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4. Affirmative und kritische Theologie

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Beteiligung der Religionsgemeinschaften

Bereits im zweiten Kapitel wurde skizziert, dass die Theologie eine eigentümliche Stellung einnimmt: Sie ist zugleich frei und konfessionell gebunden. Ihre konfessionelle Bindung als katholische, evangelische, christliche, islamische (oder wie man immer den Bezug fassen mag), unterscheidet sie von anderen religionsbezogenen Studien und macht sie als kritische Selbstreflexion einer Glaubensgemeinschaft universitätspolitisch interessant und gesellschaftlich relevant. Theologie ist daher ohne das Gespräch mit den Religionsgemeinschaften nicht zu haben. Denn wer soll denn bestimmen, was katholisch ist, wenn nicht die katholische Kirche, und was evangelisch sein soll, wenn nicht die entsprechende evangelische Kirche? Die Säkularität des Staates wurzelt normativ gesehen in der Religionsfreiheit seiner Bürger (vgl. Dreier 2018, 9–17), die positiv gesehen eine Freiheit zu Religion und negativ gesehen auch das Recht ist, frei von Religion leben zu können. Beide Rechte können aber nur dann von Bürgern ausgeübt werden, wenn der Staat selbst nicht als religiöser Akteur auftritt. Daher darf er nicht bestimmen, was katholisch oder evangelisch ist, und deshalb auch nicht festlegen, was katholische oder evangelische Theologie sein soll. Sollen diese Disziplinen dennoch an staatlichen Universitäten vertreten sein, ist eine Kooperation zwischen dem Staat und den Religionsgemeinschaften nötig.

Diskursfähigkeit?

Diese Zusammenarbeit verlangt aber auch den Gemeinschaften Einiges ab. Sie müssen akzeptieren, dass Theologie an staatlichen Universitäten dem direkten Zugriff einer Religionsgemeinschaft entzogen ist. Die akademische Theologie kann daher in der positiven Dimension ihres Tuns religiöse Phänomene schonungslos analysieren und kontextualisieren. Auf spekulativer Ebene sind Theologen in der Lage, kritisch gegenüber den Kirchen oder ihren Vertretern aufzutreten, indem sie deren Wahrheitsanspruche prüfen und eventuell auch als unberechtigt zurückweisen. Diese Kritik ließe sich sogar auch als religiös motivierte Angelegenheit begreifen: Weil der Theologin etwas an ihrer Gemeinschaft liegt, mit der sie sich gläubig identifiziert, kritisiert sie diese von innen heraus. Die Diskursfähigkeit einer Religionsgemeinschaft zeigt sich an dem Grad, in dem sie diese Kritik zulässt und vielleicht sogar gezielt wünscht, weil sie in ihrer positiven Dimension Selbstaufklärung betreibt und in ihrer spekulativen Dimension Alternativen aufzeigt.

Einführung in die Systematische Theologie

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