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Es wird schmutzig
ОглавлениеWährend die Linke im Dezember 2014 die Macht übernimmt, strebt der Machtkampf in der Thüringer Union auf sein schmutziges Finale zu. An dem Tag, an dem Ramelow sich von seiner Partei in Elgersburg emanzipiert, veröffentlicht der „Spiegel“ vorab die Zitate aus der internen Beratung des CDU-Fraktionsvorstands, die Anfang November mutmaßlich heimlich mitgeschnitten wurde. Die Aufnahme ist offenbar erst jetzt an das Magazin durchgestochen worden.
Der Tenor des Artikels: Mohring habe versucht, Ramelow mit Hilfe der AfD zu verhindern. Das „Thüringer Komplott“ besitze „Sprengkraft weit über das kleine Bundesland hinaus“34, schreiben die Journalisten Melanie Amann und Peter Müller. Die Rollen sind klar verteilt. Mohring ist der Mann, der mit Hilfe Höckes Ministerpräsident werden wollte und so zitiert wird: „Wenn sie [Angela Merkel] will, dass Ramelow nicht MP wird, brauchen wir die AfD, ob’s ihr passt oder nicht.“ Lieberknecht wird als Mahnerin dargestellt, die den Fraktionschef per SMS warnte: „Lieber Mike, für jeden Tag, den ich Deinen Namen zu früh nenne, haben wir eine deutschlandweite AfD-Debatte am Hals.“
Höcke tritt in dem Artikel als Zeuge der Anklage auf: „[Er] sagt, dass die Gespräche mit der CDU mehr als ein flüchtiger Flirt waren. ‚Es gab ein Treffen und danach regelmäßige Telefonate.‘ In den Gesprächen habe Mohring keinen Hehl daraus gemacht, dass er von der ‚Doktrin einer totalen Blockade gegen die AfD‘ wenig halte. Stattdessen hätten er und Mohring ‚gemeinsam die Lage analysiert‘ und alle Optionen durchgesprochen, wie sich ein Ministerpräsident Ramelow verhindern ließe.“
Für Mohring könnte der Zeitpunkt dieser Veröffentlichung kaum ungünstiger sein. Der CDU-Bundesparteitag, auf dem er wieder für den Bundesvorstand kandidiert, steht unmittelbar bevor. Kurz darauf soll der Landesparteitag stattfinden, auf dem er sich zum Landeschef wählen lassen will.
Der Fraktionschef vermutet die Abhöraktion eines engen Ex-Mitarbeiters, mit dem er sich verstritten hatte und der gerade seinen letzten Arbeitstag absolviert hat. Er erstattet Strafanzeige gegen Unbekannt, Beamte des Landeskriminalamts filzen den Sitzungsraum, in dem der Vorstand tagte, später durchsuchen sie auch die Wohnung des Verdächtigten. Aber die Aufnahme wird nicht gefunden.
Mohring beginnt nun zu verstehen, dass er diesen Stellungskrieg nicht gewinnen kann. Er muss sich, zumindest vorerst, mit jenen arrangieren, denen er abgrundtief misstraut. Am Tag nach der Durchsuchung der Fraktion sitzt er mit Noch-Generalsekretär Voigt im Wohnhaus von Landtagspräsident Carius in Sömmerda und bietet seinem Feind den Stellvertreterposten an. Christian Hirte wird als zweiter Stellvertreter nominiert. Der Rechtsanwalt aus Bad Salzungen sitzt seit 2008 im Bundestag und ist keinem innerparteilichen Lager eindeutig zuzuordnen. Dritte Stellvertreterin soll die frühere Parlamentschefin Diezel werden, die ihren Wahlkreis nicht wieder gewinnen konnte.
Damit wird der Generationswechsel endgültig vollzogen. An der Spitze stehen nicht mehr jene, die aus ihrem Beruf heraus von der Wende 1989 in die Politik gewürfelt wurden, sondern jene, die sich schon während des Studiums bewusst für eine politische Karriere entschieden haben. Mohring ist knapp 43 Jahre alt, Voigt 37. Hirte und Carius sind 38. In einer gemeinsamen Stellungnahme heißt es: „Wir müssen die Situation als Chance sehen, einen gemeinsamen Aufbruch zu starten“35. „Vertrauen und Geschlossenheit“ seien „unerlässlich“.
Am Tag nach dem Burgfrieden beginnt in der Kölner Messe der Bundesparteitag der CDU. Die Vorsitzende Angela Merkel attackiert die Sozialdemokraten, mit denen sie im Bund regiert, für ihren Wechsel in Thüringen. Die Wahl Ramelows sei eine „Bankrotterklärung“, ruft die Kanzlerin. Dass sich diese „stolze linke Volkspartei“ in die Juniorrolle begebe, werfe die Frage auf: „Wie viel kleiner will die SPD sich eigentlich noch machen?“36
Mohring versucht, in seiner Bewerbungsrede darauf aufzubauen. Ein Votum für ihn werde seine Landespartei im Kampf gegen Ramelow stärken. „Helfen Sie, dass wir gemeinsam die rote Fahne auf der Staatskanzlei wieder abhängen können, damit Thüringen wieder gut regiert wird“, ruft er.37
Doch Mohring wird für sein angeblich versuchtes Komplott abgestraft. Er bekommt das zweitschlechteste Ergebnis aller Kandidaten und fliegt aus dem Vorstand. Wenig später sagt Bundestagsfraktionschef Volker Kauder in seiner Rede: „Wir haben einen klaren Beschluss, dass wir mit der AfD nicht zusammenarbeiten. Bei diesem Beschluss bleibt es. Der Parteitag hat in der einen oder anderen Entscheidung auch schön dokumentiert, dass wir diesen Grundsatz durchhalten werden und durchhalten wollen.“38