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Neue Angriffsstrategie

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Drei Mal waren »patriotische« Truppen aus der Río-de-la-Plata-Region in Hochperu eingedrungen, um vom heutigen Bolivien aus das Vizekönigreich Peru anzugreifen. Und drei Mal hatten royalistische Verbände die Vorstöße zurückgeschlagen. Die Misserfolge bewogen den »patriotischen« General José de San Martín zu einer fundamentalen Änderung der Angriffsstrategie: Peru sollte nicht mehr über den langwierigen Landweg attackiert werden, sondern von seiner südlichen Flanke in Chile aus, und zwar auf dem Seeweg. Voraussetzung zur Verwirklichung dieses kühnen Planes waren die riskante Überquerung der Anden, die Eroberung des Generalkapitanats Chile sowie die Übernahme der Seeherrschaft im südlichen Pazifik.

Gegen Ende des Jahres 1816 stand San Martíns Armee bereit, um von Mendoza aus über die Anden in Chile einzumarschieren. Über mehrere Einfallsachsen rückten die Truppen ins Generalkapitanat vor. Während der Überquerung der Berge, die ungefähr 20 Tage beanspruchte, mussten die einzelnen Heeresteile Passhöhen von bis zu 5000 m bewältigen. Unter den 5000 Soldaten befand sich ein großes Kontingent ehemaliger Sklaven und eine Handvoll Europäer – Veteranen der Napoleonischen Kriege. Nach verschiedenen blutigen Zusammenstößen fiel die definitive Entscheidung in der Schlacht von Maipú (auch: Maipó) am 5. April 1818. Die 3000 Mann starken royalistischen Verstärkungstruppen aus Peru – die Hälfte davon Peruaner, die andere Hälfte Europaspanier, die frisch aus Panama eingetroffen waren – wurden vernichtend geschlagen. Dank diesem Sieg war die Unabhängigkeit Chiles erkämpft, auch wenn im Süden noch einige Jahre royalistische Guerillas operierten und die letzte spanische Festung auf Chiloé sich erst im Jahr 1826 ergab. Mit der Niederlage von Maipú verlor Peru einen Teil seiner Pazifikflotte und büßte eine seiner dynamischsten Handelszonen ein. Dem königlichen Schatzamt in Lima entgingen die substanziellen Abgaben auf Getreide- und Talgimporte beziehungsweise Zucker- und Melasse-Exporte, während der legale Überseehandel mit Spanien über die Kap-Hoorn-Route praktisch zum Erliegen kam. Bislang waren jährlich rund 180 000 Fanegas (ca. 10 Million Liter) chilenisches Getreide nach Lima verschifft worden. Mit der Unterbrechung des Handels schlitterte die Hauptstadt in eine lange Versorgungskrise, in der Getreidemangel, Lebensmittelspekulation und Hunger eine verheerende Rolle spielen sollten.

Nicht nur im südlichen, auch im nördlichen Südamerika mussten die Royalisten herbe Niederlagen einstecken. Im Juli 1818 nahmen Simón Bolívars Truppen im nordöstlichen Venezuela die Stadt Angostura (heute Ciudad Bolívar) ein. Damit verfügten auch Venezuelas »Patrioten« über einen festen Stützpunkt, der ihnen als Aufmarschgebiet gegen die Spanier diente. Selbst innerhalb Perus flackerten wieder Unruhen auf, so im Juli in der Provinz Andahuaylas und im Oktober in der Provinz Aymaraes.

Unterdessen erstanden die »Patrioten« Zentralchiles in London Schiffe und Ausrüstungsmaterial. Als Kommandanten für ihre neu geschaffene Flotte mit sieben Kriegsschiffen gewannen sie den schottischen Lord Thomas Cochrane, einen der bekanntesten Marineoffiziere Großbritanniens. Im Januar 1819 stieß Cochranes Flottenverband, dem auch ein Kontingent von 100 Schwarzen aus der La-Plata-Region angehörte, in peruanische Gewässer vor. Die Kriegsschiffe nahmen Limas Hafen Callao unter Beschuss. Während ein Teil der Flotte den Hafen abriegelte, griff Cochrane mit den restlichen Schiffen Häfen entlang der Nordküste an. »Patriotische« Emissäre gingen an Land, verteilten Propagandamaterial und nahmen Kontakte zu peruanischen Unabhängigkeitskämpfern und Rebellenführern auf. Gleichzeitig verschlechterte sich die Sicherheitslage im peruanischen Küstengebiet merklich: Sklaven flohen aus den Plantagen, subversive Aktivitäten hatten Hochkonjunktur, das Banditentum wucherte und Raubüberfälle auf den Straßen häuften sich.

Angefangen mit Supe am 5. April proklamierten mehrere peruanische Küstenorte die Unabhängigkeit. Lord Cochrane gelang es aber nicht, Lima in die Knie zu zwingen. Im Mai hob er die Blockade des Hafen Callao auf und segelten nach Chile zurück. Im September des gleichen Jahres fuhren Cochranes Schiffe abermals Richtung Norden los. Sie sperrten erneut die Zufahrt zu Limas Hafen und stießen anschließend bis nach Guayaquil vor. Ohne vorgängige Absprache mit der chilenischen Regierung nahm Cochranes Flottenverband Anfang Februar 1820 in einem Husarenstreich den stark befestigten Hafen von Valdivia in Südchile ein. Außerdem gelang es dem Schotten, royalistische Verstärkung aus Spanien abzufangen, den spanischen Handel im Südpazifik zu unterbinden und die peruanische Küste weiterhin unsicher zu machen. Dem nicht genug: Mit der tollkühnen Kaperung der gut gesicherten Fregatte Esmeralda im Hafen Callao im November erwies der schottische Marineveteran der Unabhängigkeitsbewegung einen unschätzbaren Dienst. Denn mit der Esmeralda, die über 44 Kanonen verfügte, verloren die Königstreuen das Flaggschiff ihrer Pazifikflotte.

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