doch nichts davon, oder?“
„Das wissen wir nicht.“
„Aber wer…“ Dann traf sie die Erkenntnis. „Die blöde, nicht ihre bescheuerte Blechfresse halten könnende Drecksmaschine. Es war der Roboter, der Ihnen das gesagt hat, oder?“
„Ja.“
Die Unbekleidete fluchte.
„Wissen Sie, bei Menschen gibt es so ne und so ne, aber bei diesen Maschinen sind alle gleich. Plappern alles aus und behaupten hinterher, sie hätten nen Virus gehabt oder so was.“ Sie zuckte die Schultern, was für ein bisschen Bewegung am Oberkörper sorgte. „Mein Mann ist viel unterwegs, jetzt auch, ich hab das Recht, mich zu vergnügen. Wobei, Sie können es nicht wissen, aber Chun und Sex… Das ist n bisschen so, als würden Sie das Radio dabei laufen lassen. Das geht eigentlich, aber manchmal will er auch Antworten, und ganz ehrlich, der kann nicht wirklich erwarten, dass man ihm dabei auch noch zuhört, oder? Da ist Hyro schon angenehmer…“ Elladottir nahm ihre Sonnenbrille ab und musterte die beiden Offiziere. „Er hat Ihnen auch erzählt, dass ich mit dem auch eine Affäre habe, oder?“
„Nein… aber das haben Sie ja jetzt getan.“
„Scheiße.“
„Aber im Gegenzug wussten Sie sicher, dass Chun auch etwas mit Frau Maus hatte, oder?“
„Dieser miese… Man kann wirklich niemandem mehr trauen. Verschissener ungewaschener betrügerischer Arsch von einem Dreckskerl! Ganz ehrlich, in Sachen Beziehung, können Sie mir da irgendwas empfehlen?“
„Sprechende Dildos?“
Als sie auf das Grundstück der Mausens zurückkehrten, kam Herr Maus gerade von seinem Spaziergang oder was auch immer er gemacht haben mochte zurück. Sein Bademantel wehte im warmen Wind und offenbarte, dass er nichts darunter trug.
„Das scheint ein sehr offener Planet zu sein“, kommentierte Pinogretto.
„Möchtest du dich hier niederlassen?“
„Ich weiß nicht, ob ich so viele Liebhaber verkraften könnte.“
„Freudige Grüße“, krähte Maus und winkte, was seinen Bademantel nur noch mehr für fremde Blicke öffnete. „Waren Sie erfolgreich?“
„Ein bisschen“, log Lee, wobei er sich nicht ganz sicher war, ob er sich vielleicht nur vorlog, dass er log.
„Wie steht es um den Kampf Mensch gegen Mannschine?“
„Die Mannschine führt immer noch.“
„Ach, wie schade.“ Maus blieb stehen, während der Wind weiter sein grausiges Spiel mit ihren Augen trieb. „Wissen Sie, dieses wunderbare Gerät ist nicht zu viel nutze, muss ich leider sagen. Es ist eine wunderbare Idee, ein Sklave für den Haushalt, aber in seiner Umsetzung dann leider nur wenig gelungen. Es war ein Geschenk. Von Chun. Für mich.“ Er legte den Kopf schief. „Obwohl ich nicht sicher war, ob er sich damit vielleicht für etwas rächen wollte. Freund Mannschine kann nämlich nicht besonders viel. Aber wir haben ihn bei uns aufgenommen wie einen von uns. Also einen niedriger gestellten von uns. Wie einen Diener. Einen unbegabten Diener. Der sehr viel Hilfe brauchte. Und den man nicht mit vielen Aufgaben betrauen konnte.“ Maus zuckte die Axeln. „Er war eine Last für uns, mehr Last als Hilfe. Aber wir haben ihn behandelt wie den Sohn eines Dieners den wir nie hatten und mehr kann man da wohl nicht erwarten. Eine wundervolle Maschine, aber völlig wertlos. Allerdings, eine Sache kann man nicht von ihm sagen…“
„Dass er verschwiegen ist?“
Der halbnackte Mann lüpfte die Augenbrauen.
„Sie wissen davon?“
„Ja.“
„Wovon?“
Lee deutete über die Schulter in Richtung Nachbarin.
„Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie das für sich behalten könnten.“
„Wir werden es versuchen.“
„Vielen Dank. Sie müssen wissen, hier auf Venedig sind wir ein bisschen prüde, was solche Sache angeht. Und wir sind sehr, sehr eifersüchtig!“ Sprach’s und entschwand wehenden Bademantels ins Haus.
Pinogretto musterte ihren Captain.
„Was?“
„Versteh ich das richtig? Die haben alle Verhältnisse miteinander, aber keiner weiß was davon?“
„Es erweckt ganz den Anschein. Vielleicht ist die Mannschiene ja verschwiegener, als alle glauben.“
Die Dinge, die das Team von Technikern über Menschi die Menschine herausgefunden hatte, hielten sich in Grenzen. Es gab keinen physischen Beweis dafür, dass sie die Tat begangen hatte. Und sie blieb bei ihrer Aussage, dass sie „Zeuge“ der Tat gewesen sei.
„Stellt das Ding für andere eine Gefahr dar?“ wollte der Captain wissen.
„Das wissen wir nicht“, gestand der Techniker. „Es hat ein paar unserer Regale umgestoßen, also von dem Standpunkt…“
„Das Ding ist also tölpelhaft und ungeschickt. Sonst noch irgendwas?“
„Es hat jede Menge Notfallprotokolle. Eigentlich ruft es schon einen Arzt, wenn sich jemand nur in den Finger schneidet. Die Ärzte in der Umgebung haben sich auch schon darüber beschwert, wie sich herausgestellt hat.“
„Also ein übervorsichtiger Tölpel, der eigentlich zu nix nutze ist.“ Captain Lee seufzte. Es war nur eine Maschine und das Schlimmste, was er ihr antun konnte, war sie abzuschalten und auseinandernehmen zu lassen. Trotzdem blieb die Frage, ob sie eines Verbrechens fähig war. Ob sie, falls sie die Tat begangen hatte, es überhaupt als ein Verbrechen und falsch ansehen würde? „Kann das Ding lügen?“
„Wir haben diverse Tests gemacht“, sagte der Techniker, „es sieht nicht danach aus.“
„Sie sagt also die Wahrheit“, murmelte Lee. „Und es gibt keinen Beweis dafür, dass sie die Tat begangen hat oder dass von ihr irgendeine Gefahr ausgeht.“
„Was bedeutet das?“ fragte sein erster Offizier.
„Das, liebe Lydia, weiß ich leider auch nicht“, gestand er. „Ich muss mir überlegen, was ich mit ihr mache. Wenn wir sie ausschalten kommt das ja in gewisser Weise einem Todesurteil gleich. Und wenn ich die Maschine zum Tode verurteile, möchte ich vorher wirklich sicher sein, dass sie auch schuldig ist… und am besten auch ihre Schuld versteht.“
„Das klingt sehr philosophisch.“
„Das ist es auch.“
„Und was hast du jetzt vor?“
„Für den Fall, dass wir ihn wirklich ausschalten müssen, gönnen wir ihm ein paar letzte Stunden an dem einzigen Ort, den er kennt.“
„Ist das denn nicht gefährlich für die Mäuse und ihre Nachbarin?“
„Ich hoffe nicht.“
„Und wenn doch?“
„Wissen wir, dass die Mannschine schuldig ist!“
Die Freude auf beiden Seiten hielt sich in Grenzen, als die beiden Offiziere die Mannschine zurück an ihren alten Arbeitsplatz brachten.
„Ah“, sagte Hyronimus Maus nur und wandte sich wieder anderen Dingen zu.
„Oh“, sagte Fionulla Maus nur und wandte sich wieder ihren Fingernägeln zu.
„Ih?“ meinte Lady Elladottir unsicher, die nicht nur bislang einen Vornamen schuldig geblieben, sondern auch Gast im Hause Maus war und nicht ganz sicher zu sein schien, wie ihre Reaktion in dieser Situation ausfallen sollte.
„Warum nicht?“ nickte der Captain. „Wir wollten… sehen, wie sich Ihre Mannschine in ihrer natürlichen Umgebung so gibt“, erklärte er, nicht ganz sicher, ob das wirklich das war, was sie sehen wollten.
„Dieser wundervolle Trottel wird eh nur irgendwas kaputt machen“, seufzte Herr Maus.
„Vielleicht kann er sich ja mal nützlich machen?“ schlug Lady Maus vor.
„Er könnte die scheiß Getränke bringen“, warf Lady Elladottir in die Runde.
„Mixen kann er sie ja nicht“, kam es von Maus.
„Weil er uns ja vielleicht vergiften könnte“, ergänzte Mausi.
„Zu viele beschissene Sicherungen“, schloss Dotti.
„Also gut“, ließ sich die Dame des Hauses breit schlagen, „Menschi, ich hätte gerne einen Rotwein. In einem Glas. Steht beides in der Küche.“
„Oh, bestellst du mir bitte einen Whisky.“
„Und einen Whisky für meinen Mann. Ebenfalls im Glas.“
„Danke. Dotti?“
„Menschi, ich nehme auch einen Rotwein. In einem scheiß Glas.“
Lady Maus sah die beiden Offiziere an, die der Szene verwundert folgten. „Es gibt nur eine Flasche Rotwein, also kann er da nichts falsch machen.“ Aus der Küche hörte man Klirren wie von Gläsern, die zu Bruch gingen. „Kaputt schon!“
In einer Haltung, die man nur als geknickt bezeichnen konnte, kam die Mannschine wenig später mit einem Tablett und drei Gläsern darauf wieder zurück in das Wohnzimmer, aus dem man die Leiche des auf unnatürliche Weise verstorbenen Chun inzwischen entfernt hatte. „Wir können sie nicht als Dekoration behalten, oder?“ hatte Maus gefragt. „Das wäre sicher der Renner auf Partys.“
„Aber dann wollen alle eine haben“, hatte der Captain eingewandt.
„Richtig. Das sehe ich ein.“
„Ich habe-“, begann die Mannschine.
„Haben wir gehört!“ schnitt ihm die Hausdame das Wort ab. „Ich werde… deine Hilfe vermissen.“
„Danke. Lady Maus.“
Er reichte ihr ein Glas und sie lächelte Lee und Pinogretto an. „Ironie kann er nicht.“
„Das ist sehr bedauerlich, Lady Maus.“
„Es erfüllt seinen Zweck.“
Menschi ging zu Lady Elladottir und reichte ihr vorsichtig ein Glas Rotwein.
„Danke, Menschi“, sagte sie und nahm es ihm ab.
„Wo soll ich den Whisky für Signore Maus hinstellen?“ fragte die Mannschine dann.
Maus sah auf. „Sag ihm, hier auf den Schreibtisch.“
„Da drüben auf den Schreibtisch“, gab die Lady weiter und der Roboter tat, wie ihm geheißen war. Oder er versuchte es zumindest, denn als er das Glas vom Tablett nehmen wollte, ging es zu Bruch.
„Halleluja!“ rief die Menschine.
„Sein Schöpfer hat ihm nie das Fluchen beigebracht“, meinte Lady Maus säuerlich, „aber zum Glück ist er ganz gut im Putzen – und das wird er jetzt auch machen, verstanden?“
„Ja. Lady Maus“, kam es kleinlaut zurück und die Mannschine ging hinaus, um ihr Putzzeug zu holen – ein Gang, den sie nur zu gut kannte.
„Ich… schreib dann mal meinen Bericht und dann sehen wir weiter“, sagte Captain Lee schnell und die beiden verschwanden, bevor jemand auf die Idee kam, sie zu zwingen, den Roboter, der auf ihrem Schiff bereits ein paar kleinere Schäden angerichtet hatte, wieder mitzunehmen.
„Angus?“
Captain Lee sah auf. Er befand sich im Konferenzraum der Föhr und blickte aus dem Fenster, während er versuchte, eine Lösung für sein Problem zu finden.
„Schon weitergekommen?“ wollte sein erster Offizier wissen.
„Kann man nicht sagen“, gestand der Kapitän.
„Das ist schlecht, Pispers sagt, wenn wir zum Rendezvous mit der Seepferdchen nicht zu spät kommen wollen, müssen wir uns bald auf den Weg machen.“
„Er soll schon mal anfangen, den Kurs zu berechnen“, seufzte Lee. Dann deutete er auf einen Block, der auf dem Tisch lag. „Die Mannschine bleibt bei ihrer Aussage. Und es gibt zu wenig Präzedenzfälle, auf die ich mich berufen könnte.“
„Zu wenig?“
„Keinen, um genau zu sein.“ Lee zuckte die Schultern. „Außerdem bin ich kein Jurist und nein, ich bin nicht sonderlich froh, dass das hier draußen auch in unseren Aufgabenbereich fällt, nur weil es in Rio de la Plata keinen einzigen Anwalt zu geben scheint.“
„Klingt das nicht traumhaft“, seufzte Pinogretto verträumt. „Wie auf diesem einen Planeten, wo sie gar nichts haben, was Streitereien auslösen könnte. Keine Religion, kein Geld, keinen Liebeskummer…“
„Ich hab davon gehört. Klingt angenehm.“
„Und Venedig da unten scheint auf dem Weg dahin zu sein, genau so eine Gesellschaft zu werden.“
„Mit einer Ausnahme.“
„Dem Mord?“ fragte die Frau.
„Ganz genau. Sowas versaut einem wirklich die Statistik. Falls es denn überhaupt ein Mord war“, fügte der Kapitän hinzu. „Immerhin könnte es ja auch so etwas wie eine technische Fehlfunktion gewesen sein, dass die Maschine gar nicht schießen wollte, es aber aus irgendeinem technischen Grund dazu gekommen ist.“
„Möglich.“
„Und da wäre dann wahrscheinlich der Schöpfer der Mannschine zur Verantwortung zu ziehen, weil ein technischer Fehler möglicherweise auf seine Kappe geht.“
„Aber da er das Opfer ist…“
„…können wir ihn schwerlich dafür zur Verantwortung ziehen. Und, was weit unangenehmer ist, leider auch nicht seine Expertise einholen.“
„Was machen wir also?“
„Ich habe mal nachgeschlagen, was man bei Fällen tut, wo in Fabriken Maschinen für Todesfälle verantwortlich sind, aber auch da kommen wir wieder zurück auf den Schöpfer und menschliches Versagen.“
„Das hilft also nicht weiter.“
„Kann man nicht sagen, nein. Und es gibt mir auch keine Hilfestellung in Bezug darauf, was mit einer solchen Maschine zu tun ist.“
„Die werden die wohl repariert haben.“
„Was hier auch keine Option ist, da wir nicht wissen, was mit der Maschine nicht stimmt.“
„Außer, dass sie ungeschickt ist.“
„Genau.“ Lee lehnte sich in seinem Sessel zurück und blickte seufzend aus dem Fenster.
„Ich glaube, du brauchst eine Ablenkung“, entscheid sein erster Offizier und gab etwas in ein kleines Schaltpult ein.
„Bist du jetzt auch noch Schiffsdoktor?“
„Nein, aber ich habe trotzdem eine schöne Therapie für dich.“
Über dem Tisch erschien ein Hologramm.
„Das ist… schön“, gab Lee überrascht zu.
„Nicht wahr?“
„Ja.“
Das Bild wechselte und ein anderes Motiv erschien, ein Sonnenuntergang. Dann kam ein blauer See. Ein Himmel, durch den sich rote Wolken zogen. Eine beeindruckende Felsformation.
„Sehr schön“, meinte der Captain anerkennend. „Wo hast du die her?“
„Aus dem Archiv.“ Sie lächelte keck. „Die stammen alle von unserem Holographen. Ich wollte mal sehen, was der so macht.“
„Ich bin beeindruckt.“
„Das war ich auch.“
Es kamen Ansichten von Planeten. Gebäude. Himmel. Plätze.
„Uh, das da kenn ich“, sagte Lee und deutete auf die große Statue in der Mitte des Hologramms. „Das ist auf Rom, vor dem Kaiserpalast. Die Statue des ersten Kaisers.“
„Wofür hat der ne Statue bekommen?“
„Weil er der erste Kaiser war. Aber…“
„Was?“
„Irgendwas stimmt an dem Bild nicht.“
Pinogretto ließ das Hologramm weiterhin über dem Tisch schweben.
„Was soll daran nicht stimmen?“
Der Captain kratzte sich das Kinn. Irgendwas kam ihm merkwürdig vor. Es war herrlicher Sonnenschein, aber…
„Keine Menschen!“ stellte er fest. „Sieht aus, als wäre das ein toller Tag, aber da sind keine Menschen.“
„Vielleicht erfreut sich der Kaiser eben keiner großen Beliebtheit.“
„Das tut er nicht, niemand interessiert sich für den Kaiser.“
„Ist ja auch keine Machtposition.“
„Eben. Aber auf dem Kaiserplatz gibt es eine phantastische Würstchenbude, die beste auf den drei Zentralplaneten, und deshalb ist der Platz auch immer gerappelt voll.“
„Ah!“ Pinogretto ging ein Licht auf. Sie spulte ein paar Bilder weiter. „Du meinst, wie so was hier.“
Vor ihnen entstand der große Raumhafen von Washington, ein Ort, der rund um die Uhr von Menschen bevölkert war, und das nicht wegen seiner einmaligen Architektur. Und doch, auf dem Hologramm war keine einzige Person zu sehen.
Lee starrte mit offenem Mund darauf. „Ja“, meinte er fast sprachlos, „genau so was.“
Seine erste Offizierin lächelte wissend. „Siehst du, das war den Holographen und ihren Vorfahren den Phonographen…“
„Photographen“, korrigierte ihr Captain.
„…schon immer ein Dorn im Auge, was auch immer diese altmodische Bezeichnung bedeuten soll. Es hat sie jedenfalls gestört. Besonders bei Sachen, die man Touristenattraktionen nannte. Die ziehen, ihrem Namen entsprechend, nämlich Horden von Touristen an, aber wenn man sie photographieren will, will man die ja nicht alle mit auf dem Bild haben, oder?“
„Nein, will man nicht.“
„Also hat man etwas erfunden. Etwas, das all die kleinen Menschen schon beim Machen der Aufnahme herausfiltert. Und schon entstehen die schönsten Bilder, ohne dass einem hunderte von Leuten vor der Linse stehen.“
„Aha.“
„Das hat, glaube ich, damit angefangen, dass die Leute gerne aus Fahrzeugen heraus Bilder gemacht haben. Aber Fahrzeuge haben Scheiben und Scheiben spiegeln, also waren viele dieser Bilder nicht so toll, weil man außer dem Zielobjekt eben auch Teile vom Inneren des Busses mit auf dem Bild hatte. Also hat jemand etwas erfunden, das den Spiegeleffekt automatisch beseitigt und schon hatte man bessere Bilder.“
„Klingt nach einer guten Idee. Wie die Sache mit der Uhr bei Filmen.“
„Das was bei was?“ fragte Pinogretto verwirrt.
„Der Uhr bei Filmen. Hin und wieder sieht man in alten Filmen ja auch eine Uhr, oder?“
„Ja… möglich.“
„Und früher hat diese Uhr immer nur die Zeit angezeigt, mit der man sie für den Film aufgenommen hat.“
„Ist das nicht furchtbar verwirrend? Wenn man den Film sieht und da ist es 12 Uhr, aber in Wirklichkeit ist es erst sieben Uhr?“
„Ganz genau. Also hat jemand etwas erfunden, das die Uhrzeit im Film immer der aktuellen Uhrzeit anpasst. Das bedeutet, wenn man eine Uhr im Film sieht, weiß man auch immer ganz genau, wie spät es bei einem selbst ist. Extrem praktisch.“
„Ja… aber du sagst, das war früher nicht so?“
„Nein.“
Pinogretto nickte. „Das erklärt, warum bei einigen Filmen mit der angepassten Uhrzeit die Handlung des Films überhaupt keinen Sinn ergibt!“
Wieder hielt sich die Freude in Grenzen, als Captain Angus Lee und sein erster Offizier Lydia Pinogretto durch die offene Glastür in den Bungalow der Mausens marschierten. Die Hitze war so groß, dass sie lieber drinnen saßen und selbst ihre Nachbarin, deren Vorname sich tatsächlich als Dotti herausgestellt hatte, selbst Dotti Elladottir hatte es sich auf einer der Liegen bequem gemacht und trug mehr Kleidung, als seinerzeit in ihrem Garten. Menschi die Mannschine stand in einer Ecke und wirkte irgendwie betrübt.
„Holen Sie ihn jetzt ab?“ fragte Lady Maus, ohne von ihrer Lektüre aufzusehen.
„Es ist… schwierig“, sagte der Captain.
„Sie meinen, weil er so schwer ist?“ warf Hyronimus Maus in die Runde, ohne vom Lackieren seiner Zehnägel aufzusehen.
„Das… ist nur ein Teil des Puzzles.“ Ein anderes war, dass niemand die Mannschine an Bord haben wollte, weil sie in der Tat keinerlei wirklichen Nutzen hatte, außer Dinge kaputt zu machen, und dafür hatte man eigens Waffen angeschafft. Den Vorschlag, Menschi einfach auf einem Planeten von Wesen, die man nicht so recht mochte, wie den Entarr zum Beispiel, auszusetzen und ihn dort seiner Berufung folgen zu lassen, sendete man nicht an die Admiralität, weil man das bestenfalls als gemeingefährlich und schlimmstenfalls als kriegerischen Akt einstufen könnte. Niemand wollte einen Krieg auslösen wegen eines ungeschickten Roboters, mit dem man sonst nichts anzufangen wusste. „Es ist sehr heiß, hätten Sie vielleicht etwas zu trinken?“
„In der Küche“, wies die Frau des Hauses in die entsprechende Richtung. „Sie müssen es sich schon selbst holen, wenn er noch mal geht, haben wir keine Gläser mehr.“
Die beiden Offiziere gingen in den angrenzenden Raum und kamen wenig später mit zwei gut gekühlten Getränken wieder. Sie wurden nicht weiter beachtet.
„Wir haben Ihre Bilder gesehen“, versuchte Pinogretto nun das Eis zu brechen.
„Da war ich noch jünger und besser in Schuss“, erklärte Dotti – bis sie merkte, dass sie nicht gemeint war. „Oh.“
„Sehr schön“, stimmte nun der Captain mit ein und wieder fühlte sich Dotti angesprochen: „Danke.“ Er warf ihr einen tadelnden Blick zu. Sie begann, ihre Lektüre zu lackieren. Es war eine Zeitschrift, in der man das Lackieren von Nägeln jeglicher Art lernen konnte. Lee wandte sich wieder dem Herrn des Hauses zu. „Es ist zu schade, dass Sie uns nicht eins dieser Hologramme signieren können.“
„Ja, nicht wahr“, stimmte der Holograph zu, „so was war früher anders. In der nicht so guten alten Zeit, als Künstler noch Leinenwände voll schmierten. Da konnte man noch seinen Namen draufkritzeln, aber wer fragt bei einem knackigen Hologramm denn schon, wer es gemacht und wie viel Stunden er darin investiert hat?“
„Ich fand keine dieser Stunden verschwendet“, meinte Dotti – und war wieder nicht gemeint.
„Es ist eine Schande“, stimmte der Kapitän zu. „Aber… dürfen wir wenigstens mit Ihnen auf Ihre Bilder anstoßen?“
Der Künstler erhob sich, deutete Dotti an, dass es nicht um sie ging, stellte fest, dass sein Glas leer war, und zuckte die Schultern.
„Nehmen Sie meins“, schlug Lee vor und schüttete den Inhalt seines Glases in das des Holographen. Dann stießen die drei an.
„Auf die Kunst“, sagte Pinogretto und Maus kippte seinen Drink in einem Zug herunter. Er wollte gerade zu einem neuen Trinkspruch ansetzen, als sich sein Gesicht verzerrte und er sich an die Kehle griff.
„Was nicht in Ordnung?“ fragte der Kapitän.
„Es…“ Mehr brachte Maus nicht heraus. „Keine…“
„Luft?“ half der Captain nach.
Maus nickte.
„Oh, nein, da müssen Sie sich keine Sorgen machen.“
„Nicht?“ kam es mühsam über Maus Lippen.
„Nein, es ist kein Erstickungsanfall.“
Das schien Maus etwas zu beruhigen.
„Es ist Gift.“
Das hatte eher eine gegenteilige Wirkung.
„Sehen Sie, in dem Getränk, das Sie gerade zu sich genommen haben, war eine kleine Menge Gift.“
„Scheiße, was?“ fuhr es nun aus Dotti heraus, während die Dame des Hauses dem Gespräch nicht zu folgen schien.
„Wir haben Sie vergiftet, Herr Maus.“
Sein Gesicht fragte: „Warum?“, aber seine Lippen brachten es nicht mehr heraus.
„Weil Ihre Mannschine da über ein Notfallprotokoll verfügt. Sie hat so viele Einschränkungen, dass sie kaum etwas tun kann, aber sie hat auch ein Protokoll, das, wenn sie glaubt, dass es einem Menschen nicht gut geht, sofort einen Notruf aussendet.“ Lee blickte ostentativ hinüber zur Mannschine, doch die stand nur betrübt an der Wand und rührte sich nicht. „Ich frage mich, warum sie das nicht tut.“
Maus Gesicht nahm langsam eine Färbung an, die man nur als ungesund bezeichnen konnte.
„Warum rufen Sie sie nicht zur Hilfe? Sie könnte sie sofort retten. Nicht wahr, Menschi?“
„Zu Ihren Diensten. Captain Lee. Darf ich Ihnen ein Getränk bringen?“
„Nein, danke.“
„Du sollst Hyro helfen, du Drecksmaschine!“ schrie Dotti aufgeregt.
„Ist Herr Maus denn inzwischen zurückgekehrt? Lady Elladottir.“ wollte die Mannschine wissen.
Lee sah Maus an.
„Rufen Sie die Mannschine.“
„Menschi“, kam es stockend aus Maus Mund, „hilf… mir!“
Doch Menschi reagierte nicht.
„Hilf ihm!“ rief Dotti.
„Wem? Lady Elladottir.“
„Hyro… Herrn Maus… sofort. Verdammtnochmal, kannst du ihn denn nicht sehen?“
„Nein. Lady Elladottir. Ich habe Herrn Maus. Seit einiger Zeit. Nicht mehr gesehen.“
„Ich denke“, seufzte Captain Lee und verabreichte Maus das Gegengift, „damit wäre dann alles geklärt.“
„Hm?“ Lady Maus sah auf. „Hab ich was verpasst?“
„Ich glaube schon.“ Lady Elladottir schien sich nicht ganz sicher zu sein.
„Sie haben“, bestätigte der erste Offizier.
„Ach, was denn?“
„Die Auflösung des Falles. Dass Ihr Mann der Täter war.“
„Habe ich das schon zugegeben?“ fragte der etwas konsterniert.
„Möchten Sie mir widersprechen?“
„Äh… nein“, gestand der Künstler sich und den anderen ein. „Obwohl… vielleicht doch. Wie sind Sie auf mich gekommen?“
„Durch die Aussage Ihrer Mannschine… und Ihre Arbeit.“
„Ah“, meinte der Holograph. „Geht das vielleicht etwas genauer?“
„Sehen Sie“, setzte der Kapitän an, der genug alte Filme zu diesem Thema gesehen hatte, um zu wissen, wie man so etwas machte und dass das einfach dazugehörte, „Sie haben einen kleinen Fehler gemacht.“
„Wirklich?“
„Ja. Es war sehr geschickt, die Mannschine so umzuprogrammieren, dass sie Sie nicht sehen und offensichtlich auch nicht hören konnte, aber Sie haben offensichtlich vergessen, das wieder rückgängig zu machen.“
„Ich hatte gehofft, dass Sie uns von dieser metallenen Geißel befreien, damit hätte sich das dann erledigt gehabt.“
„Jedenfalls haben Sie eins Ihrer Holoprogramme eingesetzt, das Personen aus der Wahrnehmung einer Linse entfernt. Damit konnte die Mannschine Sie nicht mehr sehen.“
„Wie sind Sie darauf gekommen?“
„Durch die Aussagen der Mannschine. Sehen Sie, sie sagte nicht, dass da niemand war, sie sagte nur, dass sie niemanden gesehen habe.“
„Ist da ein Unterschied?“
„Offensichtlich. Sehen Sie, die Mannschine hat folgendes ausgesagt:“
„Er wurde erschossen.“
„Von wem?“
„Das weiß ich nicht.“
„Und:“
„Ich war da. Als es passierte.“
„Was hast du gesehen?“
„Es war so. Herr Chun kam aus dem Schlafzimmer. Er ging hinaus auf die Terrasse und sah sich den Sonnenaufgang an. Dann kam er wieder herein. Ich habe gesehen. Wie sich das Gewehr erhoben hat. Und dann gab es zwei Schüsse ab. Das Gewehr fiel zu Boden. Ich lief zu Herrn Chun. Er war tot. Ich habe sofort die lokalen Behörden verständigt.“
„Das Gewehr hob sich also?“
„Ja.“
„Von allein?“
„Das weiß ich nicht.“
„Hast du denn niemanden gesehen?“
„Nein. Ja. Bitte?“
„Hast du… jemanden gesehen?“
„Nein.“
„Du hast also niemanden gesehen?“
„Ich habe niemanden gesehen.“
„Das Gewehr hob sich… und schoss.“
„Ja.“
„Aber das hast du gesehen?“
„Ja.“
„War eine der Personen anwesend, als die Tat passierte?“
„Ich habe niemanden gesehen.“
„Sehen Sie, er wiederholt, dass er niemanden gesehen hat. Aber jemand war da und hat die Waffe betätigt. Und das waren Sie!“
Hyronimus Maus seufzte. Dann nickte er. „In Ordnung.“ Dann kam ihm ein Gedanke und er lachte auf. „Aber ich habe kein Motiv-“
„Eifersucht!“ fiel ihm Pinogretto ins Wort. „Weil Ihre Frau Sie mit Chun betrogen hat und Sie das herausgefunden haben!“
Diesmal gab er sich komplett geschlagen. Er gestand das Verbrechen und würde zu einer Provinz gebracht werden, in der man ihn vor Gericht stellen würde.
„Und was ist mit dem da?“ wollte die Dame des Hauses wissen, als sich die beiden Offiziere mit ihrem Gefangenen auf den Weg machen wollten.
„Tja, das Problem…“ Captain Lee hob die Schultern. „können wir wohl nicht für Sie lösen!“