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»Adel verpflichtet« – Wozu?
ОглавлениеDieses Buch beleuchtet die persönliche und gesellschaftliche Lebenswelt adeliger Damen in der ausklingenden Donaumonarchie. Es will aber – wie der Titel verraten soll – nicht nur die besonderen Rechte, die Frauen adeliger Abstammung im Zeitalter Kaiser Franz Josephs genossen, sondern insbesondere auch die Pflichten beschreiben, in die diese oft herausragenden Persönlichkeiten gebunden waren. Dabei zeigen sich die Besonderheiten einer versunkenen Welt. Einer Welt, deren Beurteilung aus späterer Sicht oft recht radikal zwischen nostalgischer Verklärung – ja Kitsch – und scharfer Verurteilung schwankt. Hier einen etwas nüchternen Zugang zu ermöglichen, ist Ziel dieser Arbeit.
Österreichische Adelsgeschichte ist ein Stiefkind der Geschichtsforschung. An einem Mangel an historischen Quellen können diese weißen Flecken in der Geschichtsforschung wohl nicht liegen (eher schon an dem, oben angesprochenen, schwarz/weiß-Zugang zu diesem Thema). Gerade die Quellen über den Adel sind nämlich überreich – eine Folge der privilegierten Stellung dieser Gesellschaftsgruppe, die im Gegensatz zu anderen Gruppen die Möglichkeit, die Mittel und die Muße hatte, Schriftquellen zu verfassen und zu archivieren.
Wenn nun aber schon die allgemeine Geschichte des Adels im 19. Jahrhundert kaum bearbeitet ist, so liegt die Geschichte der Frauen des Adels völlig im Dunkeln. Mit dem immer stärker werdenden Interesse an »Alltagsgeschichte«, sowohl von Seiten der historisch interessierten Leserschaft, als auch der Wissenschaft, rückt nun aber auch das Interesse an historischen »Frauenleben« zunehmend stärker in den Vordergrund. Für dieses Buch wurden daher in jahrelanger Archivarbeit Briefe, Korrespondenzen, Tagebücher und andere Aufzeichnungen bedeutender aristokratischer Zeitzeuginnen gesichtet, beurteilt und verarbeitet.
Daraus ergibt sich ein Bild, das das Leben einer Frau in der österreichischen Aristokratie zu Zeiten Kaiser Franz Josephs, gemessen an heutigen Maßstäben, durch extreme Gegensätzlichkeiten gekennzeichnet zeigt. Die Frauen lebten zwischen äußerlichem – teilweise unermesslichem – Reichtum und gleichzeitig einer extrem beengten persönlichen Lebenswelt. Bildlich gesprochen stand der Weitläufigkeit der adeligen Güter eine enge gesellschaftliche und familiäre Rolle in einer Männerwelt gegenüber.
Dieses Buch zeichnet die wichtigsten Stationen eines »standesgemäßen« adeligen Frauenlebens von Kindheit und Jugend über Heirat und Familie bis zu Alter und Tod nach und stellt sie in den historischen Rahmen der ausklingenden Donaumonarchie. An vielen Stellen kommen dabei – in Form von Zitaten – die Protagonistinnen selbst zu Wort und vermitteln so ein lebhaftes Bild des adeligen Frauenalltags zu jener Zeit. So ersteht eine Welt wieder auf, die es nicht mehr gibt, deren positive Werte, wie auch negative Seiten jedoch durchaus in der heutigen Zeit noch lehrreich sein können.
Wien, 2009