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„Hierauf schickte König Gunthramn zu seinem Neffen Childebert Gesandte, trug ihm Freundschaft an und wünschte ihn zu sehen. Da kam dieser mit seinen Großen zu ihm, und bei der Brücke, die man die Steinerne nennt, kamen sie zusammen und grüßten und küßten sich gegenseitig. Es sprach aber König Gunthramn: ‚Es ist meiner Sünden Schuld, daß ich jetzt ohne Kinder dastehe, und deshalb wünsche ich, diesen meinen Neffen zu meinem Sohne anzunehmen.‘ Und indem er ihn auf seinen eigenen Thron setzte, übergab er ihm das gesamte Reich und sprach: ‚Ein Schild schirme, ein Speer verteidige uns. Und wenn ich noch Söhne bekommen sollte, will ich dich doch gleich wie einen von ihnen halten, und dieselbe Liebe soll mich mit dir und mit ihnen verbinden, die ich dir heute hier vor Gottes Angesicht gelobe.‘ Die Großen Childeberts aber gelobten für ihn das gleiche. Und sie aßen und tranken zusammen und ehrten sich durch wertvolle Geschenke; dann schieden sie in Frieden und schickten Gesandte an Chilperich, er solle ihnen zurückgeben, was er ihren Reichen entzogen hätte, sollte er sich dessen weigern, so möge er ihnen den Kampfplatz bestimmen“ (Gregor, Historiae V, 17, S. 216; Übers.: BUCHNER, Bd. 1, S. 309/311).

Mit dieser Thronerhebung setzte Gunthram seinen Neffen Childebert als Sohn und Erben ein. Allerdings wird auch deutlich, dass die Großen des minderjährigen Königs die eigentlichen Vertragspartner des burgundischen Königs waren. Ihre Regentschaft für Childebert wurde von der Abmachung im Übrigen nicht tangiert. Vor allem ging es in dieser Abmachung um ein Bündnis gegen Chilperich, weshalb Gunthram sich auch berechtigt sah, die Erbansprüche seines Bruders beiseite zu schieben. Freilich opponierten auch manche austrasische Große gegen die Politik der Anlehnung an Gunthram. Ihr Führer war Bischof (und Metropolit) Aegidius von Reims, dessen Kirchenprovinz sich weit bis in Chilperichs Herrschaftsbereich erstreckte. Als 581 der Hausmeier Gogo starb und sein Nachfolger Wandalenus eine politische Kehrtwende vollzog, verlor Brunichilde jeden Einfluss auf die Regierung, und im Namen ihres Sohnes wurde nun ein Bündnis mit ihrem Erzfeind Chilperich geschlossen. Dessen Söhne waren inzwischen alle verstorben, so dass auch er seinen Neffen Childebert zum Erben einsetzen konnte. Die Gruppe um Aegidius von Reims hatte jedoch ihre Macht überschätzt: Als zwei Jahre später der verabredete Feldzug gegen Gunthram beginnen sollte, rebellierten große Teile von Childeberts Heer gegen die Regenten. Erneut kam es zu einem Umschwung: Childebert näherte sich wieder seinem Onkel und Adoptivvater Gunthram an, und seine Mutter Brunichilde gewann ihren Einfluss zurück.

Anscheinend waren weite Teile des Adels mit den dauernden Auseinandersetzungen zwischen den Merowingern unzufrieden. Es kam daher zu einer Verschwörung, der Chilperich im Herbst 584 zum Opfer fiel. Von seinen insgesamt acht Söhnen hat nur einer den Vater überlebt: Es handelte sich um ein kaum vier Monate altes männliches Kind, das seine Mutter Fredegunde zum König erheben wollte. Ihre Situation war schwierig, denn viele Anhänger des ermordeten Chilperich liefen zu Childebert über. Daher wandte sich Fredegunde mit der Bitte an Gunthram, ihren Sohn anzuerkennen. Ungefähr gleichzeitig versammelten sich ihre verbliebenen Getreuen, um das Kind zum König zu erheben. Bezeichnenderweise waren es auch diese Adligen, die ihm den Namen Chlothar gaben und damit seine Zugehörigkeit zur merowingischen Familie betonten. Dies war auch nötig, denn allem Anschein nach bezweifelte zumindest Gunthram die legitime Geburt des kleinen Chlothar. Schließlich sah sich Fredegunde gezwungen, die Ehelichkeit ihres Sohnes zu beeiden. Es war der Bedeutung der Angelegenheit angemessen, dass sie dabei von drei Bischöfen und 300 Adligen als Eideshelfern unterstützt wurde. So sicherte die Solidarität des neustrischen Adels mit seinem jungen König dessen Überleben und damit auch das Fortbestehen dieses Teilreichs.

Politisch näher standen sich Gunthram und Childebert, die 586 im Vertrag von Andelot einen Ausgleich über ihre jeweiligen territorialen Ansprüche fanden. Als Gunthram 592 starb, ging daher auch sein burgundisches Teilreich anstandslos auf seinen Neffen Childebert II. über. Es grenzt an ein Wunder, dass Chlothar II. sich gegen dessen Übermacht überhaupt behaupten konnte. Ein wichtiger Faktor dabei war sicherlich, dass Childebert II. seinerseits bereits 596 starb und Austrasien und Burgund wieder voneinander getrennt wurden, da er zwei Söhne, Theudebert II. und Theuderich II., hinterließ. Vielleicht hätte Theudebert II. sogar Alleinerbe sein sollen, aber der burgundische Adel setzte wohl gegen die Absichten Brunichildes eine Teilung durch. Die Großmutter der beiden Könige entschied sich daher, Theudebert zur Seite zu stehen. Sie wurde jedoch 599 von den mit ihr unzufriedenen austrasischen Großen vertrieben und begab sich zu ihrem jüngeren Enkel Theuderich. Trotz dieser Spannungen einte der Gegensatz zu Chlothar II. die beiden Brüder auch weiterhin. Im Jahr 600 errangen sie einen entscheidenden Sieg über ihren Vetter und reduzierten dessen Machtbereich auf zwölf Gaue im Norden rund um Rouen, Beauvais und Amiens.

Mit diesem Sieg war dann allerdings auch die Einigkeit der beiden Brüder vorbei. Zunächst kam es vor allem im Elsass und in Alemannien zu Grenzstreitigkeiten. Schließlich versuchten sie sogar, sich gegenseitig aus ihren Reichen zu verdrängen. Am Ende setzte sich Theuderich II. durch: Er besiegte 612 seinen Bruder Theudebert II. bei Zülpich entscheidend und löschte kurzerhand dessen ganze Familie aus. Schon ein Jahr später starb auch Theuderich während eines Feldzuges gegen Chlothar II. und hinterließ nur minderjährige Söhne. Einen von ihnen erhob die Urgroßmutter Brunichilde unter dem Namen Sigibert II. auf den Thron des vereinten austrasisch-burgundischen Reiches. Damit erregte sie jedoch den Unmut des austrasischen Adels, der eine Vorherrschaft des burgundischen Reichsteils fürchtete. Daher riefen seine führenden Vertreter den neustrischen König Chlothar II. ins Land, der sich sofort anschickte, den verfeindeten Familienzweig zu bekriegen. Auch viele frankoburgundische Große wechselten daraufhin die Fronten und ermöglichten Chlothar so einen kampflosen Triumph über seine Feinde. Der Sieger ließ die Söhne Theuderichs umbringen und verschonte nur sein Patenkind Merowech. Auf besonders grausame Weise wurde Brunichilde hingerichtet, weil Chlothar ihr die Schuld für sämtliche Bluttaten in der Königsfamilie seit 575 gab.

Merowinger und Karolinger

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