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Joe Cocker „Joe Cocker live” (1990)

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Dem Typen kann man nichts übelnehmen, selbst den -zigsten Aufguss des Altbewährten nicht. Weswegen? Weil er einerseits ein Rockurgestein ist und außerdem, wenn er wild fuchtelt mit den Gliedern beim zähen Kampf um kathartische Schreie, zugleich auch verletzlich und schutzbedürftig. Das rückseitige Coverfoto seiner aktuellen Doppel-LP „Joe Cocker live“, wo die eingefrorene Geste mehr an Dirigentenposen denn an Cocker-typische Bühnenspasmen gemahnt, entschädigt deshalb kaum für den leibhaftigen Anblick on stage. Die Musik, so professionell und makellos sie ist (oder genau deswegen), erst recht nicht. Cocker, das Woodstock-Fossil, hat seit 20 Jahren seinen Gesangsstil nicht verändert. Und warum auch? Schließlich ist er hart erkauft. Jahrelang hat er sich, für 15 Mark am Abend, in miesen Kaschemmen die Seele aus dem Leib geschrien und das entstandene Vakuum mit Bier wieder aufgefüllt – fünf Liter pro Nacht. So was hält vor. Doch was die Stimme an rohem Blues noch immer hergibt, glätten heute die Arrangements. Im seelenlosen Allerweltssound aus Keyboards, Drums, perfekt gesetzten Bläsern und Backgroundchören ist Cockers Röhre wie in ein Korsett gezwängt. Nur selten wühlt sie sich hervor aus dem kalkulierten, wie am Reißbrett entworfenen Klangraum – im unvermeidlichen „With a little help from my Friends“ etwa, das von jeher die eine atemlose Sekunde bereithält, in der die Musik stoppt und nur dieser markerschütternd heisere und hysterische Schrei zu hören ist. Doch der ist seit Woodstock der gleiche. Ein neuerliches Livealbum des Shouters aus Sheffield ist darum nicht unbedingt das, was die Rockwelt nötig braucht. Und wenn schon Cocker live als Konserve, dann lieber „Mad Dogs and Englishmen", eingespielt schon 1970.

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