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1. Verfassungsentwicklung in zweierlei Gestalt

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Ungeachtet ihrer Fundierungs- und Stabilisierungsfunktion durchlaufen Verfassungen bestimmte Entwicklungen, verändern sich, werden umgebaut und müssen sich neuen Umständen anpassen. Das ist normal und unausweichlich. Stabilität bedeutet nicht Unveränderlichkeit. Offen und nicht zwingend vorgegeben aber ist, ob und inwieweit eine Verfassung solche Prozesse ihrerseits zu kanalisieren und zu institutionalisieren sucht. Die auf Bryce[166] zurückgehende begriffliche Dichotomie von flexiblen und rigiden Verfassungen unterschied vor allem danach, ob der Veränderungsprozess ganz in die Hände der gesetzgebenden Organe gelegt ist oder einem eigenen Regime unterliegt, das die Verfassung vom einfachen Gesetzesrecht abhebt. Da heute fast alle Verfassungsstaaten dieser Welt die Verfassungsänderung erschweren,[167] läuft die überkommene Unterscheidung als kategoriale weitgehend leer.

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Beim Grundgesetz handelt es sich wegen der „Ewigkeitsklausel“ des Art. 79 Abs. 3 GG (siehe oben, Rn. 28) in gewisser Weise um eine besonders rigide Verfassung. Es kennt aber daneben selbstverständlich auch das förmliche Verfahren der Verfassungsänderung, von dem sehr häufig Gebrauch gemacht worden ist (dazu unten, Rn. 43ff.). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es Fortentwicklungen der Verfassung ohne förmliche Textänderungen gibt. Solcher Verfassungswandel kann durchaus durchgreifende Folgen haben (dazu unten, Rn. 47). „Verfassungsentwicklung“ lässt sich so als Oberbegriff für formelle Verfassungsänderungen und stillen Verfassungswandel konzipieren.[168]

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