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Eine unangenehme Nachricht

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Lord-Admiral Sir John Prewitt stand neben seinem Schreibtisch und betrachtete missmutig die Tastatur auf der Schreibfläche des Kistenförmigen Gegenstandes vor sich. Sein Adjutant und zwei Helfer hatten den mobilen Computer des Admirals herein gerollt, den Dampfkessel angeheizt und den Raum dann wieder verlassen. Sir John hatte seinen Schlüssel in das Schloss gesteckt und die Mechanik des Gerätes damit freigegeben. Der Dampf begann nun durch die zahllosen winzigen Rohrleitungen und Ventile zu strömen, bewegte hydraulische Kolben, die mit bloßem Auge kaum zu erkennen waren. Die Druckanzeige stieg und die Funktionslampen wechselten zunehmend auf grünes Licht. In wenigen Minuten würde das Gerät betriebsbereit sein.

Sir John konnte sich noch an die Geschichten seines Großvaters erinnern, der ihm von tragbaren Computern erzählt hatte, die drahtlos mit dem weltweiten Internet verbunden gewesen waren. Solange, bis kriminelle, politische oder schlicht ehrgeizige Hacker dieses Informationsnetz immer mehr missbraucht, und ganze Staaten und Wirtschaftssysteme an den Rand des Zusammenbruchs gebracht hatten. Der alte Herr hatte von Botnetzen und Viren berichtet und doch tatsächlich behauptet, ein elektronisches Gerät könne daran erkranken. Natürlich war das völliger Unsinn. Der alte Herr war ohnehin schon senil gewesen und hatte zu maßlosen Übertreibungen geneigt. Immerhin, im Nationalmuseum wurden ein paar merkwürdige Geräte ausgestellt, doch das hatte für Sir John nicht viel zu besagen, da keines von ihnen funktionierte.

Sein Dienstcomputer gehörte zu den modernsten und leistungsfähigsten seiner Art. Er nutzte gravierte Kristallspeicher und arbeitete selbstverständlich mechanisch. Mikroskopische Zähne regulierten die Stellung von „0“ oder „1“ und machten so die alte Programmiersprache nutzbar. Doch bei allem feinmechanischen Wunderwerk waren die Computer unhandlich, und selbst die optimistischsten Forscher träumten schon lange nicht mehr von tragbaren Versionen. Eine Vernetzung gab es allenfalls, indem man Speicherwerke untereinander austauschte und das war ein sehr umständliches Verfahren.

Sir John hatte seinen Computer inzwischen ausreichend vorgeheizt und auf die richtige Betriebstemperatur gebracht. Das kleine Dampfwerk zischte und aus dem Hauptrechner war das hektische Summen und Klappern von Kolben und Zahnrädern zu hören, die auf die Tastaturbefehle reagierten. Sir John holte den Kristallspeicher aus seinem Safe und schob ihn in die Abtasterhalterung. Er enthielt die aktuellen Zahlen der Royal Navy. Ein winziger Schreiber ritzte die Informationen in die Kristallstäbe, die mithilfe einer Lampe und einem Mikroskop ausgelesen werden konnten. Zugegeben, die Speicher mochten ein wenig klobig sein, doch dafür waren sie nicht zu manipulieren. Was einmal in ihnen notiert war, ließ sich nicht mehr löschen, es sei denn, man zerschlug das Kristall.

Der Lord-Admiral hatte die lange Liste der im Dienst befindlichen Schiffe der Royal Navy aufgerufen. Sie war nach Typen geordnet und wurde von seinem Adjutanten auf dem neuesten Stand gehalten. Ja, die Liste war lang und genau deshalb verdeutlichte sie dem hohen Offizier die Zwickmühle, in der sich seine geliebte Navy befand.

Schiffe kosteten Goldvictorias und benötigten Mannschaften, die man ebenfalls mit Goldvictorias entlohnte. Englands Flotte war stark und schien Unsummen zu verschlingen, denn mit Schiffen und Besatzungen war es ja nicht getan. Die Schiffe mussten gewartet und repariert werden, wurden zudem modernisiert, damit sie länger im Dienst bleiben konnten. Dafür benötigte man Logistik. Anlagen, und Männer und Frauen, dazu die Marineakademie, die Admiralität … Die Liste dessen, was man zum Unterhalt der Royal Navy benötigte, schien kein Ende zu nehmen und doch fragte sich Sir John besorgt, ob die Marine stark genug sein würde Napoleon aufzuhalten, wenn dieser über den Kanal setzen wollte.

Er stieß ein unwilliges Knurren aus, als es an der Tür klopfte, diese sich öffnete und sein Adjutant, Commodore Frobisher, herein kam.

„Sie sehen ausgesprochen unerfreut aus, Frobisher“, stellte Sir John fest. „Falls Sie mir schlechte Nachrichten überbringen wollen, drehen Sie sich am besten gleich wieder um. Ich kann keine schlechten Nachrichten gebrauchen.“

„Nun, ich fürchte, Mylord, diese Nachricht ist wirklich schlecht.“

Der Lord-Admiral seufzte abgrundtief. „Na, geben Sie schon her.“

Der Adjutant überreichte ihm ein gerolltes Schriftstück. Gerollt und nicht gefaltet wie es eigentlich üblich war. Sir John seufzte erneut. „Mit einer Nachrichtenrakete gekommen?“

„Aye, Mylord, von der Orbitalstation. Kam bei Dublin aus dem Nebel und wir hatten Glück, dass man den kleinen Zylinder so schnell entdeckte. Die Dampfanlage des Signalpfeifers war fast am Ende und ohne das nervtötende Schrillen ist es schwer, die Dinger zu entdecken. Es sei denn, natürlich, man kann ihren Sinkflug am Fallschirm beobachten“, schränkte der Adjutant ein. „Aber bei unserem Nebel …“

„So hinderlich der Nebel für uns gelegentlich auch sein mag, so ist er für den Franzosenkaiser noch weit unangenehmer“, meinte Sir John nachdenklich und öffnete das Schriftstück. „Der Nebel ist mehr auf unserer Seite, als auf der Napoleons. Immerhin ein Freund, den wir haben. Wenn auch nicht immer zuverlässig.“

Eine Botschaft, die mit einer der kleinen Nachrichtenraketen von der Orbitalstation kam … Das konnte nur eine böse Überraschung bedeuten. Sir John begann zu lesen. „Wissen Sie, Frobisher, was man im Nachrichtenwesen sagt?“, murmelte er, ohne das Studium des Inhalts zu unterbrechen. „Gute Nachrichten haben Zeit, schlechte Nachrichten haben Eile.“ Er ließ die Schriftrolle sinken und stieß einen leisen Fluch aus. „Und das hier, Frobisher, ist wahrhaftig eine schlechte Nachricht.“

„Ich weiß“, erwiderte der Adjutant. Natürlich kannte er den Inhalt, denn es war seine Aufgabe alle Nachrichten zu lesen, die nicht ausdrücklich an den Lord-Admiral persönlich gerichtet wurden.

„Das ist der zweite verlorene Raumdampfer innerhalb nur eines Jahres, verdammt“, stieß Sir John grimmig hervor.

„Innerhalb eines halben Jahres, Mylord“, korrigierte Frobisher.

„Doppelt verdammt.“ Sir John warf die Botschaft auf den Schreibtisch, erhob sich und begann in seinem Amtraum auf und ab zu schreiten. „Der zweite Frachter, Frobisher. Der Zweite.“

„Ja, Mylord.“

„Henlon Industries verfügt nur über vier Raumdampfer.“

„So ist es, Mylord.“

„Verflucht, Frobisher, Sie sind wirklich verdammt hilfreich.“

„Ich bin stets bemüht, Mylord“, versicherte der Adjutant, der die Marotten des Lord-Admirals kannte und seine Erregung nur zu gut verstand.

„Zwei Frachter. Das sind fünfzig Prozent weniger Thermionit. Und das auch nur, wenn den anderen Dampfern nichts zustößt.“

„Zustößt?“

„Verdammt, Frobisher, ein Hiromata-Antrieb versagt nicht. Die Dinger sind so kompliziert und empfindlich wie ein Stahlbarren. Da kann höchstens der Strom ausfallen und dann könnte ein Frachter immer noch mit Dampfantrieb fliegen. Schön, er wäre lange unterwegs, aber er käme an.“

„Vielleicht ist der Kessel explodiert und hat den Raumfrachter zerrissen?“

Der Lord-Admiral stockte kurz im Schritt, überlegte und nahm dann seine Wanderung wieder auf. „Immerhin, bei einem Schiff wäre eine Kesselexplosion vielleicht möglich … Aber es sind zwei Schiffe verschwunden. Nein, Frobisher, da hat weder der Hiromata versagt, noch ist ein Kessel explodiert. Da hat jemand dran gedreht, darauf möchte ich wetten.“

„Ein feindlicher Akt, Mylord?“

„Das erscheint mir die einzige Erklärung“, gestand Sir John. Erneut blieb er stehen und sah den Adjutanten scharf an. „Ich brauche eine Audienz bei Ihrer Majestät. Schnellstmöglich, Frobisher. Und ich brauche eine Verbindung zu Premierminister Gordon.“

„Natürlich schnellstmöglich, Mylord.“ Frobisher wartete keine Entgegnung ab, salutierte flüchtig, aber durchaus Respektvoll, und zog sich zurück.

Sir John Prewitt trat an seinen Schreibtisch und starrte versonnen auf die Weltkarte, die an einer der Wände hing. „Zwei Frachter in einem halben Jahr“, sagte er leise zu sich selbst und nickte bedächtig. „Es kann nur ein feindlicher Akt sein.“

Das Empire hatte sicher ein paar Neider, aber nur einer hatte einen direkten Vorteil wenn das Thermionit knapp wurde – Der Kaiser der Franzosen.

Sir John hatte den Verdacht, dass Napoleon irgendwie dahinter steckte. Aber ein Gefühl reichte nicht aus. Er benötigte Beweise, und England brauchte Thermionit.

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