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Der Einbrecher

Jetzt sitzt Axel bereits seit zwei Wochen in diesem – zugegeben – nicht sehr kuschlig wirkenden Krankenhaus. Was ihm fehlt, weiß er selbst nicht mehr genau, Ärzten und seinen Eltern hat er nie wirklich zugehört, als sie ihm die Situation erklären wollten. Eines weiß aber Axel mit felsenfester Überzeugung. Er hält es einfach nicht mehr aus in diesem tristen Zimmer, die einzige Dekoration, die das gänzlich in Weiß gehaltene Zimmer aufhellt, ist der bunte Blumenstrauß aus Plastik, der einsam auf einen kleinen Hocker gestellt wurde.

Axel ist kein Junge, der sich leicht unterkriegen lässt, auch wenn er geschwächt ist und sich manchmal vor Magenschmerzen krümmt – von einem Klinikum lässt er sich nicht langweilen. Und so fasst Axel einen Beschluss: Er verlässt seine weiße Zelle und sucht nach etwas Abwechslung. Na, wenn er nur gewusst hätte, in welches Abenteuer sich da noch stürzen würde ...

Axel war klug genug, sich heimlich in Alltagsklamotten zu werfen, um weitgehend unbemerkt durch die eintönigen Gänge der unüberschaubar großen Klinik zu schlendern. Alles, was der Junge eigentlich wollte, war, einen Weg nach draußen zu finden, etwas spazieren gehen und rechtzeitig zurückkehren, noch bevor jemand sein Wegbleiben bemerke und ihn suchen ging. Der Plan hätte ja sogar aufgehen können, hätte er sich nicht schon nach wenigen Minuten verlaufen. Jetzt raste er schon förmlich durch die Gänge, versuchte, einen kühlen Kopf zu bewahren und ja nicht aufzufallen.

Was jetzt? Jemanden fragen?

Das kam für den mutigen Axel definitiv nicht infrage, schließlich nahm er alles selber in die Hand und ließ sich sehr ungern helfen. Ihm zugutekam das Glück, dass an diesem Dienstag ungewöhnlich wenig los war und er sich so keinem großen Publikum aussetzen musste. Er durchlief Dutzende Türen, hastete durch etliche Gänge, aber kein Ausweg war in Sicht. Die Informationstafeln an jeder Ecke waren auch nicht sehr hilfreich, zu kompliziert die ganzen Wegbeschreibungen. Diese blöde Erwachsenensprache!

Es könnte oft so viel einfacher sein, sich zu verständigen ...

Und dann geschah das, was er erst nicht glauben wollte. Am anderen Ende eines weiteren Korridors stand plötzlich ein in einen riesigen Mantel gehüllter Mann, auf seinem Haupt ein kaffeebrauner Hut mit gigantischer Krempe, mit dem Rücken zu Axel. Als ob das nicht schon verdächtig genug gewesen wäre, hielt der groß gebaute Mann ein Messer, nein, ein Skalpell in seiner linken Hand. Woher er das hatte? Er hatte es offensichtlich geklaut ... Die mysteriöse Gestalt schaute sich zwar um, vergaß aber, nach hinten zu schauen – ein großes Glück für Axel. Allgegenwärtig dachte dieser nämlich nur noch eines: „Verfolgen!“

Axel war ein Meister im unauffälligen Verfolgen, dachte er zumindest. Er ging dem Mann hinterher, Gang für Gang, und dachte, nicht bemerkt worden zu sein, doch dann bliebt der Mann ganz plötzlich stehen und unserem Junior-Detektiv gefror das Blut in den Adern. Ob ihn seine Schritte, die vielleicht doch nicht so leise gewesen waren, wie er gedacht hat, verraten hatten?

Der Mann drehte sich ganz langsam um. Zum Vorschein kam ein durch eine große Sonnenbrille verhülltes Gesicht, die Hutkrempe bis in die Stirn gezogen. Ein grauer Stoppelbart wuchs rund um den ungewöhnlich roten Mund des Unbekannten, der sich jetzt mit langsamen Schritten auf Axel zu bewegte, während unser mutiger Patient in Jeans und T-Shirt wie angewurzelt noch immer auf haargenau demselben Platz stand.

Der Fremde vermochte eine ganz gewisse Kraft auszuüben, eine, die Axel zu versteinern wusste. Doch dann kam der rettende Gedanke. „Lauf!“, schoss es ihm durch den Kopf, während der Koloss bereits die Hand, in der er das Messer hielt, hochhob. Eine Verfolgungsjagd begann, die der geschwächte Axel sicherlich nicht für sich hätte entscheiden können, wäre da nicht plötzlich ein ordentlicher Aufprall und ein metallenes Klirren zu hören gewesen. Unser verzweifelter Axel blieb zwar stehen, konnte sich aber unter keinen Umständen umdrehen.

Stille.

Diese wurde von einer warmen, aber sehr tiefen Stimme unterbrochen „Axel Juranek?“

Wusste der gefährliche Unbekannte etwa auch schon, wie Axel hieß? Reflexartig drehte sich der mutige Junge um und ... erblickte den im Mantel umhüllten Mann auf dem Boden, überwältigt von einem Polizisten, hinter dieser Szenerie eine Krankenschwester mit einem weiteren Polizisten.

„Wir haben ihn überwältigt, stellen ihn an der Wache ab“, raunte der zweite Polizist in seine Jacke. „Glückwunsch, kleiner Ausreißer.“

Axel konnte nur staunen.

„Dank dir sind wir einer heißen Spur auf die Schliche gekommen.“

Die Sonnenbrille des Fremden wurde vom ersten Polizisten abgenommen, erboste, tiefblaue Augen schauten Axel erzürnt an. Schließlich brach Axel zusammen, die Besinnung verlierend ...

Später sollte sich herausstellen, dass der Fremde Markus Achter war, ein von der Polizei gesuchter Verbrecher, berüchtigt für seine gefährlichen und fahrlässigen Taten, etwa ein geplanter Mord an einem der Ärzte in einer unscheinbaren Klinik, an einem ebenfalls so ordinären Dienstag ...

Ernad, aus Linz, Österreich

Die Krimizimmerei

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