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DER BUTT

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AUTOR: Günter Grass

TITEL: Der Butt

ORIGINALFASSUNG: 1977



Solange die Anklageschrift verlesen wurde, lag der Butt reglos auf dem Wannenboden aus Zinkblech, als betreffe ihn nicht der Vorwurf, seit Ende der Jungsteinzeit in beratender Funktion ausschließlich, und bewußt zum Schaden der Frauen, die Männersache betrieben zu haben.

Nicht Gott im Himmel: Butt im Wasser. Nicht Gott zum Gruße: Butt zur Buße. Der Fisch, geliehen aus dem alten Märchen Von dem Fischer und seiner Frau von Philipp Otto Runge, ist es, der bei Günter Grass wie eine auktoriale Instanz die Menschheitsgeschichte bestimmt. Im Gegensatz zu jenem, dem Originalbutt, berät dieser Butt aber nicht die Frau mit dem schönen Namen Ilsebill, sondern ihren Mann.

Der platte Fisch aus dem plattdeutschen Märchen hat es sich also bis zum Jahr 1977 anders überlegt. Er, selbst ein gestandener Milchner (im Gegensatz zum Weibchen, dem Rogner), steht jetzt dem Manne beratend zur Seite.

Damit ist nicht zuletzt der Autor selbst gemeint: »An einem zeitlosen Tag, heiter bis wolkig, fing ich den Butt.« Seither ist er das Teufelchen auf seiner Schulter und stiftet ihn zu klotzigen Gesten von historischem Ausmaß an: zu Kriegen, zu Gier und zu Völkerwanderungen.

Aus der Küche duftet es derweil köstlich. Die stets kochenden Frauen, von Ilsebill, prominenten Vertreterinnen des weiblichen Geschlechts und diversen Köchinnen repräsentiert, haben die fischige Macho-Kiste irgendwann satt. Sie stellen den Butt vor ein feministisches Tribunal und klagen ihn der ruinösen Beeinflussung der Geschichte an.

In der ihm eigenen Eloquenz gibt der Fisch schließlich klein bei und räumt ein: Ja, die Männer seien Egomanen, die Frauen hätten stets gekocht und Kinder ausgetragen (im ursprünglichen Märchen war noch die Frau wegen ihrer Unersättlichkeit und Gier an allem schuld). Mit verächtlicher Ironie und überheblicher Belesenheit, die jener von E.T.A. Hoffmanns Kater Murr Konkurrenz macht, fügt sich der Angeklagte einer neuen Zukunft.

Die ihm auferlegte Strafe liegt auf der Hand, haben die Frauen doch die ganze Zeit kaschubisch gekocht – ein Thema, von dem der aus Danzig stammende Autor Günter Grass stets besessen war. Warum sie da nicht früher draufgekommen sind, die Ilsebills? »Kühler Riesling stand bereit. Die dampfenden Schüsseln wurden aufgetragen.« Genau, ein großes Buttessen gibt es.

Günter Grass handelte sich für seinen gut gemeinten und famos geschriebenen, aber eben trotzdem klischeebeladenen Geschlechterkampfroman den Titel »Pascha des Monats« der Frauenzeitschrift Emma ein. Der Butt konnte dafür natürlich nichts. Obwohl das alles in Wahrheit vermutlich seine Idee war.

GATTUNG: Scophthalmus maximus

BERUF: Berater

HUMOR: platt

GESCHLECHT: Macho (Milchner)

ALTER: ewig

MENSCHLICHKEITSFAKTOR:

KULINARIKFAKTOR:

ARTENSCHUTZ: nicht empfohlen

Natürlicher FEIND: das Feminal

VORBILD: der Frauenversteherbutt

Das Buch der Tiere

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