Читать книгу Unter Piraten - Miriam Lanz - Страница 8
Оглавление15. Mai im Jahre des Herrn 1713:
„Ich glaub´, sie wacht auf. Geh´ und hol´ den Käpt´n.“
Gwyn nahm die fremde, raue Stimme wie durch einen dichten Nebel wahr. Sie blinzelte. Das grelle Licht zwang sie jedoch die Augen sofort wieder zu schließen.
„Oh, Gott!“, stöhnte sie und rieb sich mit der Hand über die Stirn.
„Wie geht es Euch, Missy?“
Gwyn hielt sich schützend die Hand vor ihr Gesicht, als sie nach dem Ursprung der Stimme suchte. Ein Mann beugte sich über sie. Sein Gesicht war braungebrannt und von tiefen Falten zerfurcht, die ihn stark altern ließen. Seine tiefliegenden, schwarzen Augen, verliehen ihm dennoch ein freundliches Aussehen.
„Es könnte besser sein“, sagte Gwyn matt. Der Mann lächelte.
„Da habt Ihr aber wirklich Glück gehabt, Miss.“ Gwyn konnte dem Mann nicht folgen.
'Wo bin ich hier? Was ist passiert?'
Verwirrt sah sie sich um. Die Kajüte, in der sie sich befand, war ihrer Kabine auf der ‚Ventus’ sehr ähnlich.
„Was meint Ihr, als Ihr sagtet, ich hätte ‚Glück gehabt’?“, fragte sie schließlich.
„Eine vornehme Ausdrucksweise habt Ihr, das muss ich schon sagen.“ Der Mann lächelte erneut.
„Ihr ward ganze zwei Tage ohne Bewusstsein. Der Käpt´n gab die Hoffung schon fast auf“, erklärte er nüchtern
Gwyn sah ihn verwirrt an, erwiderte aber nichts. Nach einer kurzen Weile, in der sich Schweigen über den kleinen Raum gelegt hatte, ergriff Gwyn schließlich wieder das Wort: „Bitte, verzeiht Sir, aber... wo bin ich?“
„Ihr befindet Euch auf der ‚Mercatoris’. Ich bin im übrigen Henry.“
Gwyn nickte abwesend. Ihr Blick schweifte erneut durch den Raum, so als suche sie nach etwas ihr Vertrautem.
In diesem Moment flog die Tür schwungvoll auf und ein Mann trat ein. Er trug eine braune Perücke und einen dunklen Anzug.
„Ah, na endlich, Miss, seid Ihr aufgewacht. Ich bin Robert Bradley.“ Der Mann verbeugte sich tief und überschwänglich vor Gwyn.
„Mein Name ist Gwyneth Steward“, brachte sie ein wenig irritiert heraus.
„Verzeiht Miss, dass ich Euch so angehe, aber was ist Euch zugestoßen?“, fragte der Mann beinahe euphorisch.
Gwyn konnte Bradley im ersten Moment nicht antworten.
Ihre Gedanken schweiften zurück zur 'Ventus'. Der Sturm… sie erschauderte, als sie die Bilder, die sich ihr ins Gedächtnis gebrannt hatten, wieder vor ihrem inneren Auge sah.
Die Wellen, der verletzte Kapitän Wilde, das davonfahrende Schiff, die unbeschreibliche Angst und Ungewissheit…
„Miss, ist alles in Ordnung?“ Die besorgte Frage des Kapitäns holte Gwyn wieder in die Gegenwart zurück.
„Wie…wie bitte? Ja, ja mir geht es gut“, meinte sie matt.
„Miss was ist Euch zugestoßen, dass Ihr mitten auf dem Meer getrieben seid?“, wiederholte sich Bradley; dieses Mal etwas langsamer.
„Wir gerieten in einen Sturm und…ich fiel über Bord“, nuschelte Gwyn schließlich geistesabwesend.
„Auf welchem Schiff seid Ihr gereist?“, fragte Bradley weiter.
„Auf der ‚Ventus’.“
Als Bradley nach wenigen Minuten alles, was er wissen wollte, in Erfahrung gebracht hatte, richtete er sich zufrieden an Henry, der die ganze Zeit an der Wand direkt neben der Tür gestanden und zugehört hatte.
„Hol` ihr etwas Frisches zum Anziehen.“
Erst als Bradley die Anweisung gegeben hatte, bemerkte Gwyn, dass sie immer noch ihr schlichtes weißes Unterkleid trug und man sie lediglich mit einigen Decken zugedeckt hatte.
„Ja, Sir“, Henry verbeugte sich und verließ den Raum. Lächelnd wandte sich der Kapitän nun wieder dem Mädchen zu.
“Ich bestehe darauf, dass Ihr mit mir zu Abend esst, Miss Steward.“ Gwyn nickte abwesend. Bradley verneigte sich abermals überschwänglich und verließ ebenfalls den Raum.
Kaum war Gwyn alleine, wanderten ihre Gedanken wieder zurück auf die Fregatte. Der Regen…die Schreie…ihr Onkel.
Ihre Gedanken kreisten nur noch um eine Frage: Was war mit ihm passiert? Vor der ersten Welle hatte sie ihn noch an Deck gesehen, danach war er verschwunden….
‚Oh Gott…er wird doch nicht auch über Bord gefallen sein.’ Der Gedanke trieb ihr Tränen in die Augen.
‚Großer Gott…bitte mach, dass es ihm gut geht. Bitte mach, dass er auch gerettet worden ist, dass er auch so viel Glück hatte wie ich, bitte, bitte’
Trotz der vielen Decken begann Gwyn zu zittern. Sie schluckte schwer.
Plötzlich klopfte es an der Tür und Henry trat ein. Über seinem Arm hingen verschiedene Kleidungsstücke.
„So, Miss, “ Er breitete die Stücke vor Gwyn aus.
„Ich habe Euch verschiedene Größen gebracht. Ich hoffe Ihr findet etwas Passendes!“ Henry schien Gwyns derzeitigen Zustand nicht wahrgenommen zu haben - zumindest ging er nicht darauf ein.
„Ruft mich, wenn Ihr fertig seid!“, meinte er schlicht und verließ wieder das Zimmer.
Für einige Sekunden blieb Gwyn regungslos sitzen. Dann aber beschloss sie diese düsteren Gedanken bei Seite zu schieben und betrachtete zur Ablenkung die Kleidungsstücke neugierig.
Verschiedene Kniehosen aus groben braunem Stoff lagen da und Leinenhemden in unterschiedlichen Größen. Gwyn nahm die Hose, die am kleinsten aussah und hielt sie vor sich. Sie seufzte gleichgültig ehe sie sich von ihrem Unterkleid befreite und in die Hose schlüpfte. Während sie diese mit einer Hand festhielt, griff sie mit der anderen nach einem grauverwaschenen Hemd und zog es sich über den Kopf. Nachdem sie sich auch noch eine knielange, dunkelrote Weste übergestreift hatte, sah sie prüfend an sich herab und schob sich eine Haarsträhne hinter das Ohr.
Bevor sie die Hand auf die Klinke setzte, atmete sie noch einmal tief durch, dann trat sie heraus. Henry, der an der entgegengesetzten Wand lehnte, musterte sie mit einem amüsierten Lächeln.
„Ähm, Sir…ich bräuchte...nun ja, die Hose ist etwas breit….und ich bräuchte einen …Gürtel.“ Gwyn spürte, wie ihr Röte ins Gesicht stieg.
„Oh, natürlich Miss. Kommt!“ Das Lächeln des Matrosen wurde immer breiter.
Henry führte sie durch die große Kabine hinaus an Deck, wo Gwyn neugierig von der übrigen Besatzung beobachtet wurde, und blieb schließlich vor der Luke, die zur Mannschaftsunterkunft führte, stehen.
“Nach Euch, Miss.“ Gwyn nickte nur und betrat das Unterdeck - dicht gefolgt von Henry.
Der Raum war ausgesprochen groß. Von der Decke hingen unzählig viele Hängematten und bei jeder Hängematte lag ein großer Seesack.
„Die Mannschaftsunterkunft“, erklärte der Seemann knapp. Gwyn erwiderte nichts und beobachtete den Matrosen, der in einem Seesack herumwühlte, beinahe geistesabwesend. Als er darin aber nicht das Gesuchte fand, ging er zum nächsten.
„Bitte Joe, denk nichts Falsches, ich werd ´s dir später erklären“, flüsterte er kaum hörbar, ehe er sich an den fremden Seesack zu schaffen machte.
„Wie bitte?“, fragte Gwyn überrascht.
„Nichts, kleine Miss, nichts!“ Der Seemann sah auf und lächelte das Mädchen an.
“Ihr könnt es Euch bequem machen, wenn Ihr wollt. Fühlt Euch ganz wie zu Hause“, er verstummte abrupt, „Na ja, Ihr wisst schon, was ich meine.“
„Ich denke, ich habe Euch verstanden, Sir.“ Sie lächelte, blieb aber in der Mitte des Raumes stehen.
"Gestattet Ihr mir eine Frage, Sir?", meinte sie nach wenigen Augenblicken, in denen sie sich erneut in der Mannschaftsunterkunft umsah. Henry sah überrascht auf, nickte aber.
„Ist es nicht herrlich, ein solches Leben zu führen?“
„Nun ja, Miss, um ehrlich zu sein, ist es nicht halb so herrlich, wie Ihr Euch das vorstellt. Glaubt nicht, dass wir den ganzen Tag tun und lassen können, was wir wollen. Wir müssen harte Arbeit leisten, ganz gleich ob unter strömenden Regen und Sturm oder unter der prallen Sommersonne.“ Henry hatte einen Gürtel gefunden und kam auf Gwyn zu.
“Verzeiht, Miss, wenn ich unbedacht Eure Träume zerstört hab´“.
„Ist schon in Ordnung“, sagte Gwyn beinahe beiläufig. „Dennoch bin ich davon überzeugt, dass ein Leben als Seemann tausendmal aufregender und interessanter ist als das vorgeschriebene Leben einer Frau.“
Henry, der nicht wusste, was er darauf antworten sollte, zuckte nur gleichgültig mit den Schultern.
„Hier bitte, Miss“, sagte er stattdessen und reichte Gwyn den Gürtel.
Als sie das Stück angelegt hatte, blies sie sich etwas genervt einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Henry sah ihr amüsiert zu.
„Kommt, Miss“, sagte er schließlich und ließ Gwyn erneut den Vortritt.
“Ich soll Euch zum Käpt´n führen.“ Gwyn nickte kurz und folgte Henry schweigend.
Die Tür zur großen Kabine war aufwendig mit hübschen Schnitzereinen verziert, die verschiedene Seeungeheuer darstellten.
Henry klopfte höflich.
„Herein“, hörte man Bradley sagen. Henry öffnete die Tür und trat ein.
„Sir, das Mädchen.“
„Ah, wunderbar, führ´ sie herein.“ Der Matrose nickte gehorsam und verbeugte sich vor dem Kapitän, trat dann aus der Tür und signalisierte Gwyn mit einem Diener, dass sie eintreten sollte. Bradley verneigte sich bei ihrem Eintritt ebenfalls.
„Sehr schön!“, lächelte er und musterte sie kurz mit hochgezogenen Augenbrauen und dem gleichen amüsierten Lächeln wie Henry. Dann hielt er Gwyn den Arm entgegen.
Das Mädchen ließ sich von Bradley zum gedeckten Tisch führen. Der Kapitän rückte ihr den Stuhl zurecht und nahm dann selbst auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches Platz. Schweigend ließen sie sich den Bratfisch auftragen und begannen zu essen. Für einige Minuten beobachtete Bradley jede Bewegung seines jungen Gastes aufmerksam.
“Ihr seid sehr gut erzogen. Darf ich fragen, auf welcher Schule Ihr ward?“, fragte er schließlich. Gwyn sah geschmeichelt auf.
“Nun, Sir, ich besuchte einige Zeit die höhere Töchterschule St. Elizabeth in Bristol“, antwortete sie nüchtern.
Das restliche Diner verlief, bis auf einige eintönige Gesprächsversuche, die hauptsächlich auf das Wetter bezogen waren, sehr ruhig - was vor allem an Gwyns geistiger Abwesenheit lag. Ihre Gedanken galten einzig ihrem Onkel und was mit ihm geschehen war.
Nach dem Essen erhob sich Bradley, rückte Gwyn den Stuhl zurück und hielt ihr erneut den Arm entgegen
„Ihr werdet in meiner Kabine nächtigen, Miss Steward.“
„Aber nein. Das ist nicht nötig, Sir.“
„Ich bestehe darauf“, sagte der Kapitän so eindringlich, dass Gwyn ihn kein zweites Mal widersprechen konnte. Sie seufzte resigniert, stimmte aber zu.
Nur wenige Augenblicke später öffnete Bradley die Tür zu seiner Kajüte und trat einen Schritt zurück.
„Ich wünsche Euch eine angenehme Nacht, Miss Steward.“ Er verbeugte sich abermals tief, machte auf dem Absatz kehrt und ging.
Bradley hatte die Tür der großen Kabine wieder hinter sich geschlossen, als Gwyn die Kajüte betrat.
Es war das gleiche Zimmer, in dem sie wenige Stunden zuvor erwacht war. An der Wand rechts neben der Tür war ein beinahe raumhohes Heckfenster, hinter dem das Mädchen einen Balkon ausmachen konnte. Durch dieses fiel das fahle Mondlicht und erhellte den Raum. Auf der gegenüberliegenden Seite waren einige Regale angebracht, auf denen Bücher, Karten und Gläser standen; daneben hingen Musketen und Entermesser kunstvoll aufgereiht an der Wand. Vor dem Heckfenster stand ein großer Schreibtisch auf dem ein Globus und ein Tintenfass mit einer Feder darin zu erkennen waren.
Gegenüber dem Heckfenster war ein Bett in die Wand eingebaut, das mit einem Vorhang, der im Moment an einer Seite zusammengebunden war, abgeschirmt werden konnte.
Gwyn sank auf die Bettkante. Als sie aus dem Heckfenster blickte, dachte sie wieder an ihren Onkel.
Was war mit ihm passiert? Wieder drängte sich ihr diese Frage auf. Zusammen mit dem beängstigenden Gefühl, die Antwort bereits zu kennen.
Gwyn schlug sich die Hände vor ihr Gesicht und seufzte schwer. Sie kämpfte erfolglos gegen die Tränen, die ihr in die Augen getreten waren. Langsam legte sie sich flach auf die Matratze und starrte an die schwarze Decke, bevor sie schließlich in einen unruhigen Schlaf fiel.
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Mitten in der Nacht wachte Gwyn schweißgebadet und leichenfahl auf. Im Traum war sie wieder auf der ‚Ventus’ gewesen.
Schwer und unregelmäßig atmend sah sie sich um.
Noch vom Schlaf benebelt, rief sie nach ihrem Onkel. Sie erwartete, dass er jeden Moment den Raum betreten, sich auf die Bettkante setzen und beruhigend auf sie einreden würde, bis sie wieder einschlief.
Als ihr aber bewusst wurde, wo sie war, wusste sie, dass ihr Onkel nicht mehr kommen würde, dass sie seine ruhige Stimme nicht mehr hören würde….
Gwyn spürte, wie ihr heiße Tränen über das Gesicht liefen.
'Onkel....'
„Einen guten Morgen wünsche ich, Miss Steward“, begrüßte Bradley Gwyn, die bereits am Tisch Platz genommen hatte, mit seinem fröhlichen Lächeln. Doch beim Anblick ihres blassen Gesichts und der roten Augen, wurde seine Mine ernster.
„Was ist mit Euch? Fühlt Ihr Euch nicht wohl?“ Die Besorgnis, die in seiner Stimme mitschwang, war nicht zu überhören.
Gwyn sah ihn aus ihren großen, grünen, traurigen Augen an und schüttelte langsam den Kopf. “Ich habe an meinen Onkel gedacht, letzte Nacht... eigentlich schon den ganzen Tag“, erklärte sie langsam.
Irgendetwas an Bradley verleitete sie dazu, sich ihm anzuvertrauen. In seiner freundlichen, netten Art löste er bei Gwyn lang vergessene Erinnerungen an ihren eigenen Vater aus, der selbst einmal ein Kapitän gewesen war.
„Mein Onkel ist bei dem Sturm, genau wie ich, ins Wasser gespült worden, allerdings vor mir. Ich nehme an, dass er nicht das gleiche unfassbare Glück gehabt hat wie ich. ….“, sie schweifte ab. Bradley nickte und sah sie mitfühlend an.
“Aber Ihr dürft die Hoffung nicht aufgeben, Miss“, versuchte er Gwyn, der schon wieder Tränen in die Augen getreten waren, aufzumuntern. Sie lächelte traurig.
„Wer weiß, vielleicht habt Ihr ja recht und er lebt tatsächlich noch“, räumte sie schließlich, aber ohne viel Zuversicht ein und nippte an ihrem inzwischen lauwarmen Tee.
„Gestern habt Ihr mir, wenn ich mich recht erinnere, erzählt, dass Ihr auf dem Weg nach Kingston gewesen seid“, fing Bradley auf einmal an, „Darf ich fragen, was Ihr dort vor hattet?“
“Nun, mein Onkel ist…, war Arzt, müsst Ihr wissen, und das Empire hatte beschlossen ihn, da er gute Dienste leistete, nach Kingston zu schicken. Dort soll es nicht besonderes viele studierte Ärzte geben“, erklärte Gwyn mit belegter Stimme.
„Nun, Miss, warum redet Ihr nicht von Eurem Onkel in der Gegenwart, möchte ich wissen?“, fragte Bradley lächelnd. Gwyn schüttelte dankbar, aber ohne Zuversicht den Kopf.
„Kapitän Bradley, ich muss schon sagen, in der kurzen Zeit, die ich Euch kenne, habe ich festgestellt, Ihr seid ein ewiger Optimist.“ Ein kurzes Lächeln huschte über Gwyns Lippen.
„Nun ja, Miss, besser als immer alles schwarz zu sehen. Euer Lächeln zeigt mir jedoch, dass es keine schlechte Eigenschaft ist. Und vielleicht seht Ihr Euren Onkel schneller wieder als Ihr denkt; wir sind gerade im Moment auf dem direkten Weg nach Kingston.“ Bradleys Euphorie schien von Sekunde zu Sekunde zu zunehmen.
„Und Miss Steward, wenn Ihr Euren Onkel nicht finden solltet, könnt Ihr, wenn wir in Kingston angekommen sind, auch gerne mit mir kommen - zumindest bis sich alles aufgeklärt hat“, bot ihr Bradley, in einem etwas ernsteren Ton, an.
„Vielen Dank, Sir!“, sagte Gwyn, sichtlich überrascht von diesem großzügigen Angebot.
„Ihr wohnt in Kingston?“, fragte sie schließlich.
„Oh ja, Miss. Ich wurde dort geboren und auch meine Kinder werden dort das Licht der Welt erblicken“, erklärte er fröhlich.
„Ihr seid verheiratet?“, fragte Gwyn, noch bevor sie über ihre ungebührliche Formulierung nachdachte. Bradley schmunzelte amüsiert.
„Noch nicht, aber wenn ich wieder zu Hause bin, werde ich um die Hand meiner angebeteten Flora McCessey anhalten“, erklärte er stolz.
„Dann möchte ich die Erste sein, die Euch gratulieren darf“, entschied das Mädchen spontan.
„Das ist Ehrensache, Miss Steward!“
Bradley hatte es in nur wenigen Minuten geschafft, Gwyn - zumindest für kurze Zeit - auf andere Gedanken zu bringen und dafür war sie ihm sehr dankbar.
Nach dem Essen gingen Bradley und Gwyn an Deck, wo der Kapitän begann, seiner Passagierin die Arbeiten, die an Deck verrichtet wurden, zu erklären oder ihr von Seefahrerlegenden - 'Seemannsgarn' wie Bradley sie nannte - zu erzählen. Er schwärmte von Kingston und der Seefahrt und erzählte ihr, dass er mit neunzehn Jahren nach England zum Studieren geschickt wurde, es sich aber anderes überlegte, und der Handelsmarine beitrat. In der dritten Nacht - Bradley hatte Gwyn mitgeteilt, dass sie am morgigen Tag in Kingston ankommen würden - wurde das Mädchen von Schreien und merkwürdigen Geräuschen geweckt. Es klang als würde Metall auf Metall treffen.
Erschreckt setzte sie sich auf. Fahles Mondlicht schien durch das große Fenster und tauchte den Raum in ein gespenstisches Licht.
'Was ist an Deck nur los?'
Unentschlossen stand sie auf und ging zur Tür. Bevor sie aber die Hand auf die Klinke legte, zögerte sie kurz. Die zum Teil markerschütternden Schreie, die von Deck zu ihr drangen, ließen nichts Gutes vermuten...
Doch ihre Neugier war stärker und siegte schließlich über ihre Ängste.
Wie ein Dieb schlich sie Sekunden später durch die große Kabine. Ihre Augen gewöhnten sich nur sehr langsam an die Dunkelheit und sie ertastete sich den Weg durch die Heckkabine.
Als sie durch die verglasten Fenster der Kabine an Deck spähte, glaubte sie, ihr Herz wäre stehen geblieben. Ihre Hände wurden kalt, sie zitterte und brach in Angstschweiß aus.
Beim Anblick der blutgetränkten Macheten, die im hellen Mondschein leuchteten, spürte sie, dass ihr alle Farbe aus dem Gesicht wich. Sie hatte das beklemmende Gefühl ihre Knie würden unter ihr nachgeben.
‚Piraten!’
Das fruchtbare Klirren der Macheten und die entsetzlich gellenden Schreie waren zu ohrenbetäubendem Lärm angewachsen.
Direkt vor dem Fenster, an dem sie stand, war ein Mann erschienen.
Gwyn kauerte sich unter dem Fenster zusammen.
Erst das Geräusch von zerbrechendem Glas, das wenige Augenblicke später folgte, ließ sie ihre Augen wieder öffnen. Der Mann lehnte schwer an der angesprungenen Scheibe. Plötzlich wurde er zurück gezogen, nur um gleich darauf wieder gegen die Fensterscheibe geworfen zu werden.
Das Glas zersprang und der Mann sackte nach hinten. Eine Hand schlug keine Armeslänge von Gwyn entfernt gegen das raue Holz.
Das Mädchen stieß einen spitzen Schrei aus und presste sich sofort ihre zitternden Hände auf den Mund, um jeden weiteren Laut zu ersticken, bevor er ihre Kehle verlassen konnte.
Wie gelähmt blieb Gwyn an die Wand gekauert und starrte mit weit aufgerissenen Augen auf die Hand, von dessen Fingern Blut auf den Boden tropfte.
Mit einem Mal wurde die große Kabine in einen gigantischen Schatten getaucht.
Gwyn hob panisch ihren Blick. Ein Pirat stand vor dem zerbrochenem Fenster. Das Mädchen drängte sich noch näher an die Holzwand; ihre grünen Augen fixierten den Mann. Langsam begann der Pirat zu grinsen, wobei er einige Goldzähne enthüllte, die im Mondlicht leuchteten. Dann riss er die Tür der Achterkabine auf. Leise wimmernd schloss Gwyn die Augen.
Wider der Erwartung kam der Mann aber nicht auf sie zu. Als das Mädchen hörte, dass er sich an dem großen Tisch, der in der Mitte des Raumes stand, zuschaffen machte, öffnete sie ihre Augen wieder.Der Pirat hatte ihr den Rücken zugewandt - er schien sie noch nicht bemerkt zu haben.
Langsam löste sich Gwyn aus ihrer Starre.
'Ich muss hier weg!'
Auf allen Vieren kroch sie zur Tür, wobei sie den Mann nicht aus den Augen ließ.
Sie war keinen Meter mehr vom Türrahmen entfernt, als sich der Pirat plötzlich umdrehte. An seinem Gürtel steckten die Gegenstände, die zuvor auf dem Tisch gelegen hatten.
Im ersten Moment schien er sichtlich verwirrt, dann aber grinste er hämisch.
"Dachtest wohl, du könntest dich verstecken, Rabenaas?“, säuselte er, als er schwerfällig auf sie zukam.
Gwyn ließ den Mann nicht aus den Augen und erhob sich mühevoll. Mit dem Rücken lehnte sie an der Wand.
'Großer Gott!'
Der Pirat hatte seine Machete zum ersten Hieb erhoben. Er war nur noch wenige Schritte von ihr entfernt, als etwas Leuchtendes zu ihrer Linken Gwyns Aufmerksamkeit erlangte - der glänzende Griff des Messer, das den Mann am Fenster getötet hatte.
Wider fest auf den Pirat fixiert, dessen bösartiges Grinsen immer breiter wurde, machte sie einen plötzlichen Satz auf die Leiche zu. So lähmend ihre Angst noch vor wenigen Minuten war, gab sie ihr nun neue Kraft.
Blind tastete sie nach dem Messergriff; ihre zitternden Finger umschlossen schließlich das kalte Metall und zogen das Messer aus der Leiche.
Der Pirat, der sie aus kalten Augen anstarrte, stürzte mit erhobener Waffe auf sie.
"Na warte. Dir werd´ ich helfen."
Instinktiv warf sich das Mädchen auf die Seite und kroch auf allen Vieren hastig aus der Reichweite des Piraten. Ihre Hand hielt das Messer immer noch fest umschlossen.
Die Machete verfehlte ihr Ziel und schlug stattdessen in die Leiche.
Irritiert sah der Pirat hoch, funkelte Gwyn dann aber hasserfüllt an.
Wieder kam er wankend auf sie zu.
'Scheint, betrunken zu sein'
Nichtsdestotrotz richtete sich Gwyn auf und wich ängstlich nach hinten.
Mit dem Rücken stieß sie gegen ein Regal. Sie hörte die Gläser, die darin standen, laut klirren. Gwyn wimmerte. Noch nie hatte sie solche Angst gehabt.
Der Pirat lachte abermals laut und hämisch auf, als er ihre ausweglose Lage begriff.
Als Gwyn seinen rasselnden Atem hören konnte und sie von dem Geruch starken Alkohols umhüllt wurde, richtete sie die blutige Klinge mit zitternder Hand auf den Piraten, der sich bedrohlich über ihr aufgebaut hatte und ein weiteres Mal ausholte.
Beinahe geistesabwesend und ihrem ersten Impuls folgend rammte Gwyn blitzschnell das Messer in den Bauch des Angreifers.
Das Grinsen erstarb auf seinem Gesicht. Ein gewaltiger Blutstrahl schoss aus seiner tödlichen Wunde. Das Messer fiel klirrend in die Blutlache. Der Pirat stöhnte, krümmte sich und sah fast ungläubig auf die Stichwunde ehe er zusammensackte.
Gwyn beobachtete dies mit blankem Entsetzten.
Gefangen in einer Welt aus unbeschreiblicher Angst, die ihre unerbittlich, langen Hände nach ihr ausstreckte, nahm sie um sich herum nichts mehr wahr. Sie konnte einfach nicht glauben, was sie getan hatte.
Nachdem der Pirat zu Boden gefallen war, kreischte Gwyn panisch auf und rannte los. Sie wollte weg! Weg von diesem grässlichen Ort. Sie wollte so viel Abstand zwischen sich und dem Piraten bringen wie möglich. Sie wollte diesem Alptraum entfliehen.
Völlig orientierungslos, lief das Mädchen an Deck.
Erst zu spät wurde ihr bewusst, dass dies ein fataler Fehler gewesen war.
Entsetzt sah sie sich zu allen Seiten um. Neben ihr wurde gerade ein Pirat erstochen. Er fiel zu Boden und sofort stürzten zwei neue Angreifer auf den Seemann, der der Überzahl nach kurzer Wehr unterlag. Gwyn stolperte ziellos einige Schritte nach hinten.
‚Ich muss weg von hier. Nur weg!’
Plötzlich griff jemand nach ihrem Arm. Gwyn erstarrte für einen Moment, bevor sie wild um sich schlug.
"Miss Steward, so beruhigt Euch!" Das Mädchen wirbelte herum. Bradley stand neben ihr.
Er war kaum wieder zu erkennen. Zwar schenkte er ihr für einen flüchtigen Moment ein Lächeln, trug aber ansonsten die ungewohnt ernste, entschlossene Miene eines Soldaten. Der Stoff seiner Uniform, der den linken Arm umschloss, hatte sich dunkelrot gefärbt. Unzählige Blutspritzer waren auf Weste und Rock.
„Kommt, Miss!“, drängte er und zog Gwyn mit sich. „Ihr müsst Euch sofort in Sicherheit bringen. Geht unter Deck, schnell!“ Gwyn ließ sich beinahe willenlos von ihm führen.
„Vorsicht, Käpt´n!“ Nur noch wenige Meter, trennten Gwyn und den Kapitän vor der Luke, die zur Mannschaftsunterkunft führte, als der plötzliche Ausruf Bradley herumwirbeln ließ. Er drückte Gwyn mit aller Gewalt bei Seite. Das Mädchen beobachte mit angehaltenem Atem den Zweikampf. Tatsächlich hatte es den Anschein, als verfolgten alle diesen Kampf.
Das Gefecht dauerte Minuten. Immer wieder bot sich für beide Kämpfer eine Gelegenheit den Gegner zu besiegen, aber dieser konterte und wendete das Blatt.
Je länger sich das Gefecht hinzog, desto unruhiger wurde Gwyn.
Plötzlich schleuderte der Pirat Bradley seine Faust ins Gesicht. Der Kapitän wankte einen Schritt nach hinten und widmete seinem Gegner einen Augenblick nicht seine volle Aufmerksamkeit. Diese eine Sekunde genügte dem Piraten, um ihm seine Machete in den Bauch zu rammen.
Als der Pirat nur einen Augenblick später die Waffe ruckartig wieder aus der Wunde zog, erkannte das Mädchen mit Entsetzten, dass sich die cremefarbene Weste des Kapitäns schlagartig blutrot färbte. Er ließ seine Machete fallen und presste beide Hände auf die Wunde. Der Pirat sah sich, stolz grinsend, um.
Der noch lebende Teil der ‚Mercatoris’ - Besatzung und Gwyn mussten mit ansehen, wie Bradley auf die Knie sank, ehe er schließlich leblos zur Seite kippte.
'Er ist tot!'
Das Mädchen schüttelte ungläubig den Kopf, als sich ihr diese Erkenntnis aufdrängte.
Auf einmal wurde das Schiffsdeck, über das sich während des letzten Gefechtes gespanntes Schweigen gelegt hatte, erneut von lautem Klirren erfüllt.
Die übriggebliebene Besatzung der Handelsfregatte ließ ihre Waffen fallen. Sie ergab sich.
Einige Minuten später war die Mannschaft, Gwyn eingeschlossen, wie eine Schafherde zusammengetrieben worden.
Dann betrat ein Mann das Deck, der der Besatzung das Blut in den Adern gefrieren ließ.
Er war ungeheuerlich groß. Gwyn schätzte ihn auf über zwei Meter. Bis auf seine bösartig leuchtenden Augen war sein Gesicht hinter schwarzen Haaren verborgen. Sein Bart, den er zu dicken, fettigen Zöpfen geflochten hatte, bedeckte seine Brust.
Die Kleidung war von Rum und Blut befleckt und wurde an einigen Stellen notdürftig mit Flicken zusammengehalten. Unter seinem Hut und in seinem Bart steckten brennende Lunten.
Blackbeard!
In Bristol hatte Gwyn im Zusammenhang mit ihm oft den Ausdruck ‚ein Teufel in Menschengestalt’ gehört, hatte sich darunter aber nichts vorstellen können. Als sie ihn nun in voller Lebensgröße vor sich stehen sah, erkannte sie, dass diese Beschreibung sehr genau auf diesen berüchtigten Piraten passte.
„So!“, donnerte Blackbeard drohend. Beim Klang seiner Stimme glaubte Gwyn, die Nacht würde noch schwärzer werden.
„Wie ich sehe, seid ihr verfluchten Landratten zur Vernunft gekommen.“ Er spuckte der ‚Mercartoris’ – Besatzung verachtend vor die Füße. Die Piraten lachten.
„Aber ihr habt Glück. Heute habe ich ungewöhnlich gute Laune und stelle euch, schäbiges Pack, vor die Wahl: Entweder ihr werdet Teil meiner Crew und führt fortan ein Leben als Pirat…. oder ihr werdet erfahren, dass man mein Angebot nicht ausschlägt.“
Der Piratenkapitän warf seiner Besatzung einen vielsagenden Blick zu. Die meisten erwiderten ihn mit einem bösartigen Grinsen.
Gwyn hörte einen jungen Matrosen neben sich schlucken.
„Nun…was ist? Ich gebe euch…“, er verstummte und sah sich nach einem Zeitmaß um. Sein Blick fiel auf die große Glasenglocke und die daneben stehende Sanduhr. Die nächste Stunde sollte in wenigen Augenblicken beginnen.
“…bis zum Glasenläuten Zeit“
Gwyns Gedanken überschlugen sich. Es war offensichtlich, was Blackbeard mit seinen letzten Worten gemeint hatte.
Sie wollte nicht sterben! Nicht, nachdem sie die letzten Tage wie durch ein Wunder überlebt hatte. Sie wollte leben! Ganz gleich, welches Leben ihr bevorstand, sie wollte es nicht verlieren.
Ein Leben unter Piraten war allerdings keine einladende Vorstellung. Während Gwyn versuchte ihre Möglichkeiten abzuwägen, fiel ihr Blick auf Kapitän Bradley. Er lag zu Füßen seiner Mörder, kalt und leblos….
‚So leblos wie mein Onkel’
Bis zu diesem Augenblick hatte Gwyn die leise Hoffnung geschöpft, ihren Onkel wieder zu sehen. Bradley hatte sie durch seine Worte daran glauben lassen. Als sie aber den Kapitän sah, traf sie die schreckliche Realität wie ein Schlag ins Gesicht. All ihre Gedanken kreisten nur noch um diese eine Erkenntnis.
‚Er ist tot!’
„Nun, was ist? Ich warte nicht gern´.“ Blackbeards donnernde Stimme riss sie aus ihren Gedanken. Sie wandte den Blick.
‚Ich will leben!’
Gwyn hatte ihren Entschluss gefasst. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen, holte tief Luft und trat einen Schritt nach vorne. Alle Blicke richteten sich auf sie. Gwyns Knie zitterten.
„Du, Junge?“, rief der Pirat aus.
„Du bist wohl der Einzige mit Verstand. Wie heißt du?“
Gwyn riss bei seiner Frage erschrocken die Augen auf. Daran hatte sie nicht gedacht.
„Ich …ich heiße….“ Der Piratenkapitän sah sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
„Wie heißt du?“, fragte er abermals, aber deutlich gereizter. Gwyn schwieg; sie zitterte am ganzen Leib. Blackbeard beäugte sie skeptisch.
„Es reicht mir, Bursche. Ich lasse mich von einem Taugenichts, wie dir, nicht zum Narren halten. Deinen Namen, verdammt!“, brüllte er nach wenigen Augenblicken. Gwyn zuckte zusammen. Wieder fiel ihr Blick auf den toten Kapitän. In diesem Moment schoss ihr ein Gedanke durch den Kopf.
‚Ich bin aus dem Wasser gezogen worden. Ich habe überlebt! Ich habe gewonnen. Sieger heißt auf Lateinisch‚Victor’’
„Ich heiße Vic.“
Blackbeard sah sie misstrauisch an.
‚Oh, bitte, lass ihn nicht bemerkt haben, dass ich ein Mädchen bin. Bitte nicht’
Gwyn wurde gleichzeitig heiß und kalt.
„So…du heißt also Vic?“, fragte der Pirat und musterte sie mit stechenden Augen.
„Ja, mein Name ist Vic“, erwiderte Gwyn. Ihre Stimme war leise aber entschlossen.
„Na gut! Geh` zu deinen Kameraden!“ Er stieß Gwyn in Richtung der Piraten. Um ein Haar hätte sie das Gleichgewicht verloren. Sie taumelte.
Die Piraten brachen erneut in Gelächter aus.
„Ruhe, ihr Saukerle!“ Die Piraten verstummten sofort.
„Was ist? Ich will nicht mehr warten. Entscheidet euch endlich!“ Blackbeard hatte sich wieder der Mannschaft der Handelsfregatte zugewandt.
Die meisten Männer blieben jedoch stehen. Nur einige junge Matrosen wechselten noch auf die Seite der Piraten. Blackbeard nickte seinen Leuten zu.
Hinter jedes standhaft gebliebene Mannschaftsmitglied trat ein Pirat und legte ihm die Machete an den Hals. Der Piratenkapitän machte eine abfällige Handbewegung.
„Lang lebe unsere Königin!“ Der Ausruf eines loyalen Seemanns hallte über das Meer, während sein Leben und das der Übrigen grausam ausgelöscht wurde. Man hatte ihnen die Kehlen durchtrennt. Ihr Blut vereinte sich zu einer großflächigen Lache. Die Piraten ließen die toten Körper auf den Boden fallen.
Gwyn beobachtete dieses Massaker wie in Trance. Die ganze Situation erinnerte an einen schrecklichen Alptraum. Ein Alptraum aus dem es kein Erwachen gab.
Mit einen Schlag war das Mädchen zurück auf der ’Ventus’. Wieder hörte sie das Rauschen der Wellen, die Schreie der Männer. Sie sah ihren Onkel…
„Hey du, Junge!“
Wie aus weiter Ferne hörte sie eine donnernde Stimme, die immer lauter wurde und schließlich die schrecklichen Bilder verdrängte. Verwirrt blinzelte Gwyn und schüttelte den Kopf.
„Ich will mich nicht wiederholen! Von dir lass ich mich nicht an der Nase herumführen. Du bist dem Tode verdammt nahe, Junge, wenn du nicht aufpasst!“, brüllte Blackbeard. Gwyn zuckte zusammen.
„ An Bord sollst du gehen, Landratte!“
Über eine Holzplanke betrat sie ihr neues Schiff: die ‚Adventure’.
Sie fühlte sich wie eine Gefangene als sie an Bord kam und sich umsah.
„Aus dem Weg, Dreckskerl!“ Ein Pirat stieß sie grob zur Seite.
‚Ob es tatsächlich das Richtige gewesen ist?’