Читать книгу Adel verpflichtet - Martina Winkelhofer - Страница 20
ОглавлениеEhen mit Bürgerlichen waren für Aristokratinnen nicht nur unpassend, sondern in der damaligen »Ersten Gesellschaft« geradezu unvorstellbar. Es ist aus dem Hochadel kein Fall bekannt, dass einer jungen Aristokratin eine Ehe mit einem Bürgerlichen bewilligt worden wäre. Es stellt sich natürlich auch die Frage, ob eine solche Heirat für die jungen Frauen selbst überhaupt vorstellbar war – sie hatten schließlich niemals die Möglichkeit, Männer kennenzulernen, die nicht aus ihren Kreisen kamen.
Ganz anders verhielt es sich bei den Männern. Diese hatten nicht nur die Gelegenheit, Frauen außerhalb ihres Standes kennen zu lernen, sondern auch wesentlich mehr Chancen, eine unstandesgemäße Liebesheirat durchzusetzen. Heirateten sie allerdings schon außerhalb ihres Standes, so entschieden sich die Männer oft nicht für Bürgers- oder Industriellentöchter, sondern gleich für Künstlerinnen. Die Zahl derer, die sich über alle Konventionen hinwegsetzten und Schauspielerinnen oder Sängerinnen heirateten, war gar nicht so gering. So heiratete die Burgschauspielerin Buska den Grafen Josef Török, die Schauspielerin Janisch den Diplomaten Graf Ludwig Arco33, die Starschauspielerin Charlotte Wolter den Grafen O’Sullivan de Grasse und die berühmte Sängerin Marie Taglioni einen Grafen Windisch-Graetz.34 Als die Gesellschaft wieder einmal von unfürstlichen Heiratsplänen überrascht wurde, ätzte Graf Eugen Czernin: »Drei Prinzen Thurn u. Taxis heiraten Theaterdamen, wie jetzt Mode unter den Fürsten!«35 Keine drei Monate später aber findet sich bei Czernin eine Tagebucheintragung, die andeutet, wie aristokratische Familien solche Heiratspläne zu beenden wussten. Czernin schreibt, dass es nun doch keine Heiraten gäbe, »aber hohe Zahlungen an die Bräute!«36 Für die ungewöhnlichste Verbindung sorgte aber definitiv Graf Vaclav Kaunitz, der in zweiter Ehe mit einer Köchin verheiratet war. Schon die erste Ehe des Grafen Kaunitz mit der bürgerlichen Josefina Cermakova war äußerst ungewöhnlich. Erwähnenswert ist, dass Graf Kaunitz einen später berühmt gewordenen Konkurrenten um die Hand der hübschen Josefina gebeten hatte. Nämlich den Komponisten Antonín Dvořák, der sich, nachdem ihm der Graf seine Angebetete ausgespannt hatte mit deren jüngerer Schwester vermählte.