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2.3 Akkomodation: Die Methode von GS 44

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Der Text wäre tatsächlich in vielerlei Hinsicht zu kommentieren. Er steht in enger Reihung zu den Nummern 40–43, dem vierten Großabschnitt von GS, in denen die Kirche entfaltet, wie sie der ‚Welt‘ zu helfen beabsichtigt. Er leitet hin auf die christologische Nummer 45, die den ganzen ersten Teil von GS beendet und den zweiten präludiert. Er ruft missionstheologische Themen genauso auf wie die Möglichkeiten eines ‚consensus fidelium‘ usw. All dies soll hier nicht weiter ausgeführt werden. Für den Zusammenhang dieses Buches ist der methodische Fokus zu betonen. Er findet seine Überschrift in dem programmatischen Satz: „Diese in diesem Sinne angepaßte Verkündigung des geoffenbarten Wortes muss ein Gesetz aller Evangelisation bleiben.“

Diese Formulierung reklamiert deutlich programmatische Ansprüche (‚muss ein Gesetz bleiben‘). Dies gilt, auch wenn natürlich im Rahmen redlicher und unaufgeregter Konzilshermeneutik eine einzige Passage nur aus dem integralen Gesamtzusammenhang des ganzen Textes und des ganzen Konzils gelesen werden darf.38 Was so prominent wie hier als ‚lex evangelizationis‘ betont wird, muss man hermeneutisch als normative Spitzenformulierung verstehen dürfen. Es wird überdeutlich greifbar, was auch für GS als ganzer Konstitution gilt: Das Konzil als Gesamtereignis eines pastoralen Konzils „sprengt (…) sowohl inhaltlich als auch in der Sprachgestalt die traditionelle Systematik theologischen Denkens“39. Die Pastoralkonstitution hat hierfür die „Schlüsselrolle (…): Die Kirche bezieht mit ‚Gaudium et spes‘ einen Standort außerhalb ihrer selbst, um von dort aus – von den ‚Zeichen der Zeit‘ her – die irdischen Wirklichkeiten ‚im Lichte des Evangeliums‘ zu deuten.“ GS 44 ist ein Haupttext genau für diesen Perspektivwechsel in die pluralen Kontexte hinein. Kirche bekommt sich selbst und ihre Entwicklungspotenziale in den Blick, weil sie sich in ihre Kultur hinein dekontextuiert. Die Kirche erfährt eine Verortung, wird im Wortsinn ‚Ortskirche‘, und genau diese Bereitschaft zum Fragment aktiviert ihr Potenzial, eine Botschaft mit universaler Geltungskraft zu verkünden.

Diese Sprengung eines in sich geschlossenen Theologie- und Verkündigungszusammenhanges kann an drei, aus heutiger Sicht erstaunlichen Implikationen des Evangelisations-Gesetzes verdeutlicht werden:

– Das ‚Gesetz‘ fußt ganz unverhohlen auf einem Vorgang der kulturellen Anpassung (Akkomodation), der sozusagen den ganzen Algorithmus der kirchlichen Verkündigung anleiten soll (vgl. 2.4.).

– Diese Anpassung bezieht sich nicht auf Äußeres, Oberflächliches, zu Vernachlässigendes, sondern auf das Herz der Theologie: die göttliche Offenbarung (vgl. 2.5.).

– Diese Anpassung hat eine Zweck- und eine Ausführungsbestimmung: Beide liegen in den Herausforderungen der Versprachlichung des Glaubens (vgl. 2.6.).

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