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b) Staatskirchenrechtliche Artikel
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Als weiterer zentraler Streitpunkt schälte sich, wenig überraschend, die Frage heraus, ob und inwieweit das Grundgesetz überhaupt Regelungen bezüglich der Rechtsstellung von Kirchen und Religionsgesellschaften enthalten sollte. Der Herrenchiemseer Konvent hatte hierzu geschwiegen. Im Parlamentarischen Rat „prallten die weltanschaulichen Gegensätze so heftig und anscheinend unüberbrückbar aufeinander, daß zeitweise eine Gefährdung des gesamten Verfassungswerks zu besorgen war“[146]. Ähnlich wie schon in Weimar standen sich Vorstellungen der den Kirchen nahestehenden Parteien einerseits, der SPD und der KPD andererseits annähernd unversöhnlich gegenüber.[147] Die rechten Parteien strebten volles Selbstbestimmungsrecht, Ausschluss der Staatsaufsicht, Körperschaftsstatus sowie Garantien kirchlichen Eigentums und staatlicher Leistungen an, während die Linke auf eine deutliche Entflechtung von Staat und Kirche und deren Einordnung in das allgemeine Verbandsrecht zielte und darauf verwies, dass nach dem Vorbild der Kirchen auch andere soziale Gruppen (gemeint waren wohl die Gewerkschaften) Ansprüche auf entsprechend privilegierte Ausgestaltung ihres Tätigkeitsfeldes erheben könnten.[148] Wie in Weimar gaben letztlich die Liberalen den Ausschlag, indem sie die Übernahme des dort gefundenen Kompromisses und die Inkorporation der Weimarer Artikel in das Grundgesetz vorschlugen, was sich letztlich in Gestalt des Art. 140 GG durchsetzte.[149] Versuche, einzelne Regelungen herauszubrechen,[150] scheiterten; andererseits blieb auch der Hinweis der SPD, dass „alle anderen früher verfassungsrechtlich garantierten Rechte auf dem Gebiet der Wirtschafts- und Sozialordnung unter den Tisch“ gefallen seien,[151] ohne durchschlagenden Erfolg. Die noch einmal besonders schwierige und kontroverse Frage der Weitergeltung des Reichskonkordats und anderer staatskirchenrechtlicher Verträge wurde in Gestalt des Art. 123 Abs. 2 GG einer eher unbefriedigenden Lösung zugeführt.[152]