Читать книгу Der geschäftliche Betrieb als "Dritter" im Sinne des § 299 StGB - Maximilian Menn - Страница 21

V. Gesetz zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997

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Durch die Aufdeckung einer Reihe spektakulärer Bestechungsfälle in der öffentlichen Verwaltung Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts flammte das öffentliche Interesse an einer wirksameren Korruptionsbekämpfung wieder auf.[72] Im Mittelpunkt der Diskussion standen dabei allerdings die Amtsträgerdelikte der §§ 331 ff. StGB. In diesem Kontext waren nach einer Umfrage des „Instituts für Demoskopie Allensbach“ im Spätsommer 1992 lediglich 34 % der Westdeutschen und sogar nur 18 % der Ostdeutschen der Meinung, dass deutsche Beamte im Allgemeinen unbeeinflussbar und unbestechlich seien.[73] Nach wie vor wurde insgesamt mit einer erheblichen Dunkelziffer gerechnet.[74]

Den Höhepunkt der rechtspolitischen Auseinandersetzungen stellten die Beratungen der Strafrechtlichen Abteilung des 61. Deutschen Juristentages („DJT“) im September 1996 dar.[75] Da die Korruptionsbekämpfung eines der zentralen Gesetzgebungsvorhaben der laufenden Legislaturperiode auf dem Gebiet des Strafrechts war, verwundert es nicht, dass sich die Tagung mit dem Thema „Empfehlen sich Änderungen des Straf- und Strafprozessrechts, um der Gefahr von Korruption in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wirksam zu begegnen?“ beschäftigte. Konsens bestand darin, dass bei der Korruptionsbekämpfung ein dringender Handlungsbedarf bestand, dessen Schwerpunkt jedoch die präventive Korruptionsbekämpfung außerhalb des Strafrechts darstellen sollte.[76] Zwar bildeten die Amtsträgerdelikte der §§ 331 ff. StGB den Schwerpunkt der Beratungen und des zugrunde liegenden Rechtsgutachtens von Dölling, doch beschäftigte man sich auch mit der Bestechung in der Privatwirtschaft.[77] Hier wurden zum Teil kontroverse Meinungen vertreten. So befürwortete Volk entgegen der Auffassung von Dölling beispielsweise die Aufnahme des Geschäftsherrn in den Täterkreis des § 12 UWG und sprach sich auch für eine weitgehende Angleichung des Strafrahmens an §§ 331 ff. StGB aus.[78] Schließlich fasste der DJT die Bestechung im geschäftlichen Verkehr betreffend die folgenden Beschlüsse, welche zum Teil auch im nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren Beachtung fanden:

Der Geschäftsinhaber sollte Täter des § 12 UWG a.F. werden.
Auch Betriebe, deren Aufgabe in der Aufklärung und Beratung von Kunden liegt, sollten von der Norm erfasst werden.
Der Tatbestand sollte um Drittvorteile erweitert werden.
Auf Rechtsfolgenseite sollte der Strafrahmen auf 3 Jahre Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen auf 5 Jahre Freiheitsstrafe erhöht werden.
In gravierenden Fällen („besonders schwerer Fall“) sollten Vermögensstrafe und Erweiterter Verfall ermöglicht werden.
Eine Verfolgung sollte in Fällen des Bestehens eines besonderen öffentlichen Interesses auch ohne Strafantrag möglich sein (relatives Antragsdelikt).

Abgelehnt wurden hingegen:

eine Eingliederung des § 12 UWG a.F. in das Kernstrafrecht,
eine Anhebung des Strafrahmens auf 5 Jahre Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen auf bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe,
eine Einstufung als Offizialdelikt.

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Die Politik sah sich schon im Vorfeld des 61. DJT durch die öffentliche und fachliche Diskussion zum Handeln veranlasst und stellte zunächst eine Verbesserung der Korruptionsbekämpfung durch organisatorische Maßnahmen wie das „Vier-Augen-Prinzip“ und vermehrte interne Kontrolle auf Beamtenebene in Aussicht.[79] Doch war man sich im Grundsatz darüber einig, dass es zu einer wirksameren Korruptionsbekämpfung auch Änderungen an den einschlägigen Straftatbeständen bedurfte. Grundlage der nachfolgenden parlamentarischen Beratungen auf Bundesebene waren die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 3.11.1995 und der Bundesregierung vom 19.6.1996.[80]

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Im Entwurf des Bundesrates war in Bezug auf § 12 UWG a.F. eine Erhöhung des Strafrahmens auf 5 Jahre, bei besonders schweren Fällen auf bis zu 10 Jahre Freiheitsstrafe normiert. Des Weiteren sah der Entwurf eine Kronzeugenregelung vor, die es dem Gericht ermöglichen sollte, die Strafe nach eigenem Ermessen zu mildern oder von ihr abzusehen, sofern der Täter Wissen preisgibt, welches zur Aufdeckung weiterer Taten führt. Schließlich sollte die Vorschrift zum relativen Antragsdelikt umgestaltet werden.[81] Eine Übernahme ins StGB wurde diskutiert, im Gesetzentwurf schlussendlich jedoch nicht übernommen.

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Der Entwurf der Bundesregierung hingegen sah eine Erhöhung des Strafrahmens auf 3 Jahre Freiheitsstrafe, für besonders schwere Fälle bis zu 5 Jahre Freiheitsstrafe vor. Der Tatbestand sollte zudem auf Drittvorteile erweitert werden. Übereinstimmung mit dem Entwurf des Bundesrates bestand in der Ausgestaltung als relatives Antragsdelikt. Allerdings wurde die Eingliederung der Vorschrift in das StGB befürwortet, von einer Kronzeugenregelung hingegen abgesehen.

Beide Entwürfe nahmen die Beschlüsse des 61. DJT damit insgesamt nur teilweise auf. Insbesondere war die Einbeziehung des Geschäfstherrn in den Täterkreis des § 12 UWG a.F. in keinem der Entwürfe vorgesehen.

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Der Straftatbestand des § 299 StGB wurde schlussendlich auf der Grundlage des Regierungsentwurfs und einer Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses durch Art. 1 Nr. 3 des Gesetzes zur Bekämpfung der Korruption vom 13.8.1997 eingeführt.[82] Das Gesetz wurde am 26.6.1997 in zweiter und dritter Lesung durch den deutschen Bundestag verabschiedet.[83] Der Bundesrat ließ es am 4.7.1997 trotz Bedenken einiger Länder passieren, in Kraft trat es am 20.8.1997.[84] Inhaltlich wurden die Tatbestände der passiven und aktiven Bestechung um die Annahme, das Fordern und das Sich-versprechen-Lassen bzw. um das Anbieten, Versprechen oder Gewähren von Drittvorteilen erweitert. Nach der Intention des Gesetzgebers sollte durch die Verlagerung des Straftatbestandes aus dem UWG in das StGB das Bewusstsein in der Bevölkerung geschärft werden, dass es sich bei Bestechung und Bestechlichkeit im geschäftlichen Verkehr um eine Kriminalitätsform handelt, die als allgemein sozialethisch missbilligtes Verhalten einzustufen ist und die deshalb folgerichtig im Kernstrafrecht zu regeln sei.[85] Zudem sollte durch die Einfügung des Wettbewerbsstrafrechts in das StGB verdeutlicht werden, dass der Schutz des Wettbewerbs eine wichtige Aufgabe des Staates sei.[86] Auf der Rechtsfolgenseite wurden zum Teil erhebliche Veränderungen vorgenommen. Der Regelstrafrahmen wurde von bis zu einem Jahr auf bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe erhöht. Eine Gleichstellung des Regelstrafrahmens mit demjenigen der Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern gem. §§ 332, 334 StGB wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die besondere Pflichtenstellung von Amtsträgern und das von den Amtsträgerdelikten geschützte Rechtsgut einen höheren Strafrahmen rechtfertige.[87] Die Einführung eines besonders schweren Falls in § 300 StGB erlaubte nun jedoch eine Bestrafung mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren. Zudem wurde der Straftatbestand durch § 301 StGB vom absoluten zum relativen Antragsdelikt umgestaltet. Das bisher zwingende Antragserfordernis aus § 22 UWG a.F. wurde als wesentliches Hindernis für die Verfolgung der Wirtschaftskorruption angesehen.[88] In § 302 StGB fanden sich fortan Regelungen über die Vermögensstrafe sowie den Erweiterten Verfall.

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Die Änderungen wurden von der Literatur unterschiedlich aufgenommen. Vor allem die Verlagerung des § 12 UWG in das Kernstrafrecht war erheblicher Kritik ausgesetzt. So wurde eingewandt, die Auslagerung von lediglich einem der zahlreichen Straftatbestände des UWG hätte den Zusammenhang von Delikten mit ähnlichen Schutzrichtungen zerstört.[89] Schon Dölling sprach sich vor der Strafrechtsreform dafür aus, die Angestelltenbestechung im UWG zu belassen, da die Norm fester Bestandteil eines geschlossenen Schutzsystems sei.[90] Zudem wurde eingewandt, dass es für das Bewusstsein der Allgemeinheit weniger auf den Standort einer Strafnorm ankomme, als vielmehr auf deren Vollzug.[91] Auch die Einbeziehung von Drittvorteilen stieß auf Kritik. So wandte Geerds bereits im Jahr 1996 ein, dass es in den Fällen der Drittvorteile an der Eigennützigkeitskomponente der Korruption fehle.[92] Schließlich fand auch die Verschärfung des Strafrahmens nicht nur Befürworter. Schon im Jahr 1996 stellte Ransiek fest, dass eine Verschärfung des Strafrahmens auf bis zu 3 Jahre Freiheitsstrafe wegen der geringen praktischen Relevanz der Norm und der bislang ganz überwiegend verhängten Geldstrafen weder sinnvoll noch erforderlich sei.[93] Gleiches gelte für die Abschaffung des absoluten Strafantragserfordernisses, denn ohne Strafantrag gebe es in der Regel keinerlei Ansatzpunkte für Ermittlungen.

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Doch fand die Eingliederung der Vorschrift in das StGB auch positive Resonanz. Namentlich Tiedemann sprach davon, dass eine erhöhte Bewusstseinsbildung bei den Strafverfolgungsbehörden eingetreten sei, welche in der Konsequenz auch dazu führe, dass das Strafrecht seine präventive Wirkung entfalten könne.[94] Auch die Umwandlung in ein relatives Antragsdelikt fand überwiegend Befürworter. So habe das bislang zwingend erforderliche Strafantragserfordernis dazu geführt, dass die Vorgängervorschrift des § 12 UWG a.F. nur wenig praktische Bedeutung gehabt habe.[95] Betroffene Unternehmen hätten aufgrund der meist vorliegenden aktiven oder passiven Tatbeteiligung an den Delikten meist keinen Antrag gestellt. Auch die Befürchtung, geschäftsinterne Vorgänge durch ein öffentliches Strafverfahren nach außen zu tragen, sei für die Unternehmen ein Motiv gewesen, von der Stellung eines Strafantrages abzusehen.[96]

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Insgesamt betrachtet fanden die Änderungen in der strafrechtlichen Literatur eher zustimmende Resonanz, wenngleich sich auch die Wissenschaft insgesamt nur mäßig mit den Änderungen bei der Korruptionsbekämpfung beschäftigte. Nach Meinung von Wolters war dies darauf zurückzuführen, dass kurz nach Erlass des Gesetzes das „Sechste Gesetz zur Reform des Strafrechts“ in seine „heiße Phase“ trat, welches verstärkt das wissenschaftliche Interesse fand.[97]

Teil 2 Grundsätzliche ErwägungenA › VI. Gesetz vom 22.8.2002

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