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c) Die Leistungsverwaltung

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Die zunehmende Prosperität der sog. Wirtschaftswunderjahre und die in dieser Zeit angehäuften Überschüsse in den öffentlichen Haushalten ermöglichten einen substantiellen Ausbau der Leistungsverwaltung: Das Sozialhilferecht wurde kodifiziert,[216] eine staatliche Studien- und Ausbildungsförderung eingeführt,[217] das Kindergeld in staatliche Regie übernommen,[218] staatliche Anreize für die Vermögensbildung gesetzt[219] und nicht zuletzt auch Subventionen in großem Umfang vergeben.[220] Allerdings gilt das Sozialrecht als eine eigene, weitgehend verselbständigte Submaterie und bildet eine Disziplin, welche auf die Entwicklung des Verwaltungsrechts im Ganzen nur wenig Einfluss nahm, anders als etwa in Schweden oder im Vereinigten Königreich.[221]

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Die auf das Rechtsverständnis insgesamt ausstrahlende dogmatische Verarbeitung des Sozialstaates erfolgte maßgeblich in verfassungsrechtlichen Kategorien. Diese waren, da auf die Eingriffsverwaltung ausgerichtet, auf die Leistungsverwaltung nur ungenügend vorbereitet, ungeachtet einer Reihe von Arbeiten seit dem Ende des 19. Jahrhunderts.[222] Der Vorbehalt des Gesetzes in der Leistungsverwaltung wie auch die Funktion der Grundrechte im Leistungsstaat waren wenig erforscht. So wusste man lange Zeit etwa nicht genau, ob und inwieweit die Grundrechte originäre Teilhaberechte darstellen[223] und beispielsweise einen Anspruch auf Schaffung neuer Studienplätze[224] verbürgen.

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Zwar setzte sich hier Mitte der 1970er Jahre die Auffassung durch, dass die Grundrechte – von Ausnahmefällen abgesehen – keine originären Teilhaberechte verbürgen, sondern dass es Aufgabe des Gesetzgebers ist, bei der Ausgestaltung der objektiven Dimension der Grundrechte auch über eventuelle – derivative – Leistungsansprüche zu entscheiden; unter formell-rechtsstaatlicher Perspektive misslang die Konsolidierung der Leistungsverwaltung jedoch weitgehend. Noch heute ist umstritten, ob die Vergabe von Subventionen dem Vorbehalt des Gesetzes unterliegt; h.M. und Rechtsprechung gehen davon aus, dass nur Eingriffe in Freiheit und Eigentum bzw. „wesentliche“ Regelungen diesem Erfordernis unterliegen, nicht aber der gesamte Bereich der Leistungsverwaltung.[225] Die Vergabe von Subventionen bzw. Zuwendungen (§ 23 Bundeshaushaltsordnung) erweitere die Rechtssphäre der Empfänger und beeinträchtige sie nicht. Daher genügen insoweit noch immer die generelle Bereitstellung staatlicher Mittel in Haushaltsplan und Haushaltsgesetz.[226] Dass derartige Begünstigungen in der Regel in multipolare Verwaltungsrechtsverhältnisse eingebettet sind, an denen neben dem Staat und dem Subventionsempfänger auch Dritte beteiligt sind, und diese nachteilig betroffen werden, ist zwar präsent.[227] Harte Konsequenzen werden daraus jedoch zumeist nicht gezogen.[228]

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