Читать книгу "... es ist ein zu starker Contrast mit meinem Inneren!" - Meinhard Saremba - Страница 29

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Während Clara auf Tournee ging, um für sich und den Nachwuchs den Lebensunterhalt zu verdienen, verbrachte Johannes viel Zeit mit den Kindern. Er kümmerte sich um den Haushalt, leitete sie im Klavierspiel an und wurde für die Kleinen zum Ersatzvater auf Zeit. Brahms konnte immer gut mit Kindern umgehen. Es wird berichtet, dass er selbst als reiferer Herr auf der Straße stets freundliche Worte für junge Menschen fand. Dies dürfte letztlich an seiner Grundüberzeugung gelegen haben: »Außer an Frau Schumann hänge ich an Niemandem mit ganzer Seele«, meinte er einmal. »An die Unsterblichkeit jenseits glauben wir ja doch nicht recht. Die einzig wahre Unsterblichkeit liegt in den Kindern.«156

Erst als das baldige Ende absehbar war, durfte Clara nach über zwei Jahren ihren Mann in der Nervenheilanstalt besuchen. Gemeinsam mit Johannes erreichte sie Endenich am 23. Juli 1856. Auf sein Anraten und das der Ärzte, verzichtete sie darauf, unmittelbar zu Robert zu eilen. Dieser hatte die Nahrungsaufnahme bereits völlig verweigert. Bei der letzten Begegnung vier Tage später war Clara sich sicher, er habe sie erkannt. In dem Moment, als er am 29. Juli starb, war keiner der ihm Nahestehenden zugegen.157

Zwei Tage nach seinem Tod wurde Robert Schumann auf dem Alten Friedhof in Bonn abends um 19 Uhr beigesetzt. »Ich war in der kleinen Kapelle auf dem Kirchhof«, notierte Clara in ihrem Tagebuch, »ich hörte die Trauermusik, jetzt wurde er hinabgelassen in die Erde, doch hatte ich ein klares Gefühl, daß nicht er es war, sondern nur sein Körper – sein Geist war über mir, – wohl nie inniger war mein Gebet als in dieser Stunde.«158 Noch zwanzig Jahre später erinnerte sich der Dichter Klaus Groth, dass ihm »die ganze Bevölkerung Bonns vollzählig versammelt zu sein« schien, ja, »der schön gelegene Kirchhof war schwarz bedeckt von Menschen« durch die Schaulustigen.159 Hingegen registrierte Clara nur als wesentlich, dass »Johannes und Joachim« dem Sarg vorangingen, der als »Ehrenbezeugung« von Vertretern der Düsseldorfer Konkordia getragen wurde, und sie »unbemerkt« hinterher. »Die Bürgermeister gingen mit, Hiller war auch von Köln gekommen, sonst aber keine Freunde«, erinnerte sich Clara. »Ich hatte es nicht bekannt gemacht, weil ich nicht wünschte, daß viele Fremde kämen.«160

Innerhalb weniger Jahre hatte die Musikwelt mit Mendelssohn und Schumann zwei der bedeutendsten deutschsprachigen Komponisten verloren. »Ein neues Leben begann jetzt für mich«, notierte Clara.161 Das galt ebenso für Johannes. Noch war keineswegs abzusehen, wohin ihn und Clara die von Robert prognostizierten »neuen Bahnen« führen sollten.



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