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Das Rosspollenhaus

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Im Sommer bin ich mit Mama mal wieder unterwegs. Wir treffen den Herrn Dietz. Was macht er? Er sammelt Rosspollen auf! Mama und ich sind bei ihm immer auf Überraschungen gefasst. Ich schaue recht neugierig, aber ich trau mich nicht zu fragen. Schade, Mama ist nicht so wissbegierig. Hoffentlich fragt sie trotzdem. Ich stoße sie leicht in die Seite. Wirklich, das hilft!

„Was machen Sie denn mit diesen Pollen? Brauchen Sie die für Ihre Gartenbeete?“ Mama weiß, dass die Familie draußen in den „Flüchtlingsgärten“ einige Beete hat.

„Nein, ich brauche die Pferdeäpfel (ich muss schon wieder kichern) für unsere neuen Wohnungen, für meinen Schwager Spieß und uns.“

Mama kommt nicht mit. „Wie? Was? Für die Wohnungen?“

Mit Geduld erklärt Herr Dietz, dass er zusammen mit seinem Schwager zwei Eisenbahnwaggons gekauft hat. Die Gemeinde hat ihnen ein Stück Grund direkt am Steinbruch gegeben. Dort werden sie die Waggons aufstellen, um- und ausbauen. Das geht, weil die beiden Männer sehr fleißig sind und der Herr Spieß ein tüchtiger Handwerker ist. Für die Isolation sammelt er die Pferdeäpfel. Normalerweise müssen die Buben vom Spieß, der Heiner und der Adolf, helfen, aber die haben gerade Schule.


In meinem Kopf türmen sich Fragen über Fragen! Wie können Eisenbahnwagen ohne Schienen und ohne Lokomotive fahren? Was machen sie mit dem Geruch der Rosspollen? Schlafen die dann auf den Bänken, die im Waggon sind? Aber einen Abort gibt es in den Waggons immer, das weiß ich. Ich komme einfach nicht mit. Mama wahrscheinlich auch nicht.

Wir wenden uns zum Gehen. Herr Dietz meint dann noch ganz freundlich, wenn alles fertig sei, werde er uns einladen, damit wir alles sehen könnten. Glaubt er wirklich, dass ich in seine stinkerte Rosspollenbehausung gehen werde? Abgesehen davon wird das Ganze ja doch nichts werden!

Doch dann, kurz vor Weihnachten, werden wir wirklich eingeladen! Mama, die sonst eigentlich nirgends hingeht, nimmt die Einladung an. Mit Tante und Beate machen wir uns auf den Weg. Schon unten vom Seebach aus sehen wir vor dem Hintergrund des Steinbruchs ein langes, niedriges, hell verputztes Doppelhaus. Doppelhaus ist vielleicht ein wenig zu anspruchsvoll gesagt. Vor der Haustüre stehen zwei Eisenbahnbänke, die im Sommer bestimmt zur gemütlichen Rast einladen. Die rauchenden Kamine kündigen Wärme an. An den Fenstern sind helle Gardinen angebracht.

Als wir oben ankommen, öffnen die Hausherren schon die Haustüre und fordern uns freundlich zum Eintreten auf. Die Frauen stehen hinter ihnen. Sie begrüßen uns sehr herzlich.

Erst mal ziehe ich schnuppernd meine Nase hinauf. Nein, es stinkt nicht! Angenehme Wärme strömt uns entgegen. Vom gemeinsamen Hauseingang in der Mitte kann man in die zwei umgebauten Waggons gehen. Einen bewohnt die Familie Dietz, den anderen die Familie Spieß. Die heimeligen Wohnungen lassen ihre ursprüngliche Nutzung nicht mehr erkennen.


Im kleinen Eingang ziehen wir die Schuhe aus, damit wir die schönen Fleckerlteppiche nicht versauen. Wir bekommen Kaffee und Kuchen angeboten. Tante kennt Maria, die Tochter vom Herrn Spieß, sehr gut. Mir gefällt das Mariechen besonders. Sie hat hellblonde, ganz dicke Zöpfe, die bis zum Hintern gehen. Sie wird überall bewundert. Auch zwei von den Buben kenne ich. Die gehen mit Robert in eine Klasse. Insgesamt gehören fünf Kinder zur Familie. Die Familie Dietz hat zwei Töchter, die schon älter sind. Es wird ein schöner, unterhaltsamer Nachmittag. Eigentlich würde ich gerne hier wohnen.

Hoffentlich laden uns die Familien bald wieder in ihr Rosspollenhaus ein!

Aus, Äpfel, Amen (2) Ria, de Kloa 1948 bis 1951

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