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Kapitel 30: Sechs Jahre Elend

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Die Pandemie erfasste große Teile Europas sowie weitere Kontinente. Mehr als 54 Millionen Menschen starben in den Jahren 2016 bis 2021 einen erbarmungslosen blutigen Tod. Dann, so wie die Seuche gekommen war, verebbte sie abrupt. Man fand trotz der Zusammenarbeit internationaler Wissenschaftler kein Gegenmittel zu dem nach seinem Entdecker benannten »Guambo-Virus«.

Über die katastrophale Pandemie hinaus beschäftigte ein expandierendes »Krebsgeschwür« Politiker aller Nationen. Unaufhaltsam wütete ein radikal geführter Krieg terroristischer Mächte unter dem Deckmantel der »wahren Religion« und brachte die Kriegsmächte so weit, mit immer drastischeren und grausameren Aktionen zu antworten. Es war kein Krieg der Fronten – Auge in Auge, sich auf dem Schlachtfeld gegenüberstehend. Es war ein regelrechtes Abschlachten, darauf ausgelegt, unverhofft und mit grausiger Brutalität die Zivilbevölkerung zu treffen. Anschläge auf zivile Opfer waren an der Tagesordnung. Bombardierte man Ölfelder oder Stellungen der Terrormilizen, folgten Vergeltungsschläge auf dem Fuße. Meldete man Erfolge zurückeroberter Landgebiete, folgten hierauf Verlustmeldungen aus anderen Regionen.

Die Menschen beäugten sich gegenseitig argwöhnisch: Andersartig gekleidet? Verschiedenartige Hautfarbe? Bartwuchs oder nicht? Alles und jeder erschien verdächtig.

Durchgesetzte Kriegsrechte wurden wieder zurückgenommen, um kurz darauf von Neuem verhängt zu werden. Gefängnisse vieler Länder waren bis zum Bersten gefüllt, Geheimdienste mächtiger Nationen in höchster Alarmbereitschaft.

Digitale Kriegsführung wurde zu einer neuen, bisher nicht gekannten Waffe: Hacker initiierten Angriffe auf zentrale Knotenrechner des Internets. Man sperrte Bankkonten, verbreitete Propaganda, zeigte Videos grausamster Art, Medien berichteten live »von der Front«.

Die Religion trat in den Mittelpunkt der Ereignisse. Ein jeder berief sich auf seinen Glauben, seinen Gott, seinen Messias, seinen Allah … Erleuchtete Propheten, auf Kartons oder Bierkästen stehend, säumten die Straßen der Städte, um aus voller Kehle den Weltuntergang zu prophezeien. Etliche der Prediger fanden verängstigte »Gläubige«, die sich ihnen anschlossen. Nicht der Verlust von Hab und Gut war hierbei tragisch – nein, die Hoffenden verloren ihre Seelen, während die vermeintlichen Propheten sich die Konten füllten.

Verkündete der Papst das Wort Gottes, hingen Hunderttausende auf dem Petersplatz in Rom an dessen Lippen. Sprach ein Kalif, so war das Bild das gleiche. »Wir führen einen heiligen Krieg, so wie es geschrieben steht.«

Im Verlauf der Kriege und Seuchen, die Millionen von Menschen aus dem Leben rissen, schlich eine weitere Gefahr – bekannt, jedoch verdrängt – auf leisen Sohlen heran. Man wusste von ihrer Existenz – doch man fand zu keiner Einigung. Langsam, Jahr für Jahr, drängte das Quecksilber der Thermometer Millimeter für Millimeter in Richtung Norden.

Klimakonferenzen ergaben vollmundige Bekundungen aller Vertreter der Industrieländer, die sie, sobald sie in ihr Land zurückgekehrt waren, in den Wind schlugen. Wie auch sollte man die Maßnahmen zur Eindämmung der Klimaerwärmung umsetzen? Der Einfluss der Wirtschaft verhinderte drastische Eingriffe und die Politik fürchtete den eigenen Machtverlust von Wahlperiode zu Wahlperiode. Waren Klimagespräche angesagt beziehungsweise präsent, demonstrierten Tausende mit Schildern und Megafonen in den Straßen. Detonierte wenig später eine Bombe im Straßencafé nebenan, verstummten die Demonstranten, ebenso die Nachrichtensender.

Chris Owen - Die Wiedergeburt

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