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Violent Femmes „3” (1989)
ОглавлениеDie Popmusik der 80er wird in die Geschichte eingehen als bloßes Konglomerat früherer Epochen. Wohin man auch hört, in jedem Riff dieser Dekade klingt ein Vorbild nach. Kein Wunder, dass Coverversionen Konjunktur haben, nicht erst seit Mare Almonds Anschlag auf Gene Pitney. Da lobe ich mir doch Nick Caves Methode, die alten Songs sorgsam zu zertrümmern, um ihre Substanz – und damit ihre Relevanz für die 80er – zu erkunden. Die Violent Femmes covern keinen; doch auch sie haben Vorbilder und leugnen sie nicht. Sänger und Texter Gordon Gano klingt manchmal wie ein domestizierter Johnny Rotten, und Bassmann Brian Ritchie hat viel von den Stray Cats gelernt. Sein energisches, treibendes Spiel prägt Tempo und Verve der meisten Songs weit mehr als Victor de Lorenzos zurückhaltende Trommelarbeit. Des Trios neues Album heißt „3“, ist indes bereits das vierte; nicht der einzige Widerspruch auf einer Platte, die zweifellos die alten Fans wenn nicht vergraulen, so doch irritieren wird. Denn ganz gezähmt kommen die drei aus Boston plötzlich daher. So melodiös sind sie geworden, dass gleich das Eröffnungsstück „Nightmares“ geradezu Ohrwurmqualitäten hat. Jener verzweifelte Gestus, der sich noch auf „Hallowed Ground“ in energischen Dissonanzen Luft verschaffte, hat sich aufgelöst in sanfte Harmonien. Nur „Fool in the full Moon“ wartet noch auf mit wilden elektrischen Gitarreneinsprengseln. Ansonsten besinnt man sich auf die akustischen Wurzeln des Rock. So kann das hyperschnelle „Telephone book“ gewisse Bluegrassanleihen so wenig verhehlen wie „Lies“ seinen Skiffleeinfluss. Die Violent Femmes spielen nun Folk mit dem Punk nur noch im Hinterkopf: aufregend und eklektisch, mal wütend, mal depressiv, doch gemäßigter als je – selbst bei der Artikulation von Weltschmerz. „There’s nothing worth living for“, heult Gordon Gano mit herzzerreißend brüchiger Stimme, doch der schier allumfassende Geltungsanspruch dieser Zeile wird sogleich relativiert, wenn er nach wohldosierter Pause ein Wörtchen nachschiebt: „ … tonight“. Natürlich: Die Texte betreiben allesamt Nabelschau, sind selbstmitleidig und egoistisch („I hope you got fat/cause if you got really fat/you just might want to see me come back“), doch der sparsam instrumentierte, nur sporadisch von Gastmusikern unterstützte Garagenfolk macht alles wieder wett. „Zwei Gitarren, Schlagzeug, Bass: Das ist das Wahre“, sagt Lou Reed. Die Violent Femmes verwenden noch eine Gitarre weniger.