Читать книгу Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 8 - Martina Meier - Страница 19

Оглавление

*

Hugos große Nacht

Rentiere spielen gerne Fußball. Leider kann man sich beim Fußball auch schon mal verletzen. Und leider knickte Hugo, das dritte Rentier rechts vorne im Gespann vor dem Schlitten des Weihnachtsmannes, zwei Tage vor Weihnachten beim Fußballspielen böse mit dem linken Vorderhuf um. Nicht nur, dass es ziemlich weh tat – nein, der Arzt des Weihnachtsdorfes legte ihm auch noch einen Gips an und schrieb Hugo krank.

Hugo war sehr unglücklich. Alle kleinen Rentiere träumen davon, einmal vor dem Schlitten des Weihnachtsmannes laufen zu dürfen.

Dafür fangen sie schon früh an zu trainieren. Auch Hugo hatte schon als Kälbchen mit seinen Freunden Schlitten ziehen geübt und in seinem Zimmer hatte ein Poster mit dem Gespann des Weihnachtsmannes gehangen. Stolz und mit glänzendem Pelz liefen da elegant die Stars unter den Rentieren vor dem goldenen Schlitten her, der mit vielen großen Säcken beladen war. Jeden Abend hatte Hugo sich vorgestellt, dass eines Tages auch er dort laufen würde.

Dieses Jahr war er alt genug und hatte sich bei den Auswahlwettkämpfen angemeldet. Er hatte es nur um Haaresbreite geschafft, aber als der Weihnachtsmann ihm den Huf geschüttelt und ihn im Team willkommen geheißen hatte, kam es Hugo so vor, als sei er das schnellste und eleganteste Rentier der Welt. Sein Großvater, der auch mal im Team Weihnachtsmann gelaufen war, hatte ihn stolz mit der Nase angestupst.

Und jetzt sollte also sein Traum doch noch platzen. Wegen eines blöden, angeknacksten Vorderhufs!

Am Weihnachtsmorgen herrschte große Hektik im Weihnachtsdorf. Viele Wichtel schleppten die großen Säcke mit den Geschenken zum Weihnachtsschlitten. Der Weihnachtsmann bügelte seinen Mantel noch einmal und die Rentiere bürsteten sich das Fell und machten Dehnübungen. Hugo sah traurig zu.

Als gegen Mittag schließlich der Schlitten glitzernd und klingelnd in der Ferne verschwand, konnte Hugo nicht mehr anders – er fing an zu weinen. Das war so ungerecht. Warum konnte er nicht dabei sein? Hugo schniefte.

Um ihn herum machten die Wichtel Feierabend. Bald war er ganz alleine. Nun musste er wohl nach Hause humpeln. Seine Familie würde ihn sicher trösten, aber er wollte gar nicht getröstet werden. Er wollte dabei sein, wenn die Kinder sich freuten. Er wollte die Weihnachtsbäume der Menschen sehen und mit seinen Teamkollegen durch die Nacht galoppieren und für ein schönes Weihnachtsfest sorgen.

Als er vom Dorfplatz herunterhumpelte, sah er plötzlich in der Ecke einen Sack stehen. Da waren Geschenke vergessen worden! Oh nein, so etwas durfte nicht passieren. Auf dem Etikett las er, wo die Geschenke hin sollten: Mistelberg!

Zur Vorbereitung des Weihnachtsschlittenteams gehörte es, die Reiseroute mit allen Orten genau auswendig zu kennen. Nach Mistelberg dauerte die Reise auf direktem Weg nur einige Stunden, aber das Team musste vorher häufig anhalten und viele Schlenker fahren. Er konnte sie vielleicht einholen. Hugo überlegte nicht lange. Er nahm den Sack zwischen die Zähne, schwang ihn auf seinen Rücken und humpelte los, so schnell er konnte. Er lief durch verschneite Wälder und über offene Felder. Ab und zu sah er in der Ferne die Lichter einer Stadt. Nach einer Stunde musste er anhalten. Sein Huf pochte fürchterlich. Zum Kühlen schaufelte sich Hugo etwas Schnee in den Gips. Das tat gut! Er knabberte kurz an ein paar Grashalmen, die dürr aus dem Schnee herausragten. Aber er durfte sich nicht zu lange ausruhen! Vorsichtig setzte er den Huf auf den Boden auf. Es tat immer noch ziemlich weh, aber er konnte weiterhumpeln. Der Sack drückte unbequem auf seinem Rücken. Die Rentiere hatten das Ziehen des Schlittens trainiert, das Lastentragen war er nicht gewohnt. Hugo bekam Seitenstechen. Aber er musste weiter. Die Kinder von Mistelberg würden sonst heute Nacht keine Geschenke bekommen. Das durfte nicht sein! Keuchend und humpelnd schleppte sich Hugo weiter.

Endlich sah er in der Ferne die Lichter der kleinen Stadt. Er konnte kaum noch auftreten. Der Sack auf seinem Rücken rutschte und drückte. Also nahm er ihn wieder zwischen die Zähne. So kam er noch langsamer voran, weil der Sack ihn beim Atmen hinderte und er ihn immer wieder absetzen musste. Auf drei Hufen stolperte Hugo ungelenk mit dem Sack im Maul langsam auf die Stadt zu, als er hinter sich ein leises Klingeln und das Klappern galoppierender Rentierhufe hörte.

Das Geräusch wurde schnell lauter und bald konnte Hugo den Schlitten mit seinen Teamkollegen davor erkennen. Endlich! Als das Gespann langsam neben ihm zum Stehen kam, ließ Hugo den Sack fallen und kippte gleich daneben in den Schnee, wo er erschöpft liegen blieb. „Ihr habt den hier vergessen“, keuchte er mit letzter Kraft.

Der Weihnachtsmann stieg vom Schlitten und besah sich den Sack und das erschöpfte Rentier mit dem eingegipsten Vorderhuf. Er runzelte die Stirn.

„Hugo, das war sehr leichtsinnig von dir. Du bist doch verletzt!“

„Ich wollte immer nur ein Weihnachtsrentier sein“, flüsterte Hugo. Sein Huf tat wirklich ziemlich weh.

„Trotzdem war das nicht gerade klug! Aber auch sehr tapfer. Das wäre da vorne in der Stadt eine böse Überraschung geworden. Für Mistelberg hast du Weihnachten gerettet. Komm zu mir auf den Schlitten – weiterlaufen kannst du ja keinesfalls! Aber du musst auch arbeiten. Du wirst beim Geschenkeverteilen mit anpacken.“

Beim Heraufklettern musste der Weihnachtsmann Hugo helfen. Auf dem Schlitten baute er aus bereits leeren Säcken ein Kissen, auf das Hugo seinen Huf legen konnte. Als der Schlitten klingelnd in Mistelberg einfuhr, hatte Hugo sich schon gut erholt. Die Kinder liefen auf dem Marktplatz um den Schlitten zusammen. Dort stand auch ein großer Weihnachtsbaum mit vielen Lichtern.

Hugo blickte in viele leuchtende Augen, als er die Geschenke aus dem Sack, den er so weit geschleppt hatte, herausholte und dem Weihnachtsmann weiterreichte, der sie lachend an die Kinder verteilte. Hugo war so glücklich, dass sein Huf gar nicht mehr schmerzte. Jetzt war er nicht nur ein Weihnachtsrentier, sondern auch ein Weihnachtsretter.

Den Rest der Nacht saß er neben dem Weihnachtsmann auf dem Schlitten und half ihm in jeder Stadt beim Geschenkeverteilen. Als sie am Morgen mit lauter leeren Säcken und müde zurück ins Weihnachtsdorf kamen, war Hugo sehr zufrieden. Er humpelte nach Hause. Obwohl er sich auf dem Schlitten schon etwas erholt hatte, war er doch froh, dass der Weihnachtsmann ihn am Ende noch einmal ermahnt hatte, bloß nicht beim Training zu erscheinen, bevor der Huf ganz verheilt war. Aber in ein paar Tagen würde es soweit sein, dann könnte er anfangen, sich vorzubereiten und im nächsten Jahr mit den anderen mitlaufen!

Maren Schütz wurde 1983 geboren und wuchs im ländlichen Rhein-Sieg-Kreis auf. Nach dem Abitur studierte sie Medizin an der Uni Bonn. Sie arbeitet als Ärztin in einer Klinik und lebt in Bonn. In ihrer Freizeit schreibt sie Kurzgeschichten. Im Papierfresserchens MTM-Verlag wird ihr Bilderbuch „Das Glück hinter dem Horizont“ veröffentlicht.

Wünsch dich ins Wunder-Weihnachtsland Band 8

Подняться наверх