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Geschichte der Tiere in der Literatur

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Die Attraktion des Animalischen als literarisches Mittel hat niemals nachgelassen, seit sich im Alten Testament die Schlange wichtigmachte. In allen alten Sagen, religiösen Schriften und nationalen Epen finden wir nach wenigen Seiten die erste Erwähnung eines Tieres, und praktisch immer hat es menschliche oder magische Züge. Ja, die Erzählenden und Erfindenden hielten es damals nur ganz schlecht aus, das Tier Tier sein zu lassen. Auch im indischen Epos Ramayana und in der chinesischen Reise in den Westen ist es völlig selbstverständlich, dass der wichtigste Handlungsträger jeweils ein Affe ist. Die Natur musste beseelt sein, und da Gott oder Götter, Teufel und Dämonen nicht in den profanen Menschen steckten, mussten sie in diese anderen Lebewesen hinein, die in Wirklichkeit nie etwas sagten, aber irgendwie klüger zu sein schienen als sie aussahen.

Daher ist es nur verständlich, dass die Menschen neugierig waren, was in diesen ihren entfernten Verwandten vorging. Sie wollten sich in sie hineinversetzen, wenn auch nur vorübergehend. Verwandlungen waren also schon vor Hunderten von Jahren ein beliebter Topos in der Literatur, Ovid widmete ihnen gar sein Lebenswerk. In Apuleius’ goldenem Esel und später Shakespeares Sommernachtstraum (der hier nicht vorkommt, weil ein Theaterstück) wurde der Mensch im Sinne der allgemeinen Belustigung zum Esel und wieder zum Menschen – eine Symbolik, die viel über unseren Blick auf uns selbst aussagt.

Indes wurde der Mensch nie müde, das Tier menschlich zu betrachten. In der westlichen Kultur stürzte man sich auf die Fabeln des alten Griechen Äsop (selbst eine recht fabelhafte Gestalt) und wandelte sie vielfach ab. Ein berühmter Adaptierer war im 17. Jahrhundert Jean de La Fontaine, dessen Fabeln immer noch reich illustriert für Kinder aller Altersstufen unter Weihnachtsbäumen liegen. Im 18. Jahrhundert stürzten sich deutschsprachige Dichter auf dieselben Stoffe, die im 19. dann unter anderem in so manches Märchen der Gebrüder Grimm Eingang fanden.

Erst im 20. Jahrhundert sollten Schreibende wie Franz Kafka (Die Verwandlung), Roald Dahl (Hexen hexen) und Marie Darrieussecq (Schweinerei) die weniger heiteren Seiten einer Tierwerdung beleuchten. Kafka (Ein Bericht für eine Akademie) und David Garnett (Dame zu Fuchs), aber auch etwa Pierre Boulle (Planet der Affen) und Peter Høeg (Die Frau und der Affe) versuchten sich auf unterschiedlich direkte Weise sogar am umgekehrten Weg – Tier wird zu Mensch – und brachten so einen modernen (Alb-)Traum zum Ausdruck: Was, wenn die, die wir mittlerweile endgültig als uns unterlegen erkannt haben, ihre Entwicklungsrückschritte aufholen und die gleichen Fähigkeiten erwerben wie wir, ja uns sogar irgendwann überlegen sind? Folgt dann die große Rache? Ein auch im 21. Jahrhundert immer noch brisantes Thema, nur haben sich da in Literatur und Film die Protagonisten geändert: Anstelle der minderen Intelligenzen (Tiere) sind künstliche (Roboter) getreten.

Das Buch der Tiere

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