Читать книгу Verschenke kleine Sonnenstrahlen - Monica Maria Mieck – Herausgeber Jürgen Ruszkowski - Страница 9

Eine Pfarrfamilie

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Diese wahre Geschichte spielt Mitte der dreißiger Jahre in einer kleinen lebendigen Dorfgemeinde in der Pfalz. Es gibt weder Computer, und der junge Pfarrer besitzt auch keine eigene Schreibmaschine. Er lebt zufrieden mit seiner jungen Frau und den gemeinsamen drei Kindern seit einem Jahr in dieser waldreichen schönen Gegend. In den Schulferien findet immer ein elternloses Mädchen in dieser munteren Familie liebevolle Aufnahme. An dem großen runden Tisch in der geräumigen Küche versammeln sich alle zu den gemeinsamen Mahlzeiten. Und Cordula blüht in den Ferien zwischen den drei Pfarrerskindern auf, so wie eine duftende schöne Rose. Eine Katze mit einem glänzenden schwarzen Fell gehört ebenso zur Familie. Manchmal ist das Tier mit den funkelnden grünen Augen Spielgefährte für die Kinder. Die Mieze genießt mit Inbrunst die Streicheleinheiten der tierliebenden Großfamilie. Aber sie hat auch anstrengende Aufgaben im und um das Pfarrhaus zu erledigen. Das fast hundert Jahre alte Fachwerkhaus bietet genug Schlupflöcher und Unterkunft für zahlreiche Mäuse. Ihre spezielle Schüssel bekommt die unverzichtbare Katze zuverlässig mit Milch gefüllt. Den „Braten“ jagt das Tier sich meistens in der Nacht.

An einem heißen sonnigen Tag in den Sommerferien spielen die vier Kinder mit ihren Bällen im schattigen Obstgarten und auf dem holprigen Hof. Zwischen zwei stämmigen hoch betagten Eichen ist hinter dem Pfarrhaus eine Schaukel angebracht. Hoch in die Lüfte sich schwingen, das bereitet allen Kindern Lust und Freude. In diesem weitläufigen schönen Paradies gedeihen die Kinder, die vielen bunten Blumen und die Obstbäume und all die wohlschmeckenden Gartenfrüchte besonders gut. Der süße Duft von blühendem gelbem Goldlack verströmt und verschenkt sich. Die Johannisbeeren leuchten verlockend rot und reif an den zahlreichen Sträuchern. Die Mutter hat ohne Murren schnell acht fleißige Hände mehr zum Pflücken. Natürlich schmecken den Kindern die saftigen süßen Früchte als Lohn zwischendurch. Und so verschwindet eine Johannisbeertraube nach der anderen in ihren „Futterluken“. Trotzdem füllen sich die Ernteeimer ziemlich schnell.

Der Pfarrer brütet indessen wie eine Glucke über dem Nest schon seit Stunden an seiner Sonntagspredigt. Die Auslegung des schwierigen Textes will ihm heute nicht wie sonst gelingen. In seiner Amtsstube öffnet er das kleine niedrige Fenster, damit frischer Sauerstoff hineinfluten kann. „Eine Verschnaufpause wird mir sicherlich gut tun, mich vielleicht auf einen guten Gedanken bringen“, sagt der Geistliche laut und flüchtet in den sommerlichen Garten. Ein harmonisches Bild beschenkt seine Augen und Seele. Seine fleißige Frau, die sich inzwischen zu einer passionierten Gärtnerin entwickelt hat und die vier Kinder sind so emsig mit der Beerenernte beschäftigt, dass sie ihn gar nicht sehen. Seine jüngste Tochter Hiltrud bemerkt ihn zuerst und sie steckt ihrem Papa fürsorglich ein besonders großes rotes Prachtexemplar in den Mund. „Oh, wie süß und saftig die Früchte schmecken“, und „ich helfe euch gerne ein wenig beim Pflücken.“ Beladen und frohen Mutes geht der Pfarrer später mit zwei vollen Eimern frisch gepflückten Beerenobstes ins Haus zurück. Die vollen Ernteeimer stellt er in der Küche ab.

Mit neuem Schwung öffnet der Hausherr die Tür zu seinem kleinen, aber gemütlichen Amtszimmer. Er traut seinen Augen nicht. Die fast fertige Sonntagspredigt gleicht einem See aus blauer frischer Tinte. Und auf diesem Kunstwerk sitzt als Krönung die Katze, die ihn unschuldig anschaut. Daneben steht das völlig leere Tintenfass. Da platzt dem stets tierlieben Predigtschreiber der Kragen der Geduld und Nachsicht. „Nichts ist mehr lesbar, du dumme Katze hast mir die anstrengende Arbeit von mehreren Stunden zerstört. Und der Holzfußboden ist auch noch bekleckert. Raus mit dir auf den Hof.“ Die Übeltäterin schleicht auf leisen Pfoten davon. Zum erneuten Aufschreiben der Predigt reicht die knappe Zeit nicht mehr aus. Wichtige Amtshandlungen stehen noch auf seinem Terminkalender.

Am Sonntagmorgen betritt der Gemeindepastor sehr frühzeitig mit einem bangen Gefühl der Unsicherheit seine vertraute Kirche. Fast alle Kirchenbänke sind schon besetzt. Zu seiner großen Freude stellt er auf der Kanzel fest, dass sein einmal aufgeschriebenes Predigtkonzept in seinem Gedächtnis wunderbar abgespeichert ist. „Liebe Gemeinde, unsere Katze hat mir einen herben Streich gespielt. Sie hat auf meine fast fertig geschriebene Predigt ein volles Fass blauer Tinte ausgegossen. Bitte üben Sie Nachsicht mit mir, denn ich werde jetzt erstmalig frei zu Ihnen predigen.“ Nach dem klangvollen Schlusslied steht er im Talar an der Kirchentür und verabschiedet jeden einzelnen Gottesdienstbesucher mit einem Händedruck und einem freundlichen Wort für die Woche. „Herr Pfarrer, heute haben Sie mir ins Gesicht geschaut und so locker und inbrünstig aus Ihrem eigenen Herzen gepredigt, dass ich wunderbar zugehört habe, ich war überhaupt nicht abgelenkt. Predigen sie bitte immer so.“ Dieses Kompliment macht ihm ein älterer Herr. Aber auch andere Gemeindemitglieder zollen ihm Lob und Dank. Eine unübersehbare dankbare Freude leuchtet auf seinem entspannten Gesicht. Im Pfarrhaus feiert er mit der schwarzen Katze Versöhnung, bedankt sich bei ihr mit ausgiebigem Streicheln über ihr schönes glänzendes Fell. Und dieses Freudengeschenk strömt aus seinem Herzen, und er teilt es mit seiner verständnisvollen Frau und den vier frohen Kindern.


Wenn du verzeihst,

weicht der Groll aus deinem Herzen,

und du kannst wieder lieben.

Verschenke kleine Sonnenstrahlen

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