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2.Unterscheidung nach der Rechtsform des Handelns
Оглавление13Die Verwaltung handelt grundsätzlich öffentlich-rechtlich (hoheitlich) nach den Normen des öffentlichen Rechts. Dies gilt aber nicht ausnahmslos. Teilweise kann, teilweise muss die Verwaltung ausschließlich Privatrecht anwenden (zur Abgrenzung öffentliches und privates Recht vgl. 39 ff.).
Üblicherweise werden drei Fallgruppen unterschieden, in denen die Verwaltung wahlweise oder zwingend Privatrecht anwendet (Maurer/Waldhoff, AVR, § 3 Rn. 20 ff.):
14 a) Bedarfsverwaltung . (siehe hierzu auch Rn. 12) Wenn die Verwaltung zur Erfüllung ihrer eigentlichen Verwaltungsaufgaben Sachmittel (Büromaterial, Gebäude), Dienstleistungen (Bauarbeiten) oder Personalmittel (Beschäftigung von Angestellten und Arbeitern im öffentlichen Dienst) beschafft, spricht man von Bedarfsverwaltung. Der traditionell auch verwendete Begriff der „fiskalischen Hilfsgeschäfte“ passt mit Einschränkung nicht mehr, da die Bedarfsverwaltung von Bund, Ländern, Gemeinden und sonstigen Verwaltungsträgern mit jährlich etwa 250 Milliarden Euro einen dominierenden Wirtschaftsfaktor darstellt. In allen diesen Fällen tritt der Staat wie ein Privatunternehmen auf. Bedarfsgeschäfte der Verwaltung dürfen daher ausschließlich in der Form des Privatrechts getätigt werden.
Ob die Verwaltung in diesem Bereich an die Grundrechte, insbesondere das Gleichheitsgebot (Art. 3 I GG), gebunden ist, ist stark umstritten (verneinend: BHGZ 36, 91, 95; 97, 312, 316; bejahend: Wolff/Bachof/Stober/Kluth, I § 23 Rn. 42 m. w. N.). In der Praxis dürfte dieser Streit keine allzu große Bedeutung haben, da die Verwaltung i. d. R. bereits durch andere Normen an einer willkürlichen Auftragsvergabe (z. B. Bestellung des teureren Büromaterials beim Vereinsfreund) gehindert ist (z. B. durch das Haushaltsrecht, insbesondere aber durch das Vergaberecht nach §§ 97 ff. des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen [GWB], der Vergabeverordnung [VgV] sowie z. B. der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen [VOB/A]).
15 b) Erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung . Der Staat nimmt hier als Unternehmer am Wirtschaftsleben teil. Dies geschieht durch eigene unternehmerische Tätigkeit oder über Handelsgesellschaften (insb. GmbH, AG), die ganz oder teilweise in staatlicher Hand sind.
Beispiele: Kommunale Wohnungsbauunternehmen, Bestattungsunternehmen, Verkehrsbetriebe.
Die erwerbswirtschaftliche Betätigung der Verwaltung richtet sich nach Privatrecht. Ob in diesem Bereich die Verwaltung an die Grundrechte gebunden ist, ist ebenfalls umstritten (vgl. Nachweise bei Detterbeck, AVR, Rn. 908; Wolff/Bachof/Stober/Kluth, I § 23 Rn. 60).
16 c) Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts (Verwaltungsprivatrecht) . Erfüllt die Verwaltung in der Rechtsform des Privatrechts unmittelbar Verwaltungsaufgaben, so spricht man von Verwaltungsprivatrecht.
Beispiel: Betrieb von öffentlichen Verkehrsmitteln, Lieferung von Gas, Strom, Wasser.
Die Verwaltung erfüllt in diesem Bereich unmittelbar öffentliche Aufgaben. Wenn gesetzlich nichts anderes vorgeschrieben ist (wie z. B. im Bereich der gesamten Ordnungs- und Abgabenverwaltung, aber auch in weiten Teilen der Leistungsverwaltung, die ein öffentlich-rechtliches Handeln vorschreiben), hat die Verwaltung Wahlfreiheit. D. h., sie hat die Befugnis, Verwaltungsaufgaben in öffentlich-rechtlicher, aber auch in privatrechtlicher Form zu besorgen.
Beispiel: Die Gemeinde betreibt ihr Wasserwerk in privatrechtlicher Organisationsform und regelt (bei dieser Organisationsform dann zwingend) das Benutzungsverhältnis privatrechtlich (Rn. 53).
Abwandlung: Die Gemeinde betreibt ihr Wasserwerk in eigener Regie (öffentlich-rechtliche Organisationsform). Hier kann sie das Benutzungsverhältnis öffentlich-rechtlich (Satzung) oder privatrechtlich (AGB) regeln.
17Da der Staat hier die Möglichkeit hat, öffentliche Aufgaben auch in privatrechtlicher Form auszuführen, soll er sich durch Wahl einer privatrechtlichen Organisationsform bzw. eines privatrechtlichen Benutzungsverhältnisses seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung nicht entziehen können. Deswegen ist allgemein anerkannt, dass die Verwaltung bei der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in der Form des Privatrechts ihren öffentlich-rechtlichen Bindungen, also insbesondere der Grundrechtsbindung, unterworfen ist (BGHZ 52, 325, 327; 91, 84, 96 f.; Maurer/Waldhoff, AVR, § 3 Rn. 26 ff. m. w. N.).
Beispiel: Städtische Straßenbahn AG muss bei der Tarifgestaltung den Gleichheitssatz (Art. 3 I GG) beachten.