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Das Ende der spanischen Kolonialherrschaft (1808–1826)

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Aus den Unabhängigkeitskämpfen ging in den 1820er-Jahren die Republik Peru hervor. Für fast drei Jahrhunderte bildete das Andenland das Kerngebiet des riesigen Vizekönigreichs Peru, das zum überseeischen Erbbesitz der spanischen Monarchie gehörte. Für die Loslösung der amerikanischen Kolonien war letztlich die wirtschaftliche und militärische Schwäche Spaniens ausschlaggebend. Im 18. Jahrhundert waren Großbritannien und Frankreich die führenden europäischen Großmächte, die eine Reihe von Kriegen um die weltweite Vorherrschaft ausfochten. Wieder und wieder wurde Spanien im Soge Frankreichs in langwierige, kostspielige Kriege hineingezogen.

Seit dem Dynastiewechsel im Jahr 1700 lösten sich Könige aus dem französischen Adelsgeschlecht der Bourbonen auf dem spanischen Thron ab. Dem Vorbild des absolutistischen Frankreichs nacheifernd, bemühten sie sich, Spanien wieder zu altem Glanz und zu alter Größe zurückzuführen. Eine Reihe einschneidender Neuerungen – bekannt unter der Bezeichnung Bourbonische Reformen – sollte die Autorität der spanischen Zentralregierung stärken, die Wirksamkeit des staatlichen Verwaltungssystems erhöhen und die Wirtschaft ankurbeln. Unter König Philipp V. (Felipe V.; 1700–1746) wurde vom riesigen Vizekönigreich Peru, das eine Fläche von rund zehn Millionen km2 einnahm, das Vizekönigreich Nueva Granada (Neu-Granada) mit der Hauptstadt Santa Fe de Bogatá abgetrennt. Aufgrund dieser territorialen Neuordnung büßte Peru seine nördlichsten Gebiete ein mit den heutigen Ländern Kolumbien, Ecuador, Panama und Teilen Venezuelas.

1759 übernahm mit Karl III. (Carlos III.) ein ausgeprägt reformorientierter König für fast drei Jahrzehnte den spanischen Thron. Weit stärker als seine bourbonischen Vorgänger war er gewillt, die mit dem monarchischen Absolutismus verbundene Machtfülle zu nutzen, neue Institutionen zu etablieren und an der französischen Verwaltung orientierte Arbeitsmethoden einzuführen. Unter Karl III. kam es 1776/1777 zur Etablierung des Vizekönigreiches Río de la Plata mit der Hauptstadt Buenos Aires. Damit wurden Buenos Aires, Tucumán, Paraguay, Santa Cruz de la Sierra, Hochperu (Bolivien) mit der sagenhaften Silberstadt Potosí und ein Teil Westargentiniens (Cuyo) dem politischen und ökonomischen Einfluss von Lima entzogen. Das Vizekönigreich Peru bestand somit nur noch aus dem heutigen Peru und aus Chile.

Trotz breiten Widerstandes konnten die Bourbonen viele ihrer Reformen durchsetzen, wobei die Steuereinnahmen substanziell erhöht, die administrative Effizienz gesteigert und die grassierende Korruption reduziert wurden. Der Preis dafür war allerdings unverhältnismäßig hoch. Zum einen führten die revidierte Steuerpraxis sowie das Schließen zahlreicher Schlupflöcher in der Verwaltung zu erheblichen Animositäten zwischen der einheimischen Elite und frisch aus Spanien eingereisten Funktionären. Zum anderen machte sich die allgemeine Empörung in Gewaltausbrüchen und Meutereien Luft, die ihren Kulminationspunkt im Großen Aufstand von 1779 bis 1782 erreichten. In dieser Zeit erschütterten Massenerhebungen ein riesiges Gebiet, das von Cusco über La Paz bis ins heutige Nordwestargentinien und Nordchile reichte. Im Verlauf des Großen Aufstands verloren Zehntausende ihr Leben und es spielten sich unfassbare Gräueltaten ab. Nach der blutigen Zerschlagung der Aufstandsbewegung dauerte es fast drei Jahrzehnte, bis sich erneut Widerstandsherde bildeten, die eine ernsthafte Gefahr für die spanische Herrschaft darstellten.

Auf Karl III. folgte Karl IV. (Carlos IV.), der von 1788 bis 1808 herrschte, das Werk seines Vaters jedoch nur unvollkommen weiterverfolgte. Nach seiner Inthronisation sah sich Karl IV. mit dem Ausbruch der Französischen Revolution (1789) konfrontiert, die zur Hinrichtung des französischen Königs Ludwig XVI. führte. Die Enthauptung seines bourbonischen Verwandten beeinträchtige zwar das traditionell enge Verhältnis zwischen den beiden Nachbarländern, Hauptfeind Spaniens blieb aber auch weiterhin England. Seit 1796 bekriegten die beiden rivalisierenden Seemächte einander fast ständig. Die dreijährige Blockade des spanischen Haupthafens Cádiz unterbrach die Versorgungslinie zwischen Spanien und seinen überseeischen Gebieten, noch bevor die vernichtende Niederlage des spanisch-französischen Flottenverbandes in der Schlacht von Trafalgar (21. Oktober 1805) den Engländern endgültig die Vorherrschaft zur See verschaffte. Spanien verlor einen Großteil seiner Flotte und büßte damit weitgehend seine Fähigkeit ein, Truppen aus dem Mutterland über den Atlantik zu verschiffen.

Die bourbonische Reformpolitik, welche die überseeischen Provinzen deutlicher denn je als abhängige Kolonien behandelte, stieß bei den Betroffenen auf entschiedene Ablehnung. Indianer und Angehörige der Unterschichten rebellierten gegen die erhöhte finanzielle Belastung, die das verschärfte Steuerregime und die Einführung neuer Staatsmonopole nach sich zog. Unter den einheimischen Eliten trug der Abbau angestammter Privilegien zusammen mit der Bevorzugung von Europaspaniern bei der Ämtervergabe zur Entfremdung vom Mutterland bei. Ebenfalls Anlass zur Unzufriedenheit gab das merkantilistische Außenhandelssystem: Die Lockerungen bestehender Handelsbeschränkungen gingen den einen nicht weit genug, für die Profiteure des alten Handelssystems gefährdeten die Neuregelungen die wirtschaftliche Existenz.

Als 1808 napoleonische Truppen in Spanien einmarschierten und weite Teile der iberischen Halbinsel besetzten, eröffnete sich für die überseeischen Gebiete die Möglichkeit, ihre Beziehungen zum Mutterland neu auszuhandeln. Auf Forderungen nach mehr Rechten folgte bald der Ruf nach einer vollständigen Lösung von der spanischen Monarchie – wenn nötig auch mit Waffengewalt. Bei den frühen militärischen Konflikten bekämpften spanientreue Truppen – Royalisten oder Loyalisten genannt – Aufständische, die sich selbst als Patrioten bezeichneten. Anfänglich nahmen beide Seiten für sich in Anspruch, für den spanischen König Ferdinand VII. zu kämpfen, der in Frankreich unter Hausarrest stand. Bald jedoch stellte sich heraus, dass der Hauptantrieb für viele Kämpfer kein übergeordnetes »höheres« Ziel war, sondern dass sie ihre eigenen Partikularinteressen verfolgten. Dazu gehörten das Streben nach lokaler oder regionaler Dominanz gleichermaßen wie das Beutemachen, Rachefeldzüge oder die Verbesserung der eigenen sozioökonomischen Position. Seitenwechsel aus Opportunitätsgründen, wechselnde Gefolgschaft, hohe Desertationsraten und häufige Amnestien waren die Folge.

Während mehrere Regionen Spanisch-Amerikas aus eigener Kraft die Unabhängigkeit erkämpften, blieb Peru lange Zeit fest in spanischer Hand. Als letztes Bollwerk Spaniens erreichten Peru und Hochperu (Bolivien) die Unabhängigkeit nicht ohne auswärtige Hilfe. Heere aus den befreiten südamerikanischen Gebieten übernahmen diese Aufgabe.

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