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10. Das Absolute als Person

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So kommen wir zurück zu der oben zurückgestellten Frage, ob es möglich ist, dass der letzte Grund von allem und das Absolute, das in allem gegenwärtig „da“ ist, sich auch ausdrücklich, explizit und „persönlich“ in dieser Welt zeigen kann. Und da muss man sagen: Genau davon geht das Volk Israel aus, dass der letzte Grund von allem, das ewige Schweigen, das Absolute und das Unerklärliche sich selbst in dieser Welt gezeigt hat. Das ist die eigentliche Revolution in der Religionsgeschichte. Es sind nicht mehr die vielen Götter, die die Menschen sich entworfen haben (selbst wenn ihre Vorstellungen schon von einem göttlichen Geist getrieben waren), es sind auch nicht mehr die „falschen Gottesbilder“, die der Mensch sich gemacht hat, sondern es ist der eine Gott Jahwe selbst, der aus seiner dunklen Verborgenheit ans Licht tritt. Er allein hat die Macht, sich selbst zu zeigen und damit alle anderen Vorstellungen von Gott, die der Mensch sich macht, zu übertreffen. Er übertrifft alle Vorstellungen des Menschen von ihm und verkehrt sie zum Teil sogar ins Gegenteil.

Dieser letzte Grund spricht und handelt. Er bewirkt etwas. Insofern hat er Züge, die dem Menschen bekannt sind. Was sprechen und handeln heißt, weiß der Mensch aus seiner eigenen Erfahrung. So ist dieser Gott „bekannt“ und unbekannt zugleich, er ist dem Menschen nah, indem er spricht und handelt, und er ist fern und unverständlich zugleich. Dieser Gott ist Geist und er bewirkt etwas: Er schafft die Welt und schafft Ordnung: „Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde; die Erde aber war wüst und wirr, Finsternis lag über der Urflut, und Gottes Geist schwebte über dem Wasser.“ (Gen 1, 1) Der Geist Gottes schwebte über den Wassern wie eine Henne über ihren Eiern brütet. So wurde aus dem Tohuwabohu (das griechische Wort dafür ist Chaos) eine geordnete Welt. Es wurde aus dem Nichts etwas ins Sein gesetzt (creatio ex nihilo), und aus dem Chaos Ordnung geschaffen.

Durch Gottes Wort, durch seinen Logos („Logos“ heißt Wort, aber auch Logik, Sinn, Urvernunft) wird etwas ins Sein gesetzt: „Gott sprach: Es werde Licht. Und es wurde Licht.“ (Gen 1, 3)14 Dieser göttliche Geist ist also der Urheber und Urgrund des Seins, er ist Logik, Vernunft und Wort, er hat aber auch Emotionen. Er spricht und denkt, aber er zürnt auch (Gen 6, 6) und hat Gefallen an etwas. Damit ist er auch Urheber des menschlichen Geistes, genauer des Menschen als Ganzes mit seinem Denken und Fühlen. Er hat diese Welt hervorgebracht in dem, was Schöpfung genannt wird.

Der Gott Jahwe wird also gesehen als jemand, der spricht, der handelt, der etwas bewirkt und so der Urheber von allem ist. Er ist der Schöpfer, er versteht sich aus sich selbst heraus, er ist ohne Anfang und ohne Ende, aber er kann Anfang und Ende, Raum und Zeit setzen, und so hat die endliche Welt einen Beginn und wohl auch ein Ende. Ebenso hat das Leben des einzelnen Menschen einen Beginn und ein Ende. So ist die Auffassung von Raum und Zeit von einer gewissen Linearität geprägt (Anfang, Beginn und Ende), während asiatische Reinkarnationslehren eher eine zirkuläre Zeitauffassung vertreten.

Die jüdische Auffassung dessen, den die Juden Jahwe nennen, ist jene eines personalen Gegenübers, das sich aus sich selbst heraus versteht, das aus sich selbst heraustritt und den Menschen anspricht, so dass der Mensch umgekehrt auch ihn ansprechen kann. Der Mensch kann zu diesem Gott beten, er kann ihn anbeten, anrufen und verherrlichen, er kann ihm aber auch seine Not, sein Wehklagen und sein Hadern entgegenbringen. Die Psalmen im Alten Testament geben davon Zeugnis.

Glauben - Wie geht das?

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