Читать книгу Verschenke kleine Sonnenstrahlen - Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski - Страница 13

Sein neues Amt

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Langsam steigt er von seinem Fahrrad und lüftet die grüne Schirmmütze, bevor er das versteckt gelegene kleine Restaurant betritt, das von stattlichen hoch betagten Lebensbäumen und zahlreichen Kiefern beschützt wird. Seit seiner Pensionierung kehrt der freundliche Herr zu Kaffee und Kuchen fast jeden Tag in diesen Familienbetrieb ein. Diesen kleinen Luxus leistet sich der ehemalige Beamte nicht nur des selbstgebackenen Kuchens und des guten Kaffees wegen. Der groß gewachsene Ruheständler bringt stets so viel Fröhlichkeit mit an den so genannten Stammtisch, an dem weder Karten gespielt, noch Bier getrunken wird. Dort ist der Treffpunkt für Alleinlebende, für Einsame und Kontaktsuchende. Die Menschen, die sich um den schönen Holztisch im alten Forsthaus versammeln, haben in dieser Gemeinschaft die Möglichkeit, dass sie ein Urbedürfnis eines jeden Menschen, nämlich das sich Mitteilen dürfen, hier stillen können. Sie sitzen auf der stoffbezogenen rustikalen Bank dicht beieinander. In ihren Wohnungen müssen sie schon genug mit dem Alleinsein leben. Und sie sind so treu und zuverlässig, dass man fast die Uhr nach ihrem Eintreffen stellen könnte. Die Pünktlichkeit ist vielleicht eine noch nicht erloschene auferlegte Eigenschaft aus den aktiven Berufsjahren. Mehr vermute ich jedoch, dass ihnen das Zusammensein so wichtig ist.

Wenn die junge Wirtin die Kerze auf dem Tisch angezündet hat, bekommen die Augen im warmen Licht einen leichten Glanz. Es wird erzählt, gefragt, gelacht, und immer darf jeder ausreden. Man geht diszipliniert und rücksichtsvoll, ja kameradschaftlich miteinander um. Eine warme Atmosphäre des gegenseitigen Vertrauens macht es möglich, dass auch über die Untersuchungsergebnisse der letzten Arztbesuche und über Erkrankungen gesprochen wird. Die Gleichgültigkeit hat auf dieser Bank keine Chance, hier ist kein Platz für sie. Und wenn einer aus der vertrauten Runde mal an einem Nachmittag fehlt, ruft abends ein Besorgter gleich bei ihm an. Im Krankheitsfall wird ganz selbstverständlich Hilfe geleistet.

Oft jedoch klingelt zusätzlich bei dem Ältesten aus dieser Runde zu verschiedenen Tageszeiten das Sorgentelefon. Wie wohltuend ist es für die Anrufer, dass sie stets mit zuhörenden Ohren und menschlicher Wärme beschenkt werden. Wenn der väterliche Freund zu Hause ist, meldet er sich immer, und die Hilfesuchenden haben das gute Gefühl, dass sie im Moment für ihn das Wichtigste sind. Viel, sehr viel Zeit verschenkt der lebenserfahrene Mann ganz selbstverständlich an etliche Mitmenschen. Seine Ausgeglichenheit und seine Güte wirken bei den langen und auch kurzen Telefonaten so, als würde dem Leidgeprüften lindernde Salbe auf seine wunde Seele gelegt. Mit seiner ruhigen Stimme macht der Einfühlsame immer wieder Mut zu den kleinen Schritten, zur praktischen Lebensbewältigung im Alltag. Die Ratsuchenden spüren viel Verständnis, und niemals müssen sie eine Verurteilung verkraften. Es ist kein Geheimnis, dass ihr Vertrauensmann die Kraft für seine lebenserfüllende Aufgabe sich im täglichen Gebet von unserem Gottvater schenken lässt. Und sein Schlüsselwort heißt Nächstenliebe. Dieser praktizierende Christ lebt bewusst nach dem brüderlichen Rat Albert Schweizers, sich ein Nebenamt zu verschaffen, das die Tage auch nach der Pensionierung sinnvoll ausfüllt.


Der Nächstenliebe geht es wie der alten Brücke.

Sie braucht immer wieder kräftige Verstärkungen,

damit sie tragfähig bleibt.

Verschenke kleine Sonnenstrahlen

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