Читать книгу Ein tödliches Komplott - Matthias Boden - Страница 3

Prolog Vereinigte Staaten, Portland (OR)

Оглавление

Schwa­ches Licht ei­ner wind­schie­fen Stra­ßen­la­ter­ne er­hell­te die Sze­ne­rie an ei­ner Um­ge­hungs­stra­ße. In ir­gend­ei­nem die­ser Fahr­zeu­ge soll­te ih­re Ziel­per­son sit­zen und war­ten. Schon seit ei­ni­gen Stun­den hat­te Vi­vi­an Bur­ge­ss die Stra­ße nicht aus den Au­gen ge­las­sen. Von ih­rem Kon­takt im Haupt­quar­tier hat­te sie er­fah­ren, dass die Über­ga­be ex­akt hier und heu­te über die Büh­ne ge­hen soll­te. Im­mer wie­der konn­te sie se­hen, dass Beu­tel aus Zel­lo­phan und Brief­um­schlä­ge so­wie Bar­geld den Be­sit­zer wech­sel­te. Das war hier nach Son­nen­un­ter­gang be­reits nor­mal, aber ihr Kon­takt sprach von ei­ner Men­ge, die nicht in ei­ne Tü­te pas­sen konn­te. Er hat­te ihr den Wert von über zehn Ki­lo­gramm ge­nannt, die heu­te den Be­sit­zer wech­seln wür­den.

Mit ih­rer Ka­me­ra und dem hoch­auf­lö­sen­den Ob­jek­tiv saß sie in si­che­rer Ent­fer­nung ver­steckt in ei­nem Jä­ger­un­ter­stand. So­gar ihr Ge­sicht hat­te sich vor­sorg­lich noch ein­mal ge­schwärzt, ob­wohl das ei­gent­lich nicht nö­tig ge­we­sen wä­re. Vi­vi­an war ein Misch­ling. Ih­re Mut­ter war ei­ne Afro­ame­ri­ka­ne­rin und ihr Va­ter ein Wei­ßer. Sie war des­we­gen eher so dun­kel­far­big wie ein Milch­kaf­fee und konn­te in die­ser Um­ge­bung bei den schlech­ten Licht­ver­hält­nis­sen nicht auf­fal­len. Selbst die Tie­re in­ter­es­sier­ten sich nicht für die ver­steck­te Ver­wal­tungs­an­ge­stell­te, die hier war­te­te.

End­lich sah sie dort un­weit der La­ter­ne einen völ­lig in schwarz ge­klei­de­ten Mann. Der lan­ge Man­tel war deut­lich zu auf­fäl­lig für die Jah­res­zeit. Zu viel Co­lum­bo ge­se­hen ver­mut­lich, aber das war hier nicht Los An­ge­les, son­dern Port­land. Die­se Agen­ten konn­ten aber auch nie wirk­lich un­auf­fäl­lig sein. Ihr soll­te es recht sein. Je ein­fa­cher er zu er­ken­nen war, um­so leich­ter für sie und ih­re Ka­me­ra die Über­ga­be im Bild fest­zu­hal­ten. Im­mer­hin hing sie jetzt schon fast drei Wo­chen an die­sem Auf­trag fest, weil er im­mer wie­der ver­scho­ben wur­de.

An­ge­fan­gen hat­te al­les mit ei­nem ein­fa­chen Brief in ih­rer Post. Ei­ne mys­te­ri­öse Bun­des­be­hör­de mit den drei Buch­sta­ben SNB hat­te sie an­ge­wor­ben die­sen Job für ihr Land zu er­le­di­gen. Sie be­kam al­les, was sie da­für brauch­te ge­stellt und dach­te nicht wei­ter dar­über nach. Ihr ers­ter Auf­trag war ein­fach ge­we­sen. Sie soll­te ein­fach nur mit ei­nem Zug nach San Fran­cis­co in Ka­li­for­ni­en fah­ren, dort einen blau­en Klein­wa­gen auf ei­nem Park­platz ei­nes Su­per­mark­tes ab­ho­len und ihn nach Port­land brin­gen. Dort soll­te sie den klei­nen Wa­gen ein­fach in ei­ner Sei­ten­stra­ße ab­stel­len, den Schlüs­sel auf dem rech­ten Hin­ter­rad ab­le­gen und sich aus dem Staub ma­chen. Be­kom­men hat­te sie da­für ne­ben ei­ner Fahr­kar­te für den Zug auch noch ei­ne Ver­gü­tung von 2000 Dol­lar.

Für sie als Be­rufs­an­fän­ge­rin aus ei­ner eher un­ter­pri­vi­le­gier­ten Ar­bei­ter­fa­mi­lie an der West­küs­te war das ein net­tes Zu­brot, das sie ger­ne in An­spruch ge­nom­men hat­te. Das Geld be­kam sie wie­der per Post an ih­re Adres­se ge­lie­fert. Kur­ze Zeit spä­ter be­kam sie ei­ne neue Auf­ga­be an­ge­bo­ten. Sie soll­te ein­fach nur ein Pa­ket an­neh­men und es dann in ei­nem Re­stau­rant bei der Gar­de­ro­be lie­gen las­sen. Als sie nach dem Es­sen, das ihr eben­falls nach­träg­lich be­zahlt wur­de, ih­ren Man­tel ab­ge­holt hat­te war das Pa­ket ein­fach ver­schwun­den. Trotz­dem be­kam sie pünkt­lich das ver­spro­che­ne Geld, in­klu­si­ve der Kos­ten des Abendes­sens.

Ihr drit­ter Auf­trag führ­te sie nach Salt La­ke Ci­ty, um einen Roll­kof­fer zu über­neh­men, den sie dann nach Eu­ge­ne in Ore­gon brin­gen soll­te. Da­zu muss­te sie ei­nes ih­rer Wo­che­n­en­den fast nur in Zü­gen ver­brin­gen, aber sie er­hielt da­für so­gar 5000 Dol­lar. Für das Geld ein Wo­che­n­en­de in ei­nem Zug zu ver­brin­gen war jetzt nicht ge­ra­de das schlech­tes­te, auch wenn das Schla­fen viel zu kurz kam. Trotz­dem lag das Geld für ih­re Diens­te wie­der voll­zäh­lig in ih­rem Brief­kas­ten. Was konn­te sie bes­se­res er­war­ten, als für klei­ne Trans­port­tä­tig­kei­ten schon ei­ni­ge tau­sen­de Dol­lar zu ver­die­nen? Vi­vi­an hat­te erst ih­re Aus­bil­dung ab­ge­schlos­sen und be­gann in ih­rem Be­ruf. Da konn­te man einen Ex­tra­ver­dienst schon gut ge­brau­chen.

Ihr jet­zi­ger Auf­trag war fast noch ein­fa­cher. Sie soll­te ein­fach nur mit der Ka­me­ra be­ob­ach­ten und auf kei­nen Fall ein­grei­fen, egal was auch pas­sier­te. Sie wuss­te, dass die Über­ga­be ir­gend­wann an die­sem Abend auf der Um­ge­hungs­stra­ße er­fol­gen muss­te. Man stell­te ihr die Ka­me­ra und ei­ne Spei­cher­kar­te zur Ver­fü­gung, die sie nach Er­le­di­gung auf ei­ner öf­fent­li­chen Toi­let­te im Stadt­zen­trum von Port­land de­po­nie­ren brauch­te. Jetzt saß sie schon seit mehr als zwei Stun­den in die­sem Busch und war­te­te. Es war nicht wirk­lich be­quem in die­sem Jä­ger­un­ter­stand und die Aus­sicht war auch nicht wirk­lich ei­ne Au­gen­wei­de, aber was soll­te sie bes­se­res ver­lan­gen.

End­lich pas­sier­te et­was wor­auf sie war­te­te. Der Mann in dem lan­gen Tren­ch­coat be­ob­ach­te­te die Fahr­zeu­ge und hielt sich eher in den dunklen Ecken der Stra­ße auf. Vi­via­ne hat­te ihn di­rekt auf dem klei­nen Bild­schirm ih­rer Ka­me­ra. Der jun­ge Typ sah gar nicht so übel aus. Er war un­ge­fähr in ih­rem Al­ter, hat­te ein schüch­ter­nes Auf­tre­ten, sah aber trotz­dem ziem­lich heiß aus. Hät­te er sie in ei­ner Bar an­ge­spro­chen wä­re sie nicht ab­ge­neigt ge­we­sen. So aber ge­hör­te er nur zu ei­nem Auf­trag und brach­te ihr Geld ein, wenn er denn end­lich das Pa­ket mit den 18 Ki­lo­gramm ab­ho­len wür­de.

Lang­sam trau­te er sich mal ein biss­chen mehr ins Licht was Vi­vi­an ver­an­lass­te mehr­fach den Aus­lö­ser ih­rer di­gi­ta­len Ka­me­ra mit dem Te­le­ob­jek­tiv zu drücken. Sie hat­te ihn ge­nau im Bild. Un­mög­lich ihn nicht ge­nau dar­auf zu er­ken­nen. Sei­ne kur­z­en schwar­zen Haa­re die in klei­nen Lo­cken an sei­nem Haupt kleb­ten wa­ren fast ex­akt zu er­ken­nen. Auch die klei­ne Nar­be un­ter sei­nem Kinn war deut­lich zu se­hen. Er hielt sich auf­fäl­lig im Schat­ten und blieb von den Men­schen fern, die dort an der Stra­ße stan­den. Scheu blick­te er sich um und be­weg­te sich dann vor­sich­tig im leich­ten Un­ter­holz des an­gren­zen­den Gra­bens die Stre­cke ent­lang. Er er­reich­te einen matt­schwar­zen Kom­bi und mach­te sich an der Heck­klap­pe zu schaf­fen. Das Ge­päck­fach schwang auf und er schnapp­te sich ein in dunkles Pa­pier ge­wi­ckel­tes Pa­ket. Sein Aus­druck ließ er­ken­nen, dass die­ses Päck­chen ziem­lich schwer war. Eng an sich ge­drückt mach­te der jun­ge Afro­ame­ri­ka­ner sich wie­der auf den Rück­weg. Vi­vi­an Bur­ge­ss hat­te al­les auf­ge­nom­men und woll­te be­reits wie­der ih­ren Beo­b­ach­tungs­pos­ten ver­las­sen als er von ei­nem Mann im An­zug auf­ge­hal­ten wur­de.

Es ent­wi­ckel­te sich ein lau­tes Wort­ge­fecht, was in ei­ner wil­den Schlä­ge­rei mün­de­te. Vi­vi­an soll­te auf kei­nen Fall ein­grei­fen, al­so hielt sie mit der Ka­me­ra drauf und knips­te Bil­der im Se­kun­den­takt. Das Pa­ket, was er in den Ar­men hat­te, fiel auf den Bo­den und gab einen Teil des In­halts frei. Es sah aus wie Mehl in ei­ner merk­wür­di­gen Kon­sis­tenz. Der leich­te Wind blies das Pul­ver in die Luft und trieb es die Stra­ße ent­lang. Vie­le an­de­re Men­schen wur­den dar­auf auf­merk­sam als plötz­lich ein wei­te­rer jun­ger Mann hin­zu­kam und schrei­end ges­ti­ku­lier­te. Dann er­tön­te ei­ne Si­re­ne und die Schwär­ze der Nacht wur­de durch blaue Blit­ze er­hellt. Mit quiet­schen­den Rei­fen hiel­ten meh­re­re Strei­fen­wa­gen di­rekt ne­ben den bei­den kämp­fen­den Män­nern. Vi­vi­an hielt den gan­zen Vor­gang mit ih­rer Ka­me­ra fest. Plötz­lich fiel ein lau­ter Schuss und der Pa­ket­bo­te brach blu­tend zu­sam­men.

Die Be­am­ten schnapp­ten sich die Res­te des Pa­kets, küm­mer­ten sich um den Ver­letz­ten und wo­gen das rest­li­che Pul­ver in ei­nem Strei­fen­wa­gen ab. Vi­vi­an hat­te ge­nug ge­se­hen. Den gan­zen Vor­gang hat­te sie mit ih­rer Ka­me­ra do­ku­men­tiert. Es war Zeit zu ver­schwin­den und die Ka­me­ra mit der Spei­cher­kar­te in der öf­fent­li­chen Toi­let­te zu hin­ter­le­gen. Sie ver­ließ ih­ren Jä­ger­un­ter­stand und mach­te sich auf den Rück­weg durch das klei­ne Wäld­chen. Wäh­rend sie die Ka­me­ra fest an sich ge­drückt durch den Wald quäl­te, mach­te sie sich Ge­dan­ken. Hat­te sie eben aus si­che­rer Ent­fer­nung einen Dro­gende­al be­ob­ach­tet der schief­ge­gan­gen war? Aber warum hat­ten die Be­am­ten auf den jun­gen Mann ge­schos­sen? Man konn­te doch den Wi­der­stand mit Hand­grif­fen bre­chen, oh­ne den Dea­ler so schwer zu ver­let­zen. Aber wenn das ein schief­ge­gan­ge­ner Dro­gende­al war, wes­halb hat­te ei­ne Bun­des­be­hör­de wie das SNB dar­an In­ter­es­se?

Vi­vi­an blieb im Wald ste­hen und dach­te dar­über nach, was sie mit den Be­wei­sen an­fan­gen soll­te. Ei­ne Si­che­rungs­ko­pie be­hal­ten oder ih­re Be­wei­se ab­lie­fern und nicht wei­ter dar­über nach­den­ken. Sie hat­te ihr Geld ja ver­dient, oh­ne ih­ren Auf­trag zu ge­fähr­den. Die Fra­ge war nur was sie mit der Si­cher­heits­ko­pie an­fan­gen soll­te, wenn sie denn ei­ne an­fer­tig­te. Sie hat­te ja nur ei­ne Po­li­zei­ak­ti­on mit Bil­dern fest­ge­hal­ten und ei­ne Ko­pie der Fo­tos brach­te ihr ja kei­ne Vor­tei­le. Vi­vi­an könn­te sie nur an ei­ne Ta­ges­zei­tung ver­kau­fen und da­mit noch ein paar Dol­lar ver­die­nen, aber in den USA pas­sier­ten je­den Tag tau­sen­de Ver­bre­chen, die nicht un­be­dingt in der Zei­tung stan­den. Sie ent­schied sich da­ge­gen. Ihr Job war er­le­digt und sie wür­de mit Si­cher­heit noch wei­te­re Auf­trä­ge er­hal­ten, mit de­nen sie ihr klei­nes Ge­halt auf­bes­sern konn­te.

Vi­vi­an setz­te ih­ren Weg in die In­nen­stadt von Port­land fort, oh­ne einen wei­te­ren Ge­dan­ken an den Vor­fall zu ver­schwen­den. Hin­ter dem Wäld­chen hat­te sie ih­ren Klein­wa­gen ge­parkt, den sie sich durch den zu­sätz­li­chen Ver­dienst ih­rer Ne­ben­tä­tig­keit leis­ten konn­te. Sie klemm­te sich hin­ter das Steu­er und fuhr in die Stadt. Vor ihr tauch­ten die ho­hen leuch­ten­den Ge­bäu­de von Port­land wie aus dem Nichts auf und be­leuch­te­ten ih­ren Weg zum Über­ga­be­ort. Dort an­ge­kom­men park­te sie ih­ren Wa­gen in der Nä­he ei­ner Piz­ze­ria und be­gab sich auf die Da­men­toi­let­te. Wie vor­her­ge­sagt fand sie dort an der Wand den Au­to­ma­ten für Da­men­hy­gie­ne­ar­ti­kel. Die Klap­pe ließ sich ganz ein­fach öff­nen und sie de­po­nier­te dort die Ka­me­ra. Dann schloss sie die Klap­pe wie­der und setz­te sich in den Au­ßen­be­reich des Lo­kals.

Sie hat­te einen gu­ten Blick auf den Ein­gang. Der Kell­ner nahm ih­re Be­stel­lung auf und kehr­te kurz dar­auf mit ih­rem Er­fri­schungs­ge­tränk zu­rück. Vi­vi­an be­hielt den Zu­gang der Toi­let­te die gan­ze Zeit im Blick. Nach den gan­zen er­folg­rei­chen Auf­trä­gen woll­te sie nun end­lich wis­sen, wer ei­gent­lich hin­ter den Auf­trä­gen steck­te. Ir­gend­je­mand muss­te die Ka­me­ra ja am Über­ga­be­ort ab­ho­len und zur Bun­des­be­hör­de SNB brin­gen. Der Kell­ner brach­te ihr die be­stell­te Piz­za. Er war et­was ver­wirrt, weil Vi­vi­an dar­auf be­stand so­fort zu be­zah­len. Wenn schon je­mand die Ka­me­ra ab­ho­len wür­de woll­te sie kei­ne Zeit ver­lie­ren, um der Agen­tin zu fol­gen.

Es dau­er­te gut ei­ne gan­ze Stun­de bis end­lich ei­ne adrett ge­klei­de­te jun­ge Frau die Toi­let­te be­trat und kurz dar­auf mit ei­ner Ta­sche wie­der in der Tür er­schi­en. Die Aus­ma­ße der Ta­sche wa­ren groß ge­nug um die Ka­me­ra dar­in zu ver­ber­gen. Vi­vi­an be­schloss ihr in si­che­rem Ab­stand zu fol­gen. Wäh­rend sie ihr in ei­ni­gem Ab­stand durch die Stra­ßen folg­te, schätz­te sie die schlan­ke Frau ab. Ihr Bu­si­ness­ko­stüm in dem dunklen Blau pass­te zu ei­ner Bun­de­s­agen­tin im Dienst des SNB, aber warum trug sie kei­ne Waf­fe oder an­de­res Ma­te­ri­al zur Ver­tei­di­gung bei sich. Nichts deu­te­te dar­auf hin, dass sie in der La­ge war sich zu ver­tei­di­gen. Die Blon­di­ne war schlank, deut­lich klei­ner als Vi­vi­an mit ih­ren 1,75 m und be­weg­te sich eher wie ei­ne nor­ma­le Passan­tin.

Die Ver­wal­tungs­an­ge­stell­te folg­te ihr bis zu ei­nem Bü­ro­ge­bäu­de, das sie oh­ne Kon­trol­le be­trat. Sie war sich un­si­cher, ob sie ihr bis in das Ge­bäu­de fol­gen soll­te. Wenn das ein Bü­ro der SNB war, woll­te sie nicht im Ge­bäu­de auf­ge­grif­fen wer­den. Vi­vi­an lief an dem Ge­bäu­de vor­bei und ris­kier­te einen Blick ins In­ne­re. Ein Schild an der Tür des Bü­ro­ge­bäu­des ver­riet ihr, dass es ein Ver­wal­tungs­ge­bäu­de der staat­li­chen Was­ser­ver­sor­gung war. Ei­ne Bun­des­be­hör­de wie das SNB ver­steck­te sich al­so hin­ter ei­ner In­sti­tu­ti­on im Diens­te der Ein­woh­ner. Es war nichts Un­ge­wöhn­li­ches an dem Ge­bäu­de zu er­ken­nen. Die Schal­ter la­gen im Dun­keln und der hel­le Mar­mor wur­de nur durch leich­tes Licht der Not­be­leuch­tung er­hellt. Die Frau der Vi­vi­an ge­folgt war schi­en sich hier aus­zu­ken­nen, denn ihr Weg führ­te sie schnur­stracks zu ei­ner Tür am En­de des Gan­ges.

Nach­dem die Agen­tin hin­ter dem Ein­gang ver­schwun­den war, stell­te sich Vi­vi­an auf ei­ne wei­te­re War­te­zeit ein. Nach we­ni­ger als zwei Mi­nu­ten ver­ließ die Agen­tin das Bü­ro aber wie­der oh­ne die Ta­sche und trat auf die Stra­ße hin­aus. Sie be­schloss die Agen­tin wei­ter­zu­ver­fol­gen. Wie ein An­dro­id ging sie durch die ho­hen Ge­bäu­de­schluch­ten in Rich­tung ei­nes eher ru­hi­gen Vier­tels. Oh­ne sich um­zu­se­hen, bog sie um die nächs­te Stra­ßen­e­cke. Vi­vi­an folg­te ihr wei­ter. Als sie an der Stra­ßen­e­cke an­kam, war die jun­ge Agen­tin plötz­lich ver­schwun­den. Vi­vi­an schau­te sich um, ob die Agen­tin sich in ei­nes der klei­ne­ren Häu­ser zu­rück­ge­zo­gen hat­te, konn­te sie al­ler­dings nir­gend­wo ent­de­cken.

Mit ih­ren brau­nen Pu­pil­len blick­te sie su­chend in der Dun­kel­heit der Stra­ße und ach­te­te auf ei­ne Be­we­gung. Al­les, was sich be­weg­te, wa­ren ei­ni­ge Zwei­ge ei­nes Bu­sches die sich im leich­ten Wind wieg­ten, an­sons­ten war al­les still. Beo­b­ach­tend drang sie wei­ter in die Stra­ße vor bis sie an ei­ner klei­nen Mau­er­kan­te ei­nes Un­ter­stands von hin­ten ei­ne Hand an der Schul­ter nach hin­ten riss. Vi­vi­an fiel der Län­ge nach auf den Bo­den und nahm in­stink­tiv ei­ne Ab­wehr­hal­tung ein. Über ihr er­schi­en die blon­de Agen­tin. Sie press­te Vi­vi­an hart die Knie auf die Schul­ter und frag­te sau­er, »Wer sind sie und warum fol­gen sie mir schon die gan­ze Zeit?«

»Ich bin Vi­vi­an Bur­ge­ss«, ent­schul­dig­te sie sich, »Ich woll­te nur wis­sen, wer sich hin­ter den drei Buch­sta­ben SNB ver­steckt. Tut mir leid, aber sie wa­ren mei­ne ein­zi­ge Spur!«

Die Blon­di­ne blick­te sie bö­se an. »Ih­re Spur hat sie zu ei­ner Stu­den­tin ge­führt die sich ihr Stu­di­um mit klei­ne­ren Auf­trä­gen eben die­ser Ge­sell­schaft ver­dient!«

Vi­vi­an war ent­täuscht. Das war nicht die Art von Ant­wort die sie sich er­hoff­te. »Wür­den sie mich bit­te auf­ste­hen las­sen und die spit­zen Knie von mei­nen Schul­tern neh­men?«

Oh­ne ei­ne Ant­wort stand die jun­ge Frau wie­der auf. Müh­sam er­hob sich Vi­vi­an wie­der und klopf­te sich den Staub der Stra­ße aus den Kla­mot­ten. An­statt ei­ner Agen­tin zu fol­gen hat­te sie nur ei­ne wei­te­re Bo­tin, wie sie selbst, er­wi­scht die sich ihr Le­ben auf die­se Art fi­nan­zier­te.

»Ich bin Tia­na Niel­sen«, sag­te die klei­ne­re Blon­di­ne, »ent­schul­di­ge den An­griff, aber ich war nur vor­sich­tig.«

»Schon in Ord­nung, ich ha­be es ver­dient ei­ne auf die Na­se zu be­kom­men. Ich woll­te nur in Er­fah­rung brin­gen, wer sich hin­ter der Ge­sell­schaft SNB ver­steckt. Im In­ter­net ha­be ich kei­ner­lei An­ga­ben dar­über ent­deckt«, gab Vi­vi­an of­fen zu.

Tia­na gab ihr die Hand, »Mein Auf­trag war es ei­ne Ka­me­ra in einen Raum der Ver­wal­tung der Was­ser­ver­sor­gung zu brin­gen. Da­für be­kom­me ich ein biss­chen Geld, um mein Le­ben zu fi­nan­zie­ren. Oh­ne die­sen Job müss­te ich schrei­en­den Bäl­gern ih­re Ham­bur­ger in ei­ner Fi­lia­le ei­ner Ket­te ser­vie­ren und mir die Bei­ne wund lau­fen.«

»Du bist al­so auch nur ei­ne An­ge­wor­be­ne, die klei­ne­re Auf­trä­ge er­füllt«, er­klär­te Vi­vi­an ent­täuscht. »Ich hat­te den Auf­trag ein paar Bil­der zu ma­chen und die Ka­me­ra mit der Spei­cher­kar­te in dem Klo zu ver­ste­cken, aus der du sie dann ge­holt hast. Ich dach­te, du wärst ei­ne Agen­tin von SNB und woll­te et­was mehr in Er­fah­rung brin­gen.«

Ti­na be­gann zu lä­cheln, »Ich bin auch nur ei­ne klei­ne dum­me Stu­den­tin die sich ih­ren Le­bens­un­ter­halt auf die­se Art ver­dient. Kei­ne Ah­nung wer hin­ter der omi­nösen Ab­kür­zung SNB steckt.«

»Darf ich dich viel­leicht zu ei­nem Drink ein­la­den?«

»Ich bin lan­ge nicht mehr ein­ge­la­den wor­den«, lach­te die jun­ge Blon­di­ne, »meis­tens ver­su­chen das nur jun­ge Ker­le, die mir an die Wä­sche wol­len.«

Vi­vi­an be­gann laut zu la­chen, »Das ken­ne ich, aber kei­ne Sor­ge ich ma­che kei­ne An­stal­ten bei dir zu lan­den. Hüb­sche Jungs sind mir da lie­ber.«

»Mir auch, aber da­von gibt es in Port­land schein­bar nicht mehr vie­le.«

Die bei­den jun­gen Frau­en gin­gen zu­rück in die In­nen­stadt und setz­ten sich in ei­ne klei­ne Bar mit lei­ser Mu­sik um sich zu un­ter­hal­ten. Je län­ger der Abend dau­er­te, um­so an­ge­reg­ter wur­de ihr Ge­spräch. An­statt ei­ne Agen­tin der Bun­des­be­hör­de zu fin­den hat­te sie ei­ne Freun­din ge­fun­den. Tia­na war ge­ra­de mal 22 Jah­re alt und stu­dier­te Au­to­ma­ti­sie­rungs­tech­nik an der Hoch­schu­le von Port­land. Sie stamm­te aus Po­ca­tel­lo, ei­ner Klein­stadt aus Ida­ho. Sie ver­stan­den sich im­mer bes­ser und war­fen ihr Wis­sen über die Ge­sell­schaft für die sie klei­ne­re Auf­ga­ben er­le­dig­ten zu­sam­men. Erst spät in der Nacht kehr­ten sie in ih­re Woh­nun­gen zu­rück. Bei­de hat­ten die Han­dy­num­mern aus­ge­tauscht und schrie­ben sich in den fol­gen­den Ta­gen über einen be­kann­ten Mes­sen­ger Dienst.

Ein tödliches Komplott

Подняться наверх