Читать книгу Adel verpflichtet - Martina Winkelhofer - Страница 18
Оглавление»Liebe ist nur etwas für Stubenmädeln«,28 hieß es für eine Komtess. Nicht persönliches Glück sollte das Ziel ihrer Heirat sein, sondern sie sollte sozusagen in einen, zu ihrem Stand passenden Aufgaben- und Wirkungsbereich einheiraten.29 Was die verwandtschaftliche Ehe betraf, waren Heiraten zwischen Cousins ersten Grades zwar nicht erste Wahl, von manchen Familien auch nicht gewünscht, aber auch nicht tabu. Es kursierte zwar im Adel der Spruch »Geschwisterkinder-Heirath – taubstumme Kinder«,30 aber oft schob man dieses Argument eher vor, wenn man unliebsamen Verbindungen aus dem Weg gehen wollte, ohne sich deklarieren zu müssen. Unpassend fand man Verwandtenehen nicht – und allemal besser als Ehen mit Männern, die nicht als lupenreine Aristokraten galten.
Für den Hochadel waren schon die Söhne vieler ungarischer Landedelfamilien, mochten diese auch als sehr alt gelten, keine geeigneten Heiratskandidaten. Wollte sich eine Komtess mit solch einem rangniedrigeren Mann vermählen, beziehungsweise wagte es etwa ein Mann, der nicht fürstlichen Geblüts war, um die Hand einer Prinzessin anzuhalten, so war die Empörung groß. Als sich Prinzessin Mary Hohenlohe-Bartenstein in den ungarischen Grafen Albert von Lonyay verliebte, der nicht im Gothaischen Almanach zu finden war und deshalb als »untituliert« galt, ja der nicht einmal Erbe des Familienvermögens war, und die Mutter um ihre Erlaubnis zur Heirat bat, brach ein Donnerwetter an Vorwürfen auf das junge Mädchen ein. Schließlich schleuderte ihr die Mutter in ihrer übergroßen Erregung entgegen: »Wie denkst du dir das eigentlich? Da wird man dich am Ende gar noch mit ›Gnädige Frau‹ ansprechen müssen!«31 Prinzessin Mary, die sich weigerte, einen anderen Mann zu heiraten, musste schwer dafür bezahlen. Die Eltern verweigerten ihre Zustimmung und erschienen, wie auch der Bruder, nicht zur Trauung. Nach der Trauung in einer einfachen Landkapelle durfte die Braut, die »nach unten« und gegen den Willen der Eltern geheiratet hatte, nicht die Familienequipage verwenden, um zum Bahnhof zu kommen – ein Bauernfahrwerk brachte die Neuvermählten zur Station: ein mehr als deutliches Zeichen einer gesellschaftlichen Verurteilung.32