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Donnerstag, 11. Februar 1988

Es war klar, dass er eine Gratisnummer haben wollte. Und die würde er auch bekommen – mittlerweile kannte ich die Spielregeln. Aber zuerst mussten wir das Spielchen noch zu Ende bringen, mussten so tun, als würden wir uns plaudernd näher kommen.

Es wäre mir am liebsten gewesen, diesen Teil einfach weglassen zu können, den Sex hinter mich zu bringen und mich dann wieder ums Geldverdienen kümmern zu können.

Der Club war für den Valentinstag dekoriert. Rosa-und orangefarbene Herzen hingen von der Decke, zitterten und hüpften unter dem Wummern der Musik und dem Zucken der Schwarzlicht-Blitze.

Von der Bar aus, wo wir standen und uns unterhielten, konnte ich die Tanzfläche sehen, voll gestopft mit hüpfenden, herumwirbelnden Menschen, echten Gästen und Angestellten wie mich. Bald, so bald wie möglich, würden wir zum EconoLodge oder ins Motel Nine fahren, würden es tun, so wie der Herr es wünschte. Danach würde ich wieder hierher kommen – bitte nicht zu spät –, mir ein anderes »Date« zum Tanzen suchen, mit ihm weggehen und dieses Mal auch dafür bezahlt werden.

Er bestellte noch eine Runde – Bier für sich und Wodka mit Schuss für mich. Ich trank echten Alkohol, genau wie die anderen Angestellten auch. Es gibt eine Menge Geschichten darüber, dass Animiermädchen nur unechtes Zeug trinken, während dem Freier dafür ein Vermögen abgeknöpft wird. Aber meiner Erfahrung nach war das die reine Phantasie. Wie soll man sich auf Sex mit irgendwelchen Wildfremden einlassen können, ohne ein paar Drinks intus zu haben?

Als er sein zweites Bier halb geleert hatte, fasste er mir an das linke Ohr und befühlte die vier Stecker darin. Dann untersuchte er das rechte, sah, dass dort keine waren, und küsste es. Als Nächstes spürte ich seine Hand auf meinem Oberschenkel. Kurz darauf war sie auf die Rückseite zu meinem Po gewandert.

Das war gegen die Spielregeln. Theoretisch befanden wir uns in einem öffentlichen Tanzschuppen, wo gewisse Dinge unsichtbar bleiben sollten.

Ich wollte schon nach seiner Hand greifen, doch dann überlegte ich es mir noch einmal. Wenn ich ihn jetzt unterbrach, konnte das den gesamten Ablauf verzögern.

Wir gingen ins Nine. Sobald wir im Zimmer waren und ich die Jacke ausgezogen hatte, legte er Hand an mich. Ich stand an ihn gelehnt, während er von hinten meine Brüste streichelte, und fragte leise: »Wie hättest du’s denn gern?«

Da wurde aus dem Streicheln urplötzlich in ein heftiges Kneifen, und ich schrie auf.

Er drehte mich um und starrte mir ins Gesicht. Er grinste. Er grapschte noch einmal nach meiner Brust. Ein brennender Schmerz durchzuckte mich.

Ich wand mich los. »Das kannst du nicht…«

»Immer mit der Ruhe, Puppe. Sei einfach lieb und brav.«

Er machte mir Angst, aber ich würde den Teufel tun und ihm das zeigen. Dieses Rendezvous war beendet. Ich griff nach meiner Jacke.

Jetzt war er über mir, umklammerte mich mit beiden Armen, drückte zu, sodass ich das Gefühl hatte, meine Schultern würden aus den Gelenken gesprengt. Ich holte Luft, um zu schreien, aber er hielt mir den Mund zu.

Hätte ich doch bloß seiner Hand Einhalt geboten, als wir noch an der Bar saßen. Seine Reaktion hätte mich wahrscheinlich vorgewarnt, und ich wäre niemals mit ihm hierher gekommen.

Ich zitterte, rang nach Atem.

»Ich lasse los«, sagte er mir ins Ohr, »und du bist lieb und brav, so wie ich gesagt habe. Ich tue dir nicht weh. Und du machst es mir nett.«

Er lockerte seinen Griff, sodass ich wieder atmen konnte, und ich sog keuchend die Luft ein.

»Wenn du mit deinem Mund irgendwas anstellst, was ich dir nicht erlaubt habe, dann wird dir das fürchterlich Leid tun, sehr viel mehr, als du dir überhaupt vorstellen kannst.« Sein Flüstern verursachte mir körperliche Übelkeit.

Er ließ mich ganz los und beobachtete mich eine Minute lang. Dann knöpfte er seine Hose auf, zog den Reißverschluss Zentimeter für Zentimeter auf und starrte mir dabei in die Augen. Er sah darin Angst und Ekel und Wut und genoss es.

»Lieb und brav«, flüsterte er, drückte mich auf die Knie und presste meinen Kopf gegen seine Lenden.

Er fuhr mich zum Club zurück. Ich sagte kein Wort. Mein Instinkt sagte mir, dass ich das Spiel bis zum Ende mitspielen musste, um heil davonzukommen.

Er ließ mich aussteigen, als wäre das ein ganz normales Geschäft gewesen.

»Bis zum nächsten Mal«, sagte er, wie die meisten, und ich erwiderte wie üblich: »Klar.«

Ohne jede Schuld / Vor aller Augen

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