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Giacometti schlägt zu

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Am Tag nach dem Mord: 11. Januar

Uwe Drechsler hatte schlechte Laune. Das hatte er meist, seit er hier am See lebte. Das halbe Jahr Nebel, das andere halbe Jahr Touristen, die zum Einkaufen oder Flanieren kamen und ihm den Platz für das Bier an der Abendsonne streitig machten. Da fehlte ihm eine frische Leiche am Freitagnachmittag grad noch. Verlängertes Wochenende futsch, Ski-Ausflug in die Berge futsch. Dabei war die Nähe zu den Bergen, außer dem Zahltag in Schweizer Franken, etwas vom wenigen, was er als Ostdeutscher hier im Süden schätzte.

»Amélie Cohen, 38 Jahre, 1.79 Meter groß, 60 Kilo.« Eine attraktive Frau zu Lebzeiten, dachte er. »Getötet mit einem Schlag auf den Hinterkopf, mit etwas Hartem, einem Hammer vielleicht, einer Eisenstange, so was in der Art.« Lustlos rapportierte Drechsler weiter. »Keine weiteren Verletzungen, kein Geschlechtsverkehr in den letzten 24 Stunden, soweit ich das auf den ersten Blick feststellen kann. Außerdem scheint es keinen Kampf gegeben zu haben, Fingernägel sind frei von Stofffasern oder Hautabschürfungen. Ansonsten tipptopp manikürt. Nagellack ist purpurrot«, ergänzte er zufrieden.

Hutter warf Drechsler einen irritierten Blick zu. Er bezweifelte, dass die Medien heute Abend an Werbung für Frau Cohens Nagelstudio interessiert waren. Hutter brauchte dringend Informationen. Für 19 Uhr war eine Medienkonferenz im Foyer des Museums angesagt. Die Vernissage, die eigentlich für diesen Zeitpunkt geplant gewesen wäre, wurde offiziell, mit einem nebulösen Hinweis auf betriebliche Probleme, kurzfristig abgesagt. Und nachdem die Eltern der Kinder, die Cohens Leiche entdeckt hatten, erstaunlicherweise auch dichtgehalten hatten, war das Ableben der Kuratorin bis zur Stunde tatsächlich geheim geblieben.

»Todeszeitpunkt?«

»Das ist einfach: Zum Glück herrscht in einem Museum Tag und Nacht die gleiche Temperatur, zur Schonung der Exponate«, erklärte Drechsler mit einem süffisanten Lächeln. »Der tödliche Schlag jedenfalls, nur ein einziger, wurde am Donnerstagabend zwischen 20 und 22 Uhr ausgeführt. So weit leg ich mich fest. Genaueres gibt es Anfang Woche. Wenn mich jetzt der Herr Kommissar bitte entschuldigt.«

»Moment, können wir schnell … Läuft Ihr PC noch?«

Umständlich klaubte Hutter das iPad aus der Manteltasche und tippte die Notiz von dort in die Suchmaske des Computers. Da ploppte das Gewünschte auf. Eine 3-D-Aufnahme von Giacomettis Figur mit dem unaussprechlichen französischen Namen.

»Was ist denn das?«, fragte Drechsler.

»So eine Art Kunst«, antwortete Hutter unbeholfen.

Aufmerksam betrachtete der Gerichtsmediziner den Kopf der Figur, nahm Maß und verglich Größe und Form noch einmal mit den Aufnahmen der Wunde am Hinterkopf von Amélie Cohen. »Also, wenn Sie mich fragen …« Das tu ich doch schon die ganze Zeit, dachte Hutter ungehalten. »… das passt wie Arsch auf Eimer!«

Tatort Bodensee: Der Fall Winterbergs

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