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Kate Bush „The Sensual World” (1990)

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An ihr sind die Jahre, musikalisch gesehen, weitgehend spurlos vorübergegangen. Kate Bush steht auch mit „The Sensual World“ noch immer in der Tradition jener Stilrichtung, die in den späten 60ern etabliert und später von Gruppen wie Genesis oder Renaissance fortgeführt worden war: dem Klassikrock, der sein Ideal im komplexen Aufbau sinfonischer Werke sah. Es passt ins Bild, dass die englische Sängerin von Pink Floyd entdeckt und protegiert wurde – und dass ausgerechnet Ex-Genesis·Chef Peter Gabriel sie für die Single „Don’t give up“ zum Duett nötigte. Ihre eigene Musik blieb stets solchen Vorbildern verhaftet, und einer zwischenzeitlichen vokalen Experimentierlust schwor Kate bald wieder ab. Heute verlässt sie sich, wie in den Tagen ihres raschen Aufstiegs anno 78, erneut völlig aufs Rezept orchestraler Breite und fast Wagner’scher Opulenz. Zugeständnisse an den Zeitgeist fehlen dennoch nicht. Die Zutat des bulgarischen Chors Trio Bulgarka huldigt der Geschmacksrichtung Ethnopop ebenso wie die exotisch-würzigen Einsätze je eines Flötenvirtuosen (Davey Spillane) und keltischen Harfenisten (Alan Stivell). Mut gehört heute gar nicht mehr dazu, solche Folkheroen mit einem Gitarrero wie David Gilmour in einen Topf zu werfen; dazu darf Eberhard Weber noch eine Prise Jazzbass beisteuern, und Peter Greenaways Filmkomponist Michael Nyman arrangiert das Violinquartett: viele Köche … In dieser gewaltigen eklektischen Soundsoße, die der legendäre Bombastproduzent Phil Spector gewiss mit Freude goutiert, verlöre sich Kate Bushs vor allem in hohen Lagen ungewöhnliche Stimme schnell, hätte sie sie in Backgroundvocals und Duetten mit sich selbst nicht verdoppelt und verdreifacht. Dergestalt singt sie von der „sinnlichen Welt“, konterkariert den Titelsong traurig und ironisch mit der Geschichte einer Frau, die vor lauter Einsamkeit und Frust beim verständnisvollen Computer Trost sucht („Deeper Understanding“), oder gesellt sich im Geschlechterkampf den Männern zur Seite („This Woman’s Work“). Leider sind ihr dazu kaum originelle Melodien eingefallen. Kein Refrain bleibt haften, nichts prägt sich ein. Man gewinnt den Eindruck, überbordende Arragements und sinfonische Klangtiefe sollten die bloß mittelmäßige Qualität der Songs übertünchen. Vielleicht ist dies der Grund für das seltsame Gefühl, das sich nach durchgängigem Hören der Platte beim Gourmet einstellt: zu viel und zu fett gegessen zu haben, ohne satt geworden zu sein.

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