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Teil A
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Der Hinweg
zum Christentum


I. Die Perspektive des Menschen

Der Mensch kommt ganz nackt zur Welt. Er ist nicht gefragt worden, ob er leben will. Niemand ist gefragt worden. Er muss dieses Leben leben, ob er will oder nicht. Er kann sich das Leben auch nehmen. Mancher tut dies, weil er mit ihm nicht zurechtkommt. Die meisten Menschen nehmen das Leben aber an. Zunächst hat der Mensch keine Wahl. Er wird ins Leben hingeworfen, er ist der Geworfene, wie Heidegger sagt. Der junge Mensch ist hilflos und auf andere Menschen angewiesen. Er kommt viel zu früh auf die Welt. Er ist eine physiologische Frühgeburt9. Das heißt, er müsste aufgrund seiner Komplexität etwa zwei Jahre im Mutterbauch heranreifen, um einigermaßen „fertig“ für die Geburt zu sein.

Aber er kommt bereits nach neun Monaten auf die Welt. Daher ist er ganz unreif. Die Mutter und die Eltern müssen ihm helfen, zu überleben und ins Leben zu finden. Zum Überleben und zum Leben genügt es auf Dauer nicht, ihm nur zu essen zu geben. Jemand muss mit dem Kind sprechen und es anschauen. Ein Kind, das zwar ernährt wird, aber mit dem niemand spricht und das von niemandem berührt wird, stirbt. Der Mensch braucht Zuwendung, Gespräch, Kontakt, Liebe. Im Laufe seines Lebens sollte der Einzelne vom rein physischen Überleben zu einem eigenen Leben kommen und letztlich zu einem Leben in Fülle. Dieser Weg vom Überleben zum wirklichen Leben ist ein langer Reifungsprozess.

Der Mensch kommt zunächst vom Du der Eltern her zum Ich. Die Eltern haben ihn gezeugt. Das Kind kommt vom anderen Menschen her zum Leben, es wird ernährt und lernt vom anderen. Es wird angesprochen und ant-wortet. Es spricht selbst zunächst nicht und später aus der Perspektive des Du: „Paul Auto putt macht.“ Erst dann kommt das Kind langsam vom Du zum Ich, vom Du-sagen zum Ich-sagen. Es wird angesprochen und angeblickt. Es ant-wortet und blickt zurück. Es ist ein Gegen-worter und ein Gegen-blicker. Es bekommt mehr und mehr Ver-ant-wort-ung und hat ein Ant-litz („litz“ heißt blicken, also gegen-blicken). Auch die Mutter hat ein Antlitz, ein Gesicht. Mutter und Kind blicken einander an. Ein Dialog beginnt: von Ant-litz zu Antlitz, von Angesicht zu Angesicht, von Wort zu Gegen-Wort (Ant-Wort). Mit diesem Dialog wird das Kind schrittweise in das Phänomen der Beziehung eingeführt, es wird zu einem sozialen Wesen herangebildet und sozialisiert. Es kann nur in der Gruppe überleben, allein ist es verloren.

Das Kind reift heran, lernt laufen und sprechen, es lernt, sich in die Gemeinschaft einzufügen. Bei den ersten Versuchen, das Laufen zu lernen, ist es noch unsicher. Es fällt hin und steht wieder auf. Der Schmerz des Hinfallens lässt es aufmerksamer werden. Es will den Schmerz vermeiden und lernt so durch Übung und mehr Aufmerksamkeit das Laufen. Später lernt es Lesen und Schreiben, auch das oft durch Versuch und Irrtum. In all diesen Lernprozessen muss es sich mit dem Leben, mit sich selbst, den Eltern und mit anderen Kindern auseinandersetzen. Es stellt viele Fragen und wird immer wieder in Frage gestellt. Wenn es gut geht, bekommt es vernünftige Antworten und eine gute Atmosphäre, in der auch seine religiösen Fragen Platz haben. Oft aber bekommen Kinder keine Antworten und ihr Fragen endet. Sie hören einfach auf zu fragen. Wenn keine Antworten von den Eltern kommen, kommen sie entweder von anderen Menschen oder aus dem Internet. So versucht der junge Mensch, sich in der Welt zurechtzufinden. Er baut sich langsam „seine eigene Welt“.

Die Welt scheint in der virtuellen Welt des Internet grenzenlos zu sein. Im konkret vollzogenen Leben treten aber immer wieder Grenzen auf. Der Mensch erfährt sie schmerzlich. Er bekommt die Endlichkeit und Unvollkommenheit immer wieder zu spüren. Neben Glück und Freude erfährt er Krankheit, Leid, Mühsal, Scheitern, Tod. Angesicht dieser Erfahrungen stellt der junge Mensch oft schon früh die großen Warum-Fragen: Warum gibt es dieses Leid, warum Krankheit, warum Tod, warum überhaupt etwas und nicht vielmehr Nichts. (Leibniz) Warum gibt es mich, und was ist der Sinn meines Lebens?10 Wenn der junge Mensch Glück hat, können ihm seine Eltern darauf einige Antworten geben oder kluge Rückfragen stellen. Oft aber gehen die Fragen ins Leere. Manchem wird das Fragen auch abgewöhnt.

In der Pubertät kommen andere Fragen hinzu. Während kleinere Kinder noch nach Antworten für das ganze Leben suchen und die großen „Warum-Fragen“ stellen, geht es jetzt um ganz alltägliche Dinge: Wann bekomme ich ein Handy, wie komme ich durch die Schule, wie ist das mit der ersten Liebe und wann kann ich den Führerschein machen? Später kommen andere Fragen hinzu: Wie finde ich den richtigen Beruf und den richtigen Lebenspartner? Der Mensch als Wesen der Frage ist ständig vom Leben herausgefordert und infrage gestellt. Er kann nach allem fragen, ist auf das ganze Sein hin offen, ja er kann sogar sich selbst zur Frage werden. „Ich bin mir zur Frage geworden“, so hat es Augustinus in einer wichtigen Umbruchsphase seines Lebens formuliert.

Glauben - Wie geht das?

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