Читать книгу Hexenherz. Glühender Hass - Monika Loerchner - Страница 20
Großes Moldawisches Reich Tagebuch – 15.02.2003
ОглавлениеAm Mittwoch haben wir einen Frauentag gemacht, nur Mutter und ich. Vater war den ganzen Tag unterwegs und ich dachte wirklich, dass Mutter sich Zeit für mich nehmen würde. Ich weiß nicht, wann sie zuletzt mit mir gespielt oder über etwas geredet hat, das nicht mit dem Haushalt, anderweitigen Aufgaben oder meinem Benehmen zu tun hat. Selbst wenn ich ihr einen Brief von meinem ach so tollen Bruder vorlese, sehe ich den Vorwurf in ihren Augen: Warum bin ich nicht auch ein Junge geworden?
Als Mutter mir dann am Montag sagte, dass sie den ganzen Mittwoch über etwas mit mir vorhat, war ich aufgeregt. Ganz kribbelig und voller Vorfreude. Es war dumm, ja, aber ich dachte wirklich, es würde sich vielleicht doch noch etwas zwischen uns ändern. Dass sie endlich begriffen hätte, dass ich auch ihr Kind bin. Dass sie mich genauso lieben kann wie Radu. Dass ich mehr bin als ein Maul, das es zu stopfen gilt, mehr als ein Paar Hände, das nie fleißig genug ist und mehr als eine gute Möglichkeit, sich mit einer einflussreichen Familie zu verbinden. Ich weiß wirklich nicht, woher ich diese närrische Hoffnung hatte. Letzten Endes ging es bei diesem Mutter-Tochter-Tag in keinster Weise um mich, sondern um meinen zukünftigen Ehemann. Was ich tun müsse, um ihn zufriedenzustellen. Mutter hat es mir anhand ihres Webrahmens und des Schiffchens erklärt. Sowas Dämliches, als ob ich noch nie Rindern, Pferden oder Schafen bei der Paarung zugesehen hätte! Und nach dem, was mit Rabya geschehen ist, hätte es mich eher interessiert, wie man das Ganze über die Bühne bekommt, ohne dabei allzu sehr verletzt zu werden. Oder noch besser, wie man als Frau auch Vergnügen dabei empfinden kann. Den Tierweibchen scheint es ja auch zu gefallen. Aber ich hätte mir lieber die Zunge abgebissen, als Mutter das zu fragen.
Während sie ihren Monolog über die Pflichten einer Ehefrau hielt, hat sie mir gezeigt, wie man sich als Frau zu pflegen hat. Sie hat mir die Nägel gefeilt und das Haar mit den verschiedenen Ölen und Kräutern gewaschen, an die ich bisher nie ran durfte. Sie riet mir, mir die Haare nie auf beiden Seiten gleichzeitig hinter die Ohren zu streichen oder als strengen Zopf zu tragen, meine Ohren würden dann zu sehr hervorstehen. Mit Bienenwachs und Stoffstreifen hat sie mir Haare entfernt, von denen ich eigentlich dachte, sie würden eines Tages einen bestimmten Zweck erfüllen. Von nun an soll ich das alle zwei Wochen selbst machen. Mir graut jetzt schon davor, sicher hat man mich durchs halbe Dorf schreien hören! Und wozu das Ganze? Mutter sagt, eine Frau solle für ihren Mann schön und rein sein. Dieses Mal konnte ich meine Zunge nicht im Zaum halten. Ich wollte wissen, wenn wenige Haare Reinheit bedeuten, warum dann die meisten Männer Bärte tragen? Nicht, dass das immer schlecht aussehen würde. Michel Michaelowitsch etwa hat einen sehr gepflegten Bart. Aber es gibt auch solche, die ihre Gesichtshaare einfach wild wuchern lassen. Oder dazu noch drahtiges Brust- oder Rückenhaar haben, das ihnen schon oben aus dem Hemd herausquillt. Und überhaupt, habe ich gefragt, wenn ich all das auf mich nehme, was wird eigentlich mein Ehemann machen, um mir zu gefallen?
Mutter hat mir die Frage mit der flachen Hand beantwortet, und ich musste draußen vor der Haustür schlafen. Also wieder alles beim Alten.