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Schwarzer Neubeginn

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Vier Tage nach der Demütigung von Köln, am 13. Dezember 2014, sitzt Mike Mohring auf einer Bühne in der Turnhalle von Mengersgereuth-Hämmern, einem Dorf im südlichsten Zipfel Südthüringens. Hier, auf dem Landesparteitag, soll die Thüringer CDU den Neubeginn wagen.

Aber erst einmal hat ein Mann einen Auftritt, der fünf lange Jahre nicht auf einer Parteiveranstaltung redete und stattdessen still als Vice President des Autozulieferers Magna International das Lobbygeschäft betrieb. Nun will er Mohring verteidigen, den er erst zu seinem Generalsekretär und dann zum Fraktionsvorsitzenden machte.

Die Sätze Kauders auf dem Bundesparteitag, ruft Dieter Althaus, hätten ihn „persönlich entsetzt“39. „Mag Volker Kauder formulieren wie er will. Ich will nur sagen: Dafür zu sorgen, dass wir in Zukunft wieder Leute wie Ramelow aus der Regierung loswerden, ist die wichtigste Aufgabe der Union, liebe Freunde. Deshalb wäre es wichtig gewesen, die Thüringer Union zu unterstützen auf diesem Weg, statt ihr Steine in den Weg zu legen.“

Nach Althaus redet Martina Schweinsburg, die notorisch poltrige Landrätin aus Greiz, die auch dem Thüringischen Landkreistag vorsitzt. Ja, sagt sie, Mohring habe mit der AfD geredet – aber eben mit dem Ziel, die Wahl des Linken Bodo Ramelow zum Ministerpräsidenten zu verhindern. „Mit wem hätte er denn reden sollen im Thüringer Landtag?“, fragt Schweinsburg in den laut prasselnden Applaus hinein. „Die Bundes-CDU kann uns gerne vorgeben, wie sie’s gerne hätte“, sagt Schweinsburg. „Leben, ausfüllen, in die Praxis umsetzen müssen wir es in Thüringen.“

Die Landrätin echot Äußerungen, die schon vor dem Parteitag vermeldet wurden. Der Bundestagsabgeordnete Tankred Schipanski – Sohn der früheren Bundespräsidentschaftskandidatin Dagmar Schipanski, die im Bundesvorstand sitzt – hatte eine Debatte darüber verlangt, wie man mit der AfD auf Landesebene umgehe. „Wir sind jetzt gemeinsam mit denen in der Opposition“40, sagte er. Die scharfe Abgrenzung zur AfD werde sich im Parlamentsalltag nicht durchhalten lassen.

Noch deutlicher formuliert es Mohrings Fraktionsvize Michael Heym. „Für mich war die AfD von Anfang an kein Schreckgespenst“, sagt er. Er höre von vielen Menschen, dass es „so falsch nicht sei“, was AfD-Politiker forderten. Dass die SPD mit den Linken koaliere, während die AfD „verteufelt“ werde: „Das geht gar nicht“41.

Mohring sagt in Mengersgereuth-Hämmern nichts zur AfD. Er gibt sich in seiner Rede demütig und trotzig zugleich. Die Landespartei, sagt er, habe nicht den besten Eindruck vermittelt. „Noch verheerender ist, was die anderen Christdemokraten in Deutschland über uns denken.“ Dennoch müsse gelten: „Lasst diesen Landesverband im Kampf gegen die Kommunisten nicht allein.“

Dann kommt der Aufruf zur Einheit. „Wir sind alle nicht aus einem Holz geschnitzt“, sagt Mohring. „Aber wir sind einer gemeinsamen Idee verpflichtet.“ Schlecht übereinander reden, Gerüchte verbreiten, damit müsse Schluss sein. „Ich reiche meine Hand.“ Schließlich zitiert Mohring Paulus: „Nehmt einander an, wie Christus euch angenommen hat.“

Mohring wird mit knapp 90 Prozent gewählt, Voigt und Hirte bekommen jeweils etwa 73 Prozent als Stellvertreter. Lieberknecht sagt: „Die Partei muss ihre neue Rolle in der Opposition annehmen.“ Das gilt auch für sie, die fortan nur noch einfache Abgeordnete ist. Sie kann nicht ahnen, dass sie fünf Jahre später noch einmal Ministerpräsidentin werden soll – und dass der Mann, der sie für dieses Amt vorschlägt, Bodo Ramelow sein wird.

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