Читать книгу SchattenSchnee - Nané Lénard - Страница 15
Nachforschungen
ОглавлениеIn der Redaktion spitzte man die Ohren, als Momo dort anrief. Von einer Adventsausstellung in der Natur des Herminenparks wusste man ebenso wenig wie von der Installation eines Performance-Künstlers. Das klang mehr als spannend. Von Behördenseite war allerdings auch keine Information hinsichtlich eines Leichenfundes eingegangen. Entweder wollte man die Presse bewusst im Dunklen lassen oder war noch nicht dazu gekommen, diesen Fall zu melden. Normalerweise war der Draht zwischen Kripo und Landeszeitung gut, was nicht hieß, dass man die Füße stillhielt, wenn man offiziell noch nichts wissen sollte.
Momo nahm sich vor, mal so ganz zufällig im Herminenpark spazieren zu gehen. Mit einem Hund und ohne Kamera wäre das noch glaubwürdiger gewesen, aber vielleicht machte er hier viel Wirbel um nichts, und die Alte hatte einfach nur eine Halluzination gehabt.
Das glaubte er allerdings nicht mehr, als er unterhalb des Sees um die Ecke kam und weiße Michelinmännchen eifrig in einem abgeriegelten Bereich unter einem Zeltdach herumwuseln sah. Den mit dem üppigen roten Bart und der Glatze kannte er nämlich. SpuSi-Seppi hielt seine Platte derzeit unter einer quietschgrünen Mütze und der Kapuze des Schutzanzugs verborgen. Man erkannte ihn trotzdem auf den ersten Blick. Momo jubilierte innerlich. Er war an was Fettem dran und winkte Seppi lässig zu.
„Wer hat dich denn verständigt?“, wunderte sich der Chef der Spurensicherung. „Ich dachte, es sollte erst mal alles zurückgehalten werden.“
Momo zuckte mit den Achseln. „Wie denn? Mitten im Park in der Innenstadt … Wundert mich eh, dass nicht noch mehr Gaffer hier rumlungern.“
„Zu kalt“, sagte Seppi und grinste. „Sonst wär natürlich mehr los.“
„Man sieht ja auch nicht wirklich was“, erwiderte Momo nach einem Blick durch sein Riesenrohr von Objektiv.
„Wir machen nur langweilige Spurenrecherche. Kleinste Dinge suchen wir, die man nicht mal mit bloßem Auge sieht. Fragmente, von denen wir nicht ahnen, dass sie vorhanden sein könnten“, philosophierte Seppi.
„Toll“, freute sich Momo ehrlich. „Eine Kunst für sich ist das. Aber sag mal, warum puzzelt ihr da rum? Ich möchte das schon gerne wissen. Ist eine Leiche gefunden worden?“
Seppi sah Momo über den Mundschutz hinweg an. Er verbarg seinen roten Bart nur mühsam.
„Ich glaube, du setzt dich lieber mit den Kollegen in der Ulmenallee auseinander“, schlug der Beamte vor. „Die Sache ist sensibel, so kurz vor Weihnachten. Da will man nur an das Besinnliche und Schöne glauben.“
„Komm, Seppi, wenigstens ein kleiner Tipp unter Freunden“, bat Momo, doch der schüttelte den Kopf.
„Wie lange bist du denn schon hier draußen?“, wollte Momo noch wissen. So schnell gab er nicht auf. „Du hast schon Eis an den Augenbrauen. Steht dir!“
„Zu lange“, kam es nun wortkarg zurück. „Wir packen schon ein. Kannst dich gleich selber umschauen, wenn du Licht dabei hast.“
Seppi hatte recht. Es fing schon an zu dämmern.
„Nee, vielen Dank, wenn ich aus dir nichts rauskriege, versuche ich es auf der Dienststelle. Irgendwer wird mir was sagen, bevor ich wilde Mutmaßungen anstelle und einen spektakulären, spekulativen Bericht für die Zeitung schreibe“, überlegte Momo laut. „Scheint auf jeden Fall eine heiße Kiste zu sein, wenn du dich so zierst.“
„Vielleicht, vielleicht aber auch nicht“, erwiderte Seppi und winkte beim Gehen. Seine Füße waren Eiszapfen. Es wurde Zeit, dass er aus der Kälte kam.