Читать книгу Einführung in die Systematische Theologie - Michael Seewald - Страница 27

5. Was ist Religion?

Оглавление

Aus der vorgeschlagenen Definition von Theologie wurde bisher noch nicht geklärt, was unter religiösen Überzeugungen genau zu verstehen ist. Kaum ein Begriff ist in der Gegenwart so umstritten wie der der Religion.

Eine normativ gefärbte Bezeichnung

Das Wort „religio“ ist zwar antiken Ursprungs, hat seine heutige Bedeutung jedoch erst in der Neuzeit angenommen. Der Rhetor und Philosoph Cicero (106–43 v. Chr.) leitete es vom lateinischen „relegere“ ab, was den sorgfältigen Umgang mit kultischen Angelegenheiten beschreibt; der christliche Schriftsteller Laktanz (ca. 250–320) behauptete, „religio“ komme von „religare“ und bezeichne die Bindung des Menschen an Gott (vgl. Feil 1986). Auch wenn die etymologische Richtigkeit dieser Herleitungen fragwürdig ist, bleiben sie inhaltlich aufschlussreich, weil sie bereits einige Charakteristika und die Problematik des späteren Religionsbegriffs andeuten: Antworten auf die Frage, was Religion ist, stehen in der Gefahr, sich an dem zu orientieren, was der Antwortgebende im normativen Sinne unter „guter“ Religion versteht. Es ging Cicero nämlich nicht um irgendeinen Kult und Laktanz nicht um die Bindung an irgendwelche Götter, sondern es ging Cicero um den gewissenhaft ausgeübten, korrekten Kult und Laktanz um die Verankerung des Lebens in dem einen, wahren Gott. Im Kontext der frühneuzeitlichen Herausbildung unterschiedlicher Konfessionskirchen wurde „Religion“ als ein Terminus mittlerer Allgemeinheit eingeführt, der weit genug war, um Katholiken, Lutheraner oder Reformierte als unterschiedliche „Religionsparteien“ zu umfassen, aber noch kaum auf das Judentum oder den Islam, und erst recht nicht auf Erscheinungen wie den Buddhismus oder animistische Praktiken angewandt wurde.

Einführung in die Systematische Theologie

Подняться наверх